Prominente Unterstützung für SNB-Chef

20minuten.ch (28. Januar 2011) – Christoph Blocher und die Weltwoche fahren grobes Geschütz gegen Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand auf. Dieser kriegt nun Schützenhilfe.

Die Jahresbilanz hat es ihm verhagelt, keine Frage. Philipp Hildebrand, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), musste kürzlich einen Verlust von 21 Milliarden Franken für 2010 ankündigen. Schuld sind die massiven Euro-Käufe vom letzten Frühling.

Das schlachtet die Weltwoche aus und lässt seit Wochen kein gutes Haar an Hildebrand. In ihrer jüngsten Ausgabe gibt sie dem SNB-Chef zwar eine Plattform und publiziert Auszüge aus einer Rede. Doch auch Ex-Notenbanker Kurt Schiltknecht kommt zu Wort. Konziliant im Ton, lässt der Professor und Ex-Notenbank-Kadermann keinen Zweifel daran, dass sich Hildebrand verrannt hat.

Medial-politischer Zangenangriff

Als zweiter Arm einer grossen Zange bedrängt die SVP den obersten Notenbanker. Am Montag bezeichnete ihr Chef-Einpeitscher Christoph Blocher die Euro-Interventionen der SNB in der Basler Zeitung als «Grössenwahn». Sollte eine von der SVP geforderte Untersuchung die vermuteten groben Fehler der SNB-Führungsriege bestätigen, müssten «er und allenfalls weitere zurücktreten».

Weltwoche und Blocher stellen Hildebrand auf eine Stufe mit dem gefallenen UBS-Chef Marcel Ospel. Beide hätten etwa gleich viel Geld verspekuliert, doch während es Ospel und seine Crew weggefegt habe, dürften Hildebrand & Co. ungestört weitermachen.

Schweizer Starbanker kontert aus London

Nun erhält Hildebrand Unterstützung von einem der renommiertesten und erfahrensten Banker, den die Schweizer Finanzindustrie in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat. Die Rede ist von Hans-Jörg Rudloff, der in den 1990er-Jahren in der Credit Suisse bis in die Geschäftsleitung aufgestiegen war, bevor er seine Karriere nach einer kurzen Auszeit bei der englischen Investmentbank Barclays Capital in London fortsetzte. Barclays zählt zu den Gewinnerinnen der grossen Finanzkrise, Rudloff ist einer ihrer einflussreichen Manager.

«In den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Phasen mit einem überschiessenden Franken, zum Teil ganz extrem», sagte Rudloff kürzlich in einem Telefongespräch mit 20 Minuten Online. «Das ist nicht die Schuld des Frankens oder der Schweiz, sondern eine Folge der Schwäche anderer Währungen.»

Damit geht Rudloff auf die Euro-Käufe der SNB im letzten Frühling ein. Die Notenbank hatte damals innert kurzer Zeit weit über 100 Milliarden an Fremdwährungen erworben.

SNB-Chef Hildebrand begründete dies letzte Woche in der erwähnten Rede damit, dass der Franken zu Beginn der Staatsschulden-Krise unter «enormen Aufwertungsdruck» geraten sei, was «die Gefahr einer deflationären Entwicklung» mit sich gebracht habe. Dieses Risiko habe die SNB nicht eingehen wollen und als Gegenmassnahme «in grossem Umfang Devisen» erworben.

Rudloff: «Euro-Chefs sind schuld»

Für Rudloff haben die SNB-Chefs ihren Job korrekt gemacht: «Der Schweizerischen Nationalbank einen Strick aus den massiven Euro-Käufen zu drehen, finde ich unangebracht», sagt der Barclays-Banker. Es gehöre zu den Aufgaben der Notenbank, zu starke Ausschläge durch Interventionen aufzufangen. «Und es kommt natürlich vor, dass die Ereignisse, die ausserhalb des Einflusses der Schweiz liegen, zu Misserfolgen führen können.» Dann nennt Rudloff die seiner Meinung nach tatsächlich Verantwortlichen. «Wer hätte schon erwarten können, dass nicht nur die Politik, sondern auch die monetären Institutionen Europas die Dinge so schlittern lassen würden?»

Der Euro, so Rudloff, habe nun aber seine Talsohle vor kurzem durchschritten und würde kaum mehr auf neue Tiefststände fallen. Das nähme Blocher und den übrigen SNB-Kritikern viel Wind aus den Segeln. Als die SNB ihre Verluste für 2010 berechnete, lag der Euro-Kurs bei knapp 1,25 Franken. Am Donnerstag Abend kostete ein Euro gut 1,29. Rechnerischer Gewinn der SNB in vier Wochen, falls sie ihren Euro-Bestand nicht verändert hat: rund 4 Milliarden Franken.


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