Gewinn schlecht, Boni gut
20minuten.ch (21. Oktober 2010) – Der Credit-Suisse-Quartalsgewinn sackte auf 600 Millionen ab. Schuld ist das flaue Handelsgeschäft. Trotzdem stiegen dort Löhne und Boni. Leistungs-Entschädigung? Fehlanzeige.
Die Siegerin der Finanzkrise verliert ihren Vorsprung. Die noch vor kurzem mit windgeblähten Segeln scheinbar uneinholbare Credit Suisse (CS) ist in den Finanz-Rossbreiten steckengeblieben.
Der CS-Gewinn für Juli bis September ging um über 60 Prozent auf 600 Millionen Franken zurück, das ist eine Milliarde weniger, als die CS im Frühlingsquartal unter dem Strich verdient hatte.
Schluss mit Kasino-Gewinnen
Der Grund ist simpel und bringt eine am Paradeplatz ungern gehörte Tatsache ans Licht. Die CS machte ihr Geld lange Zeit mit dem Handelsgeschäft. Weil die Regulatoren den «Easy-Gewinn» im Trading mehr und mehr verunmöglichen, geht es der CS nun an den Kragen.
Der Spartengewinn im Investmentbanking inklusive Trading hat sich im Vergleich zum zweiten Quartal halbiert, gegenüber dem Vorjahres-Quartal beträgt der Einbruch gar 77 Prozent.
Das ist massiv, aber kein Einzelfall. Die berühmteste Handelsbank der Welt, Goldman Sachs aus den USA, enttäuschte ebenfalls, die zweite real noch existierende Investmentbank Morgan Stanley wies gestern gar einen kleinen Verlust aus.
Goldman Sachs kürzt Boni, CS erhöht sie
Wer erwartete, die CS würde wie Goldman Sachs ihre Investmentbanking-Boni reduzieren, sieht sich eines Besseren belehrt. «Der Personalaufwand in US-Dollar war leicht höher als im zweiten Quartal 2010», schreibt die CS dazu, darin sei gar ein «geringer Anstieg des leistungsbezogenen Personalaufwands» enthalten.
Gewinn runter, Bonus rauf, lautet die Kurzformel für die CS-Händler in London und New York. CS-Boss Brady Dougan, selbst Angelsachse und Ex-Trader, begründet lapidar: «Wir gewinnen weiterhin Marktanteile und sind deshalb sehr zuversichtlich.»
Kostenfalle
Damit macht es sich Dougan zu einfach. Denn der Gruppe fehlen nicht nur die wegbrechenden Erträge im Investmentbanking. Auch im zweiten Standbein, der weltweiten Vermögensverwaltung, harzt das Geschäft.
Die Bruttorendite bei den besonders vermögenden Kunden, also der Ertrag vor Abzug von Löhnen und übrigen Kosten, sank um 2 auf noch 118 Basispunkte, entsprechend 1,18 Prozent Ertrag auf die verwalteten Vermögen. Im Boom lagen die CS-Privatebanking-Margen bei 130 Basispunkten.
Nimmt man sämtliche Spartengewinne zusammen und stellt die Total-Kosten gegenüber, ergibt sich ein besorgniserregender Trend. Diese sogenannte Kosten-Ertrags-Quote verschlechterte sich nämlich innerhalb von nur 12 Monaten von 70 auf über 88 Prozent. Umkehr tut not.
CS in Transformationsphase
Selbstverständlich ist die CS kein Krisenfall. Die heutige Enttäuschung ist das Resultat einer tiefen Transformation. Aus einem Finanzmulti, der weitgehend durch die Gewinne seiner Investmentbank getrieben war, wird eine breiter und damit solider abgestützte Universalbank.
CEO Brady Dougan sagt das heute so: «Wir haben uns frühzeitig auf veränderte regulatorische Bedingungen eingestellt, sowohl bezüglich Eigenkapitalanforderungen als auch im grenzüberschreitenden Geschäft. Deshalb sind wir in einer guten Ausgangslage, um diese neuen Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig aus einer starken Wettbewerbsposition heraus für unsere Aktionäre eine attraktive Rendite zu erwirtschaften.»
Das Rennen ist wieder offen. Nun muss die CS zeigen, dass sie tatsächlich weiter ist bei der Anpassung an die «trübe neue Finanzwelt» als ihre Konkurrenten.