Vontobel jagt Julius Bär

20minuten.ch (11. August 2010) – Oft konzentriert sich in der Bankenwelt vieles auf die UBS und die Credit Suisse. Doch hinter den beiden Schwergewichten liefern sich Vontobel und Julius Bär ein heisses Duell – mit Vorteilen für den David.

Im Schatten der Schlagzeilen zu den Grossbanken UBS und Credit Suisse liefern sich zwei traditionsreiche Zürcher Finanzhäuser ein spannendes Rennen. Vontobel, die vom über 90-jährigen Grandseigneur Hans Vontobel kontrollierte Zürcher Handels- und Vermögensverwaltungsbank, hat das Tempo verschärft. Derzeit ist die kleine Vontobel schneller unterwegs als Julius Bär, die gemeinhein als dritte Kraft von Swiss Banking bezeichnet wird und entsprechend vielerorts favorisiert wird.

Grosser, träger Bär

Auf den ersten Blick bleibt die Hierarchie nach den ersten sechs Monaten 2010 gewahrt. Mit 261 Millionen Franken liegt der Reingewinn von Julius Bär mehr als dreimal höher als jener Vontobels mit 79 Millionen (siehe Tabelle).

Bär weist mit 63 Prozent auch ein günstigeres Kosten-/Ertragsverhältnis aus als Vontobel, und bei den verwalteten Vermögen schwingt Bär mit 166 Milliarden Franken ebenfalls obenaus.

Doch das sind statische Betrachtungen, bei denen die grössere Julius Bär – wenig überraschend – die Nase vorn hat. Die Beurteilung ändert sich, wenn man die jüngste Entwicklung relativ zur Grösse analysiert. Da schneidet die kleinere Vontobel besser ab, das Momentum liegt bei ihr.

Als Kennziffer dafür eignet sich die Entwicklung beim Vorsteuergewinn, berechnet pro Vollzeitstelle. Bei Bär brachte jeder 100-Prozent-Mitarbeiter gut 91 000 Franken Gewinn vor Steuern. Im Vergleich zur Periode Januar bis Juni des Vorjahres entspricht das einem Plus von 2,5 Prozent. Hier stagnierte Bär also.

Die Vontobel-Banker sind absolut betrachtet noch nicht so weit, pro Kopf kamen rund 67 500 Franken Gewinn vor dem Obolus an den Fiskus zusammen. Doch hinter dieser Zahl steckt ein kräftiges Plus von über 23 Prozent gegenüber derselben Zeitspanne 2009. Das zeigt: Das deutlich kleinere Vontobel-Schiff ist mit viel Wind in den Segeln unterwegs in die Zukunft.

Aufschwung in der Vontobel-Vermögensverwaltung

Vontobels Tempo hängt mit dem Aufschwung in der Sparte Vermögensverwaltung zusammen. Dort enttäuschten die Zürcher im Vorjahr, nun verdreifachten sie den Gewinn in dieser Sparte. Die zwei anderen Standbeine – das Geschäft mit den Pensionskassen und übrigen Profi-Investoren sowie das Handelsgeschäft – legten ebenfalls zu, allerdings weniger ausgeprägt.

Bei Konkurrentin Bär scheint hingegen Sand ins Getriebe geraten zu sein. Die Bank, bei der wie bei kaum einer anderen in der Schweiz in den letzten Jahren kein Stein auf dem anderen blieb, hat ihren forschen Expansionskurs noch nicht überall in klingende Münze umwandeln können.

Die rund um den Globus eröffneten Ableger haben zwar die Erwartungen insbesondere in Asien erfüllt, an vielen anderen Orten aber lasten vor allem hohe Kosten auf der Erfolgsrechnung. Käufe wie jene des Schweizer Ablegers der holländischen ING müssen sich erst noch bezahlt machen.

Vontobels neue Dynamik und Bärs allmähliches Stagnieren auf hohem Niveau lässt die Investoren vorerst kalt. Seit Jahresbeginn haben sich die Aktien beider Unternehmen kaum verändert, sie liegen mit rund einem Prozent im Plus.


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