UBS-«Verräter» kämpft sein letztes Gefecht
20minuten.ch (14. Dezember 2009) – Bradley Birkenfeld, der 44-jährige Amerikaner, muss in 25 Tagen für über drei Jahre ins Gefängnis. In einem letzten Begnadigungsversuch attackiert er die Anklagebehörde. Diese habe gelogen, behauptet der ehemalige UBS-Kundenberater.
Am Telefon ist Bradley Birkenfeld die Energie in Person. Aufgekratzt erzählt er von neuen Aktionen, die kurz bevorstünden. In der Presse würde die nächste Bombe platzen. Welche, das behält der frühere UBS-Kundenberater, der als Töter des Schweizer Bankgeheimnisses in die Geschichte eingehen wird, für sich. Nur eines lässt sich der Amerikaner im Gespräch entlocken: Jener US-Ankläger, der ihn hinter Schloss und Riegel bringen will, sei ein Lügner.
Was später an die Öffentlichkeit kommt, schlägt keine grosse Wellen mehr. Stephen Kohn, ein Experte für Mitarbeiterklagen gegen Firmen und neuerdings Birkenfelds Verteidiger, fordert im US-Magazin Forbes eine Whistleblower-Belohnung für seinen Klienten. Nicht aus Kalkül, sondern aus Gerechtigkeit. «Er verlor seinen Job. Bald verliert er seine Freiheit», schreibt Kohn.
Keine Schonung des Verräters
Während Whistleblower-Organisationen dies unterstützen, schweigen die US-Justizbehörden. Im Prozess gegen Birkenfeld begründete Chefankläger Kevin Downing Gefängnis für den UBS-Whistleblower mit dessen Lügen.
«Wäre es nur um die Mithilfe von Herrn Birkenfeld für dessen US-Kunden gegangen, hätten wir ihn kaum belangt», sagte Downing im August. «Doch Birkenfeld liess uns über seine eigene Rolle im Dunkeln und führte uns auf eine Spur, die zuletzt sein eigenes Tun entlarvte.»
«Downing lügt», poltert darauf angesprochen ein aufgeregter Birkenfeld. Er habe freiwillig mit den US-Justizbehörden kooperiert, durfte aber keine Schweizer Bankgeheimnisse verraten. «Die Ankläger hätten mich zur Herausgabe von Kundendaten zwingen können, dann hätte ich alles auf den Tisch gelegt», rechtfertigt Birkenfeld seine Zurückhaltung bei der Nennung von Namen. «Aber genau das verweigerte mir Downing.»
Downings Version lautet anders. «Wir offerierten Herrn Birkenfeld und seinen Anwälten, dass wir vor Gericht eine Verfügung anstreben, die ihn formell verpflichten würde, geschützte Daten herauszugeben», sagte er im Prozess. «Es handelt sich um ein bekanntes Verfahren, um das Schweizer Bankgeheimnis ausser Kraft zu setzen. Herr Birkenfeld wusste das, seine Anwälte auch.»
«Ein korruptes Bush-Justizministerium»
In einem Mail an einen Schweizer Freund nannte Birkenfeld darauf Downing & Co. «ein korruptes Bush-Justizministerium, das darauf abzielte, diese Sache unter den Teppich zu kehren und alle seine Freunde zu schützen». «Warum kommen keine berühmten Namen unter den US-Steuersündern zum Vorschein», fragte Birkenfeld rhetorisch. «Das wird erst dann passieren, wenn ich auspacke.»
Dafür bleiben Birkenfeld nur noch dreieinhalb Wochen. Am 8. Januar muss er das Haus seines Bruders im US-Staat Massachusetts verlassen und im zugewiesenen Gefängnis für 40 Monate einchecken. Es sei denn, es passiere ein Wunder. Und zwar von Eric Holder, US-Justizminister.
Die Anwälte von Birkenfeld appellierten an Holder mit der Begründung, die US-Ankläger würden wider besseres Wissen den Whistleblower belasten. Es stimme nicht, dass Birkenfeld Informationen über gewisse Kunden vorenthalte. Gemeint sind Birkenfelds eigene Klienten, darunter der Russe Igor Olenicoff, der ebenfalls verurteilt wurde und die UBS heute auf mehrere Hundert Millionen Dollar verklagt. Die Zeit für die angestrebte Begnadigung wird knapp. Trotz Birkenfelds Medien-Offensive liess sich Justizminister Eric Holder bisher nicht vernehmen.