SNB: Kein „Too big to fail“ mehr für Grossbanken

AWP (18. Juni 2009) – Die Verantwortlichen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) haben an der Präsentation des Finanzstabilitätsberichts 2009 in Bern weit reichende Vorschläge gemacht, um die Gefahren zukünftiger Grossbankenkrisen zu reduzieren.

Die obersten Währungs- und Finanzsystemhüter des Landes schreckten nicht davor zurück, Grössenbegrenzungen für UBS und CS ins Spiel zu bringen – Massnahmen also, die bis vor kurzem ein grosses Tabu waren, weil sie in Strategie und Positionierung der Grossbanken eingreifen.

Möglich sei sowohl eine absolute Limite bei der Bilanzsumme, eine Beschränkung des Marktanteils oder eine Grenze im Verhältnis von Bilanzsumme zu Bruttoinlandprodukt. 2008 belief sich die Summe alles UBS- und CS-Aktiven und -Passiven auf das Sechsfache der gesamten Schweizer Wirtschaftsleistung, was im weltweiten Vergleich eine besondere Risikokonzentration darstellte.

Laut den Nationalbank-Verantwortlichen handelt es sich bei diesen Vorschlägen zwar um weit reichende Massnahmen, doch neu seien diese nicht. Man kenne solche Grössenbeschränkungen vom Wettbewerbsrecht, das Monopolstellungen einzelner Unternehmen zu verhindern versuche.

Andere Massnahmen betreffen indirekte Grössenbeschränkungen mittels verschärfter Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften. Solche hat die Finanzmarktaufsicht (Finma) für 2013 bereits erlassen. Das Eigenkapital von UBS mit 1,6% der Bilanzsumme (dies entspricht einem Leverage von über 60) und von CS mit 3,2% (Leverage über 30) ist nach wie vor dünn.

Die SNB-Direktion ist sich nach eigenen Worten bewusst, dass direkte Grössenbeschränkungen wie Marktanteilsbeschränkungen in der Schweiz von grosser Tragweite seien. Sie sollen deshalb gemeinsam mit den Grossbanken diskutiert werden.

Das Kernproblem mit allen globalen Finanzkonzernen – also nicht nur den beiden schweizerischen – sei die Problematik des „Too big to fail“. Der unkontrolliert verlaufende Konkurs der US-Investmentbank Lehman Brothers mit rund 600 Mrd. USD Verpflichtungen gegenüber Gläubigern, von denen ein Grossteil nach wie vor auf sein Guthaben wartet, machte unmissverständlich klar: Der Ausfall einer eng vernetzten Grossbank kann das gesamte Finanzsystem in Schieflage bringen.

In der Folge entschieden sich viele Regierungen, wichtigen Banken bei einer Schieflage mit viel Staatsgeldern unter die Arme zu greifen. In der Schweiz erhielt die UBS knapp 50 Mrd CHF Unterstützungsgeldern in Form von Bundes- und Nationalbankgeldern.

Daraus würden laut SNB falsche Anreize fürs Management der Grossbanken folgen. Wenn klar sei, dass die Staaten im Ernstfall solche Finanzhäuser stützten, komme dies einer Einladung gleich, erneut übertriebene Risiken einzugehen. „Moral hazard“ wird dieses Verhalten genannt.

Idealerweise würde „Moral hazard“ durch ein internationales Konkursrecht verhindert, das regelt, wie die Liquidierung von insolvent gewordenen Grossbanken abzulaufen hätte, ohne dass das System in seinen Grundfesten erschüttert würde. Das allerdings bleibe angesichts der Komplexität der vielen verschiedenen Rechtssysteme vorderhand Zukunftsmusik.

Hingegen sind die jeweiligen Staaten frei, ihr eigenes Gesetz derart zu gestalten, dass im Fall eines Grossbankenkonkurses die für die jeweilige Heim-Volkswirtschaft wichtigen Teile überleben könnten. Diese Bereiche müssten vom Rest des Konzerns abgespaltet werden können, sagte die SNB. Dafür brauche es Sollbruchstellen.

Einen Vorschlag in diese Richtung hatte der Vizepräsident der SVP und frühere Justizminister Christoph Blocher mit seinem Holdingmodell für die Grossbanken gemacht. Die Verluste im US-Geschäft, wie sie die UBS erlitten hatte, hätten im Blocher-Modell zum Untergang der Holding geführt. Diese hätte sämtliche Ländergesellschaften zum bestmöglichen Preis verkaufen müssen, und das Schweizer Geschäft hätte unter neuer Eigentümerschaft fortgeführt werden können.


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