Mikron/Kreise: Führungsverschlankung und Köpferollen geplant
AWP (23. Juni 2009) – Bei der Bieler Maschinenherstellerin Mikron Holding AG bahnt sich ein Führungswechsel an. CEO Eduard Rikli, ein langjähriger Sulzer-Manager, soll sein Amt abgeben, sagt ein mit der Angelegenheit vertrauter Manager gegenüber AWP. Gleichzeitig soll der Leiter der grössten Mikron-Division Machining Technology mit Sitz in Agno durch eine Neuverpflichtung abgelöst werden, sagt die Quelle weiter.
Mikron-Verwaltungsratspräsident und FDP-Nationalrat Johann Schneider-Ammann von der Bau- und Industriegruppe Ammann war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Auch Vizepräsident Anton Affentranger, Präsident des führenden Schweizer Baukonzerns Implenia, meldete sich nicht auf eine Anfrage hin.
Schneider-Ammann und Affentranger bilden zusammen mit Straumann-Präsident Rudolf Maag, der für Auskünfte an Schneider-Ammann verwies, und institutionellen Anlegern eine Aktionärsgruppe, die 70% an Mikron hält und bis 2011 durch einen Vertrag aneinander gebunden ist.
Laut der Quelle wollen die Mikron-Mehrheitsbesitzer mit dem Ausscheiden von Rikli, der auch an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Verwaltung in Zürich tätig ist und kürzlich in den Verwaltungsrat der Rätia Energie gewählt wurde, die CEO-Stufe einsparen und die Divisionsleiter direkt führen. Mikron-Chef Rikli war für AWP nicht erreichbar.
In der mit 140 Mio CHF Umsatz wichtigsten Division Machining Technology will die VR-Spitze unter Führung von Schneider-Ammann einen Neuanfang mit einem von aussen kommenden Manager wagen.
Der heutige Divisionsleiter Markus Schnyder arbeitet seit gut einem Vierteljahrhundert bei Mikron. Er war ab 2003 Co-Chef der Division, seit einem Jahr ist er allein verantwortlich. Schnyder liess Anfragen unbeantwortet. In Agno hiess es ohne Angabe von Gründen, er sei bis Ende Monat abwesend.
Die Mikron-Gruppe leidet unter dem weltweiten Wirtschaftseinbruch. 2008 brach der Bestellungseingang um 25% auf noch 234 Mio CHF ein, während der Umsatz mit 264 Mio CHF gegenüber dem Vorjahr praktisch unverändert blieb.
Dramatisch ist der Rückgang beim Auftragsbestand, dieser verringerte sich im letzten Jahr um einen Drittel auf noch 82 Mio CHF. Auch unter dem Strich sieht die Lage düster aus. Ein Gewinn von 7 Mio CHF im 2007 drehte in einen Verlust von 15 Mio im letzten Jahr. Der Grossteil davon geht auf ausserordentliche Aufwendungen in der Division Machining Technology im Zusammenhang mit zwei Kundenaufträgen zurück. Das Minus entsprach fast 6% des Umsatzes. Immerhin ist die Finanzierung des Unternehmens mit einer Eigenkapitalquote von knapp 69% solid.
Die Mikron-Führung verpasste es, im letzten Jahr rechtzeitig auf die Bremse zu treten. Obwohl die wirtschaftlichen Zahlen im Verlauf von 2008 stark nach unten drehten, erhöhte sich der Personalbestand von 1`087 auf 1`126 Mitarbeiter.
Zu Jahresbeginn verschlimmerte sich die Lage. Der Bestellungseingang im ersten Quartal brach um 64% ein, der Umsatz ging um einen Drittel zurück.
Erneut kam die Division Machining Technology am stärksten unter die Räder, sie verzeichnete den tiefsten Bestellungseingang seit Jahren. Mit Kurzarbeit, die bis Ende Jahr rund 70% der Belegschaft trifft, versucht die Bereichsleitung Gegensteuer zu geben.
Vor allem ihre Abhängigkeit von der Automobilindustrie trifft den Bereich hart. 37% der von Mikron im 2008 verkauften Maschinen gingen an Zulieferer der grossen Autohersteller, weitere 19% kauften Firmen aus der Pharma- und Medtech-Branche. Die dank günstigen Krediten lange boomende Branche erlitt 2009 einen scharfen Einbruch, es kam zu Konkursen und Verkäufen.
Im Mikron-Geschäftsbericht nennt Präsident Schneider-Ammann das Resultat „völlig ungenügend“ und zeigte sich selbstkritisch. „Wir haben uns da und dort getäuscht. Vielleicht waren wir zu optimistisch und zu lange zu wenig aufmerksam.“
Das Management werde sich nun „auf die Realisierung von Aufträgen, das Beherrschen der Kosten, das Sicherstellen von Cash und das dauerhafte Beweisen unserer technischen Kompetenz und unserer Verlässlichkeit“ konzentrieren. Nur mit einem „verbesserten Leistungsausweis“ werde der Wert der Aktie zurückkommen.
Nach Ausbruch der Finanzkrise Mitte 2007 sank der Mikron-Titel von knapp 17 CHF auf 2,70 CHF (März 2009) und lag am Dienstagnachmittag bei 4,35 CHF. Damit hat die Gruppe einen Wert von noch 73 Mio CHF. Bei der Sanierung von Mikron vor 6 Jahren schossen die neuen Investoren rund 100 Mio CHF ein.