«Den USA geht es nicht ums Geld»
20minuten (9. Juli 2009) – In der Schweiz rechnen die meisten Kommentatoren im UBS-US-Steuerstreit mit einem Deal in letzter Sekunde. Anders US-Rechtsanwälte, die schon lange davon ausgehen, dass der Prozess nächsten Montag stattfindet.
Gegenüber 20 Minuten Online bestätigt ein involvierter Schweizer Spitzenbeamter, dass die UBS im «besten Fall» auf einen Aufschub einer Verfügung hoffen kann, welche die Bank zur Herausgabe von Tausenden von Kundendaten verpflichtet.
Wenige Tage vor dem Hearing nähert sich die einst tiefe schweiz-amerikanische Freundschaft dem Nullpunkt. Die Positionen im US-UBS-Steuerstreit liegen meilenweit auseinander.
Die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) beharrt auf dem Standpunkt, dass die illegalen Praktiken der UBS-Vermögensverwalter in den USA nicht durch das Bankgeheimnis geschützt werden dürften.
Die Schweiz, die sich wie schon im letzten Herbst bei der «Subprime»-Rettungsaktion und im Februar bei der 250er-Datenherausgabe schützend vor die Grossbank stellt, argumentiert mit der «Souveränität» des Nationalstaats.
Warum verschiesst die Schweiz ihr letztes Pulver so früh?
Mit einem «Act of State», einem Staatsakt, werde der Bundesrat der UBS verbieten, den Amerikanern die geforderten 52 000 Kundeninformationen zu liefern. «Der UBS wird Verfügungsgewalt über die Daten entzogen», sagt Folco Galli vom Justizdepartement.
Damit hat die Schweiz ihren letzten Trumpf gespielt. Wirtschaftskrieg!, lautet die Drohung der kleinen Schweiz gegen die Supermacht USA. Warum die Alpenrepublik weit vor einem allfälligen Urteil gegen die UBS ihr Pulver verschiesst, leuchtet aber nicht ein.
Zwar gehören zum solchen Gerichtskonflikten glaubwürdige Drohgebärden, aber der harte Standpunkt des Bundesrats, den viele Beobachter nach dem bisherigen Slalomkurs der Landesregierung begrüssen dürften, kommt sehr früh.
Hinter den Kulissen sieht die Welt anders aus, da fechtet die Schweiz mit feinerer Klinge. Ihre Vertreter treten weniger als selbstbewusst fordernde Partei auf, die für sich gute Erfolgschancen ausmachen, sondern als in die Enge getriebene Bittsteller.
Die USA wollen mit dem Casus UBS alle Steuerpflichtigen einschüchtern
Grund sind die Fehler der UBS-Verantwortlichen der Vergangenheit. Die Amerikaner seien über den jahrelangen Betrug der UBS Vermögensverwaltung erschüttert, sagt ein Schweizer Spitzenbeamter im Gespräch mit 20 Minuten Online, der nur anonym Aussagen macht, weil er in der jetzigen Phase nicht zu öffentlichen Auftritten befugt ist. «Den USA geht um ein Zeichen an die eigenen Steuerzahler, nicht ums Geld», sagt die Quelle.
Das oberste UBS-Management liess während Jahren zu, dass einige Dutzend Kundenberater der Grossbank regelmässig und verdeckt in die USA reisten, dort vermögende amerikanische Steuerzahler besuchten, ihnen Finanzprodukte offerierten und deren reiche Freunde als zukünftige Kunden zu gewinnen versuchten. Sie agierten wie US-Banker, nur fehlte ihnen die Lizenz dafür.
Es ist dieser systematische Betrug, dieser anhaltende Verstoss gegen US-Gesetze, den die Behörden in Amerika gegen die Schweizer aufbringt. Daran kann nichts ändern, dass die USA die UBS auch deshalb in den Schwitzkasten nehmen, weil sie dringend auf Steuergelder angewiesen sind. Auch der Verweis auf Steueroasen auf dem eigenen Territorium bringt die Schweiz derzeit nicht weiter.
Letzte Hoffnung ist ein Aufschub
Der Spitzenbeamte hofft derzeit nur noch auf die «beste von durchwegs schlechten Lösungen», wie er im Gespräch sagt. «Unser
Es könnte um das Definieren von Kriterien gehen, nach denen zusätzliche Kundennamen offenzulegen wären. Die UBS hatte bereits im Februar rund 250 US-Kundennamen offengelegt. «Je mehr US-Bürger bekannt werden, die Gelder mit Hilfe der UBS vor dem US-Fiskus versteckten, desto grösser ist die angestrebte Wirkung der Aktion in Amerika selbst», sagt der Funktionär.
Wiederum bräuchte die UBS die Hilfe vom Bund. Dieser müsste glaubwürdig begründen, warum die Datenherausgabe keine Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses wäre. Dass bisher keine zusätzlichen Kundennamen nach Übersee gingen, ist ein Indiz, dass den Behörden eine solch glaubwürdige Begründung für eine zweite Auslieferungsaktion schwer fällt.