UBS flüchtet in die Arme des Staates
20minuten.ch (16. Oktober 2008) – Paukenschlag zur Stärkung des Schweizer Finanzplatzes. Die Probleme bei der UBS sind offenbar viel tiefer als befürchtet. Der Bund muss mit 6 Milliarden Franken Eigenkapital helfen, die Nationalbank gibt ein Darlehen über 54 Milliarden Dollar. Die Credit Suisse bleibt als einzige private Grossbank zurück.Die heutigen Ereignisse sind massiv und in ihrer langfristigen Bedeutung erst in Umrissen einschätzbar. Möglicherweise erleben wir aber den Tag, an dem die Schweiz einen ihrer zwei globalen Finanzkonzerne verloren hat. Mit einer Staatsbeteiligung der Schweizer Eidgenossenschaft verliert die UBS ihren Spielraum als privat finanzierte Bank. In Zukunft bestimmen die Berner Beamten im Tagesgeschäft mit. Ein konkurrenzfähige globale Bank kann so nicht geführt werden.
Offenbar stand die UBS auf der Kippe
Die Rettungsaktion von Bund und Schweizerischer Nationalbank hat ein beeindruckendes Ausmass. Die Nationalbank finanziert mit einem Darlehen von bis zu 54 Milliarden Dollar eine separate Gesellschaft, die praktisch alle faulen US-Schuldpapiere der UBS übernimmt. Das Eigenkapital dieses «Abfallkübels» über 6 Milliarden Franken stammt von der UBS. Diese verliert dadurch weiter an Substanz und muss vom Bund mit neuem Kapital versorgt werden. Die Eidgenossenschaft gibt 6 Milliarden Franken neues Eigenkapital und wird damit rund 9 Prozent der UBS besitzen.
Damit erhält die Grossbank einen zweiten Grossaktionär. Bereits im Frühling hat eine staatliche Investmentgesellschaft von Singapur rund 11 Milliarden Franken Eigenkapital in die Bank eingeschossen und erhält rund 8 Prozent der UBS-Aktien. Ein weiterer Grossaktionär stammt aus dem arabischen Raum. Singapur und die Eidgenossenschaft, die zusammen fast 20 Prozent der UBS besitzen werden, können in Zukunft den Kurs der Bank im Alleingang bestimmen.
Der kranke Mann des Schweizer Finanzplatzes
Im Unterschied zur zweiten Schweizer Grossbank Credit Suisse, die ihr Eigenkapital durch Zuschüsse privater Investoren stärkt, kommt die UBS nicht um eine Beteiligung des Staates herum. Die grosse Frage lautet, warum sie den Eingriff in ihre Autonomie nicht verhindern konnte. Die Antwort dürfte sein: Der UBS geht es viel schlechter, als zuletzt allgemein erwartet wurde.
Die Rettungsaktion wird von Nationalbank und Bund gemeinsam getragen. Das Darlehen über 54 Milliarden Dollar und die Eigenkapitalzufuhr über 6 Milliarden Franken offenbaren die Dimension des Problems. Hätten der UBS nur 6 Milliarden Franken gefehlt, wäre die Bank bestimmt ohne staatlichen Rettungsring über die Runden gekommen. Die Verantwortlichen der Bank, des Bundes und der Notenbank sind vermutlich zu einem anderen Schluss gekommen. Ohne Einstieg des Bundes ist das Überleben der UBS gefährdet. Denn in ihrem zentralen Geschäft, der weltweiten Vermögensverwaltung, hat sich der Abfluss in den letzten Wochen beschleunigt. Von Juli bis September haben Kunden insgesamt 84 Milliarden Franken abgezogen.
Ende der globalen Konkurrenzfähigkeit
Die Konsequenzen für die UBS dürften massiv sein. Eine Universalbank von globaler Ausstrahlung wird sie im internationalen Finanzmarkt nicht mehr sein. Insbesondere im Investmentbanking, das sich nach seiner tiefen Krise irgendwann wieder erholten dürfte, kann eine staatlich gestützte Grossbank kaum eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend könnte sich die UBS schon bald aus diesem Geschäft, das sie bis vor kurzem als zweites wichtiges Standbein pflegte, gänzlich verabschieden. Nachdem die Bank bereits zu Beginn des Jahres Tausende von Arbeitsplätzen im Investmentbanking abgebaut hatte, kündigte sie vor zwei Wochen weitere Reduktionen an.
Die Zukunft der grössten Schweizer Bank verspricht wenig glamourös zu sein. Statt auf allen Märkten und in allen Geschäften in der obersten Liga mitzuspielen, dürfte die UBS bald nur noch eine grosse Vermögensverwalterin sein. Weil diese von ihrer Grösse her eine strategische Bedeutung für das Land hat, rechtfertigt sich eine Staatsbeteiligung. Weil der Staat im Alltag mit am Tisch sitzt, ist die UBS nicht mehr attraktiv für die besten Manager. Sie wird zu einer überdimensionierten Kantonalbank. Auch die Kantonalbanken haben ja eine Staatsgarantie. Die UBS ist nun auch soweit. Das Ende der globalen Aspirationen der UBS, das vor einem Jahr mit den ersten Milliarden-Abschreibern seinen Anfang genommen hat, wurde heute wohl besiegelt.