Akuter Pilotenmangel bei Swiss

20minuten.ch (11. September 2008) – Nach dem massiven Flottenausbau fehlen der Schweizer Airline Piloten. Die Schulung wurde intensiviert, bis Ende 2009 sollen 150 neue Piloten zur Swiss stossen.

Nach Dauerkrise und Sanierung plagt die Swiss ein Luxusproblem. Der Schweizer Airline fehlen die Angestellten im Cockpit. «Ja, wir haben einen temporären Personalengpass im Pilotencorps», bestätigt Swiss-Sprecherin Andrea Kreuzer gegenüber 20 Minuten Online. «Flüge von Swiss sind nicht gefährdet, aber Ferien können leider nicht immer wie geplant bezogen werden.»

Die Situation hat sich zugespitzt. «Wir sind im gelben Bereich», sagt der Geschäftsführer der Swiss-Pilotengewerkschaft Aeropers, Henning Hoffmann. «Das darf nicht mehr lange so bleiben, sonst laufen unsere Leute auf dem Zahnfleisch.»

Ständige Änderungen seien heute an der Tagesordnung. «Früher waren geplante Ferien kein Problem», sagt der Gewerkschaftsmann. «Wenn aber heute ein Captain oder ein Copilot ausfällt, geraten sämtliche Pläne durcheinander.»

Neue Langstreckenflugzeuge stellen Planung auf den Kopf

Nach langen Jahren mit Überkapazitäten klaffen heute Pilotencorps und Flottengrösse auseinander. Grund sind 15 statt nur acht Flugzeuge, welche die Swiss seit 2006 neu in Betrieb genommen hat, darunter drei Langstreckenjets des Typs A340 von Air Canada. Pro Grossflugzeug sind 20 zusätzliche Piloten nötig, für Kurzstreckenflieger sind es nur zehn.

Derzeit beschäftigt die Swiss rund 800 Piloten. Dieses und nächstes Jahr sollen 150 neue zur Airline stossen, um Abgänge und Unterbestände zu kompensieren. Dazu hat die Swiss die Schulung intensiviert. «Aber bis ein Pilot einsatzbereit ist, dauert es je nach Erfahrung mehrere Wochen bis Monate, das geht nicht von heute auf morgen», sagt Swiss-Sprecherin Kreuzer.

Die interne Ausbildung hat eine Kehrseite. Rund 50 Swiss-Piloten sind laut Kreuzer damit beschäftigt, zukünftige Kollegen fürs Cockpit zu schulen.

Weitere Piloten würden von aussen verpflichtet, sowohl von der Luftwaffe als auch von anderen Airlines, sagt Sprecherin Kreuzer. Diese müssen nur noch auf einen Swiss-Flugzeugtyp umgeschult werden, was weniger lang daure als eine volle Ausbildung.

Piloten wollen mehr Geld und kürzere Arbeitszeiten

Die Lage mit dem Unterbestand im Cockpit soll sich erst im November entspannen, sagt die Swiss. Um das Problem nachhaltig zu lösen, haben die Swiss und Aeropers Gespräche aufgenommen.

Aeropers fordert dabei bessere Konditionen für ihre Mitglieder. Die Piloten hätten mit dem Gesamtarbeitsvertrag von 2006 ihren Beitrag zur Effizienzsteigerung geleistet, sagt Geschäftsführer Hoffmann. «Jetzt erwarten wir, dass sich diese Anstrengung auch auszahlt und unsere Piloten eine entsprechende Wertschätzung erhalten.»

Die Anfangslöhne seien tiefer als bei anderen Qualitäts-Airlines, die Anzahl geflogener Stunden mit 900 pro Jahr oft höher, lautet das Kernargument der Gewerkschaft. Die Swiss-Piloten würden zu den effizientesten der Welt zählen, sagt ein Langstrecken-Pilot.

Die Einschätzung der Airline lautet anders. «Unsere Konditionen sind sehr konkurrenzfähig», sagt Sprecherin Kreuzer. «Das beweist auch das grosse Interesse an einer Anstellung als Pilot bei Swiss.»


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