UBS und CS: Privatbanker leben gefährlich
20minuten.ch (15. Mai 2008) – Verhafteter UBS-Topmann in den USA, Prozess gegen 13 CS-Banker in Brasilien: Immer mehr Länder sind für die Vermögensverwalter der Schweizer Grossbanken tabu.
UBS-Topmanager Martin Liechti lag Ende April in den USA hinter schwedischen Gardinen statt im Federbett eines Luxushotels. Die Behörden werfen ihm vor, Steuerschlupflöcher für amerikanische Multimillionäre zu zimmern. Sie bauen ihren Fall auf den Aussagen eines früheren Liechti-Mitarbeiters auf, der selbst eine Anklage am Hals hat. Für Liechti wird Amerika zum Land der begrenzten Möglichkeiten: Er darf vorläufig nicht ausreisen.
Auch für 70 UBS-Vermögensverwalter ist der Weg nach Übersee vorerst blockiert. Sie haben jahrelang die reiche US-Klientel von Zürich, Genf und Lugano aus beraten. Nun hat ihnen die Bank eine Reisesperre – einen so genannter Travel ban – auferlegt. Das Verbot dient dem eigenen Schutz: In Amerika droht den Managern die sofortige Verhaftung.
Travel bans kennt derzeit auch die zweite Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS). Wie die Zeitung «News» gestern berichtete, müssen die Vermögensverwalter der CS-Tochter ClaridenLeu momentan Brasilien meiden. Dort inhaftierte die Finanzpolizei letzten Herbst im Zuge einer Grossaktion gegen ausländische Banken auch einen ClaridenLeu-Manager. Es geht um den Vorwurf der Geldwäscherei und Beihilfe zum Steuerbetrug. Die Verdächtigten müssen bis auf Weiteres im Land bleiben.
Die Aktionen in den USA, Brasilien und Deutschland rund um liechtensteinische Schattengesellschaften zeigen: Die ausländischen Behörden machen Ernst mit der Verfolgung von Steuersündern. Um maximale Wirkung zu erzielen, gehen sie den grössten Vermögensverwaltern an den Kragen. An vorderster Front spüren dies UBS und CS.
Für die CS wird vor allem Brasilien zum heissen Pflaster. Seit sie 1998 eine Investmentbank erworben hat, zählen die Schweizer zu den ersten Finanzadressen unter der wachsenden Schar der Superreichen in Rio und Sao Paulo. Die CS nutzte die neuen Beziehungen nicht nur vor Ort, sondern auch, um aus der Schweiz heraus Offshore-Leistungen anzubieten. Besonders gefragt waren Strategien, die den Zugriff des Fiskus auf die Reichtümer einschränken.
Die CS-Geschäfte liefen blendend. Bis der Chef der brasilianischen Offshore-Truppe vor zwei Jahren verhaftet wurde, als er am Flughafen Sao Paulo die Maschine Richtung Schweiz besteigen wollte. Für Peter S. begann eine Zeit der Entbehrung. Tagelang schmorte der damals 48-Jährige in einer Zelle. S. war das erste prominente Opfer der so genannten «Operation Schweiz» der brasilianischen Finanzpolizei. Diese vermutet, dass S. und weitere Banker mithalfen, brasilianische Vermögen illegal aus dem Land zu schaffen.
Seither haben die Behörden die Schlinge zugezogen. Vor drei Wochen klagten sie 17 Finanzberater an, davon 13 der CS. In Zeitungsberichten wurden alle namentlich aufgeführt. Wer zurzeit in Brasilien ist, darf nicht mehr ausreisen. Die übrigen wie Peter S. müssen dereinst vor Gericht antraben. Andernfalls droht ihnen nach einer allfälligen Verurteilung ein internationaler Haftbefehl. S. ist heute CS-Teamleiter für den arabischen Raum.
«Wir verwahren uns vehement gegen die Vorwürfe, die wir als haltlos und ungerechtfertigt erachten», sagt CS-Sprecherin Regula Arrigoni gegenüber 20 Minuten Online. Eine Verurteilung der CS-Angeklagten im Prozess, der laut der Sprecherin in weiter Ferne liege, würde nichts an der Strategie der Bank für den grössten lateinamerikanischen Markt ändern. «Wir wollen sowohl in der Vermögensverwaltung als auch im Investmentbanking weiter wachsen.»
Ein Zürcher Vermögensverwalter, der mit dem Fall vertraut ist, aber nur anonym Auskunft gibt, befürchtet hingegen schwere Folgen. «Der Ruf der CS in Brasilien ist beschädigt», sagt er.