Dividend Stripping: Steuerverwaltung geht gegen zwei Banken vor
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat gegen zwei Banken eine Verfügung erlassen. Demnach hält die Behörde die geforderte Verrechnungssteuer auf Dividendenausschüttungen zurück. „Bei zwei Banken haben wir einen konkreten Verdacht, dass sie die Bezahlung der geschuldeten Steuer umgehen wollten“, bestätigt ESTV-Sprecher Beat Furrer. Das Vorgehen ist einfach: Mit speziellen Produkten für ihre ausländische Kunden erwerben die Banken kurzzeitig die Aktien. So können die Finanzhäuser die Dividenden in eigenem Namen einkassieren und die abgezogenen 35 Prozent Verrechnungssteuer (VST) zurückfordern.
Die Branche nennt den Trick „Dividend Stripping“. Da aber die Banken die Aktien allein zum Dividendeninkasso nutzen dürfen, bleiben die ausländischen Kunden die wirtschaftlich Berechtigten, das „Recht zur Nutzung“ wechselt nicht. „Für uns ist der Fall klar“, sagt Beat Furrer. „Die Verrechnungssteuer ist von den Ausländern geschuldet.“
Die Namen der zwei Banken, die ins Visier der Berner Behörden geraten sind, bleiben geheim. Vor kurzem wurde bekannt, dass die Deutsche-Bank-Tochter Rüd Blass 25 Millionen Franken „im Zusammenhang mit indirekten Steuerforderungen“ abgeschrieben hat, wie Rüd Blass in ihrem Geschäftsbericht schreibt. Der CEO von Rüd Blass ging vor einiger Zeit von Bord. Ein Sprecher verweigert jeden Kommentar. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB), die kürzlich insgesamt 130 Millionen Franken wegen dem Dividend Stripping zurückgestellt hat, wurde bisher nicht belangt. „Wir haben keine Verfügung erhalten“, sagt eine ZKB-Sprecherin. Am meisten Dividend-Stripping-Produkte hat laut Marktkreisen die Credit Suisse (CS). „Es ist generell nicht unsere Politik, uns zu allfälligen oder tatsächlichen Rückstellungen zu äussern“, sagt eine CS-Sprecherin. Die UBS ist weniger stark exponiert, sagt ein Zürcher Bankier. Die Bank gibt keinen Kommentar ab. Gegen den Beschluss der Behörden ist bisher kein Rekurs eingegangen.
Die Steuerverwaltung gibt die Höhe der zurückbehaltenen VST-Forderungen nicht bekannt, das zähle zum Steuergeheimnis und sei Sache der Banken, sagt Sprecher Furrer. Weitere Verfügungen seien denkbar. In Zürcher Bankenkreisen ist von insgesamt einer Milliarde Franken die Rede. „Das Thema beschäftigt die Chefetage der Grossbanken“, sagt ein langjähriger Börsianer. Tatsächlich gehen die Banken hinter den Kulissen koordiniert vor. Die schweizerische Bankiervereinigung, die von den beiden Grossbanken UBS und CS kontrolliert wird, schickte ihre Steuerexperten zur ESTV. „Wir waren in einer frühen Phase beim Bund“, bestätigt Bankiervereinigungs-Sprecher Thomas Suter.
Auch die Banken-Aufsichtsbehörde EBK wurde aktiv in Sachen Dividend Stripping. „Wir verurteilen die langjährige Praxis der Banken“, sagt Bankenkommissions-Mann Marcel Aellen. Weil es sich jedoch um ein Erstvergehen handle und der rechtliche Rahmen erst mit den Verfügungen der Steuerbehörde abgesteckt würde, verzichtet die EBK laut Aellen auf Strafen. Im Wiederholungsfall drohten den Banken hohe Bussen.