Groundingmacher im Delirium

Der Regisseur des Films „Grounding – die letzten Tage der Swissair“ schreibt Geschichte. Nicht für einen neuen Film, sondern als selbsternannte Koriphäe der umfangreichen Swissair-Forschung. „Unser Film zeigt die Wahrheit“, behauptet Michael Steiner am Lesertelefon vom Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Sein Adrenalinschub ist nachvollziehbar, schliesslich könnte sein „Grounding“ zum grössten Kino-Kassenschlager inländischen Film-Schaffens werden. Dass Steiner mit seinem Film weit hinter den derzeitigen Forschungsstand in der Causa Swissair zurückfällt, sei ihm ebenfalls unbenommen, schliesslich darf ein Film vieles, nur nicht langweilen (zumindest wenn er Erfolg haben will). Nur, dass sich Steiner jetzt auch noch als Verkünder der einzigen Wahrheit präsentiert, auf den die Schweizer Öffentlichkeit – dem Wirbel nach zu urteilen – seit vier Jahren fast wie auf einen Messias gewartet hat, ist – mit Verlaub – absurd. Steiner stempelt UBS-Chef Marcel Ospel zum Bösewicht und den letzten Swissair-CEO Mario Corti zum märtyrerhaften Kämpfer mit Löwenherz. Die Wahrheit, wenn es sie denn gibt, sieht anders aus. Ospel drehte der Swissair ein halbes Jahr vor dem Aus den Kredithahn zu, als er erkannte, dass Corti kein Sanierer war. Als nach den New-Yorker-Terroranschlägen der Konzern bankrott war, hatte Corti nichts für den ersten Tag ohne Geld in der Kasse vorbereitet. Der Swissair-Chef war überfordert, Ospel brutal hart, aber ein Profi. Ob Ospel darüber hinaus das Grounding der Swissair anstrebte, damit sich sein Basler Freund Moritz Suter endlich aus den Fängen der Zürcher Luftfahrtlobby befreien konnte (wie das der Film darstellt), werden wir nie wissen. Dass der Film den Schweizer Stammtisch in seinem Urteil von den bösen Banken und dem guten Corti bestärkt, ist eine verpasste Chance. Die Aufarbeitung des grössten Wirtschaftsfalls der Schweiz erleidet dadurch einen Rückschlag.


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