Der naive UBS-Präsident

20minuten.ch (4. Juli 2008) – In einem Dok-Film ist Regisseur Hansjörg Zumstein den Gründen für den tiefen Fall der einst stolzen UBS auf den Grund gegangen. Er förderte eine erschreckende Blauäugigkeit der Führung der Grossbank zu Tage. So glaubte die UBS-Spitze, die Bank sei vor einem Immobiliencrash in den USA geschützt. Gestern Abend um acht zeigte SF1 einen Dokfilm von Hansjürg Zumstein (Swissair, Bundesrats-Abwahl) zum Thema «Wie die UBS in den Strudel der Finanzkrise geriet». Zumsteins Werk zeichnet sich aus durch hohes Tempo, emotionale Szenen und einfache Erklärungen für den tiefen Fall der Bank.

Keine Antwort gibt der Journalist auf die Frage, wie eine vermeintlich vorsichtige und konservative Institution Kopf und Kragen in minderwertigen Hypotheken jenseits des Ozeans riskieren konnte. Zumstein geht von der These aus, dass die UBS-Chefs lange nicht wussten, was sie taten. Das Gegenteil trifft zu, wie Aussagen des obersten UBS-Managers zeigen.

In der Mitte des Films sagt Nationalbank-Direktor Hildebrand, die UBS habe das Vertrauen in die Risikomodelle «von allen Banken am meisten ausgereizt. Das erklärt, dass sie zuletzt am stärksten betroffen war». Schnitt, Auftritt von UBS-Präsident Peter Kurer: «Einige Leute waren pessimistischer, andere optimistischer. Wir waren eher Optimisten.»

Die UBS, die über 150 Jahre lang gelernt hat, vorsichtig mit dem Geld der Kunden und ihrem eigenen umzugehen, wusste, was sie tat. Doch sie setzte aufs Prinzip Hoffnung. «Wir haben schon das Gefühl gehabt, dass wir einen Bezug zum Immobilienbereich hatten, aber nicht direkt», sagt Kurer. «Das ist ein anderer Markt, der wird sich anders verhalten».

Gefühlt, gedacht, gehofft – auf dieser Basis ging die Bank ihre 80-Milliarden-Dollar-Wette in US-Hypothekenpapieren ein. Die Grundlage war dürftig, einige Jahre Schönwetter-Statistik für Produkte, deren Verhalten man in Krisenlagen kaum abschätzen konnte.

Eine starke Szene im Film verstärkt das Bild von Gamblern und Schönwetterpiloten. Man sieht UBS-Übervater Marcel Ospel mit seiner Frau Adriana Bodmer, wie er ein Kunstgemälde ersteigert. Ein überdrehter Bekannter wirft sich Ospel an den Hals. Er freue sich über das schöne Bild, lachte Ospel in die Kamera. «Und es macht auch Freude, der Stiftung etwas Gutes zu tun.» Der 25-Millionen-Mann schlüpfte noch ins Kleid des Spenders, als seine Bank hinter den Kulissen bereits einzustürzen drohte.

Ein weiteres Highlight ist der gradlinige Auftritt von Ex-UBS-Chef Luqman Arnold, dessen Firma inzwischen 2,5 Prozent der Grossbank besitzt und zum einflussreichen Kritiker geworden ist. Peter Wuffli, der Arnold Ende 2001 als Konzernchef ablöste, habe sich beim Aufbau des komplexen eigenen Hedgefunds Dillon Read nicht durchsetzen können. «Peter hatte diese Autorität nicht», sagt Arnold.

Es sind solche Eindrücke von den UBS-Protagonisten, die den Film sehenswert machen, auch wenn ihm eine neue These fehlt. Arnold kritisiert hart, aber nie unfair, während Kurer, der im Fokus dieser Kritik steht, die Zweifel an seiner Fähigkeit für das Amt nicht auszuräumen vermag. Die UBS-Chefetage habe im August 2007, als die Subprime-Blase endgültig platzte, noch nicht «die ganz grosse Krise» erkannt. Das sei erst später gewesen, «im September, noch später». Auch der neue starke Mann der Bank, so wird klar, hatte sich überschätzt.


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