Stellenabbau bei der CS: Der tiefe Fall des Brady Dougan

20minuten (1. November 2011) – Die CS macht fast keinen Gewinn mehr, baut 3500 Stellen ab und braucht dringend neue Einnahmen. Das alles hat CEO Brady Dougan zu verantworten.

Das dritte Quartal 2011 könnte in die Geschichte der Credit Suisse (CS) eingehen. Es deckt die Schwächen der Grossbank schonungslos auf. Und es führt dazu, dass die Spitze des Finanzmultis eine Gezeitenwende vornimmt: Die angelsächsisch dominierte Investmentbank wird gebändigt.

So viele Stellen abgebaut wie die UBS

Das zeigt sich in den Abbauplänen. Zu den bereits im Sommer bekannt gegebenen 2000 Jobs, die vor allem im Handelsbereich wegfallen, kommen nochmals 1500 hinzu. Erneut dürfte die Investmentbank bluten. Das Total von 3500 Stellenstreichungen entspricht jenem der UBS .

Drei Fragen stellen sich nun. Erstens: Wie leistungsfähig ist diese CS heute? Zweitens: Wie erfolgversprechend ist ihr Strategiewechsel. Drittens: Ist die heutige Führung noch die richtige?

CS steckt im Tief fest

Zum Ersten, der Frage nach der Stärke. Die Antwort lautet: Die CS steckt im Tief fest. Die Bank erzielte in den drei Monaten von Juli bis September noch einen Gewinn unter dem Strich von knapp 700 Millionen, weniger als die 1000 Millionen von Erzrivalin UBS.

Selbst dieses Resultat sieht besser aus, als es tatsächlich ist. Wie bei der führenden UBS fallen auch bei der kleineren CS etliche Sonderfaktoren ins Gewicht. Auf der Aufwandseite gibt es Rückstellungen für Bussen, wegen der Mithilfe zur Steuerhinterziehung in den USA und in Deutschland. Und es gibt Sonderaufwände für die laufende Sanierung mit dem Jobabbau.

Auf der Plus-Seite schenken die eigenen Schulden ein. Diese haben heute weniger Wert, weil die CS nicht mehr so sicher dasteht wie im letzten Quartal. Vor Steuern macht dieser Buchhaltungstrick sage und schreibe 1,3 Milliarden auf der Ertragsseite aus.

Alle Negativ- und Positivposten zusammen führen zu einem Gewinn nach Steuern von 441 Millionen – ein Rinnsal im Vergleich zu früheren Abschüssen und nur ein Bruchteil des selbst gesteckten Ziels. Dieses lautet: Auf jeden Franken eigenes Kapital, zur Verfügung gestellt von den Aktionären, will die CS mindestens 15 Rappen Gewinn erzielen.

Höchste Zeit für Strategiewechsel

Zweitens: Die CS reisst das Steuer herum und stellt die Verlust schreibende Investmentbank in den Dienst der Vermögensverwaltung. Ist diese Weichenstellung erfolgversprechend?

Hier lautet die Antwort: Es ist die einzig mögliche Strategie. Beide Schweizer Grossbanken haben sich mit ihrem bis zum Überdruss zelebrierten Ansatz der «integrierten» Bank ins Abseits manövriert. Die Synergien werden regelmässig von Verlusten der Investmentbank ausradiert. Im Endeffekt nutzten die CS-Investmentbanker das Weltklasse-Private-Banking der Bank für riskante Geschäfte, die vor allem einer Klientel nutzten: ihnen selbst.

Das will die CS-Führung nun ändern. Sie bindet ihre Investmentbank zurück, baut dort Stellen ab, reduziert dieses Geschäft und baut so Risiken ab. Das neuerdings besonders stark regulierte Zinsengeschäft will die CS beispielsweise um die Hälfte verkleinern. Die dadurch frei werdenden Mittel sollen in den aufstrebenden BRIC-Staaten – Brasilien, Russland, Indien und China – und anderen Wachstumsmärkten investiert werden.

Die Strategie ist richtig, die Frage ist nur, wann sie Früchte tragen wird. Derzeit ist Ab- und Umbruch angesagt. Die Investmentbank und ihre Manager waren traditionell die grossen Gewinnbringer der CS. Bis der wegfallende Geldsegen von anderen Sparten kompensiert wird, braucht es viel Zeit und grosse Anstrengungen.

Dougan am Ende seines Lateins

Drittens: Ist Brady Dougan, seit 2007 Konzernchef der CS, noch der richtige Mann für den Umbau?Dougan stammt zwar selber aus der Investmentbank, verkörpert aber von seinem Auftreten her den Anti-Typ des abschreckenden Investmentbankers. Er hält sich mit viel Jogging fit, gilt als Frühaufsteher, arbeitet rund um die Uhr, ist für Kunden und Mitarbeiter stets verfügbar.

Gleichzeitig ist sein Allzeit-Bonus von 71 Millionen vom letzten Jahr in die Geschichte überrissener Banker-Entschädigungen eingegangen. Zudem scheint Dougan am Ende seines Lateins. Er hat aus der guten Ausgangslage der CS nach der Finanzkrise 2008 zu wenig gemacht.

Im Unterschied zur UBS, die vom Schweizer Steuerzahler gerettet werden musste, kam Dougans CS mit einem blauen Auge davon. Seither spricht der CS-Chef von Trendwende, von neuem Banking, mit weniger Risiken, praktisch keinem Eigenhandel mehr und einem Aufbruch zu neuen Ufern. Die Realität ist bisher eine andere, geprägt von Altlasten im Steuerkonflikt, Rückschlägen im Investmentbanking, weiterhin hohen Risiken und Bonus-Zahlungen, die immer noch an die «roaring 2000er-Jahre» erinnern.

Geschichte spricht gegen Dougan

Kann Dougan unter diesen Umständen weitermachen? Offiziell gibt es keine Anzeichen dafür, dass ihm der Verwaltungsrat der CS das Vertrauen entziehen würde. Eine andere, simplere Frage lautet: Kann Dougan nach fünf Jahren CEO und einem sich beschleunigten Sinkflug das Steuer noch herumreissen? Die Erfahrung aus solchen Entwicklungen spricht dagegen.


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