Die Welt des Deutschen: Oswald Grübel war der Falsche
20minuten.ch (24. September 2011) – UBS-CEO Oswald Grübel musste gehen, weil er nochmals die alte Investmentbank-Welt aufleben lassen wollte. Das machten die Aktionäre nicht mehr mit.
Im Nachhinein sind alle schlauer, auch der Schreiber. Beim Stellenantritt im Februar 2009 wurde Oswald «Ossi» Grübel mit Vorschusslorbeeren überhäuft. Er galt als UBS-Retter in der Not.
Nun muss Grübel zwei Jahre früher als geplant in Pension. Offiziell kostete ihn das Derivate-Debakel von zwei Milliarden den Kopf. Tatsächlich aber ist der Grund ein anderer. Die Aktionäre und neu eine Mehrheit des Verwaltungsrats waren nicht mehr einverstanden mit Grübels Strategie.
Grübel wollte die alte Investmentbank neu aufleben lassen. Das passte zu seiner Herkunft und seiner Haltung. Die Märkte, die Risiken, die hohen Gewinne – das war die Welt des Deutschen.
Trader Grübel klammerte sich an seinen Stuhl
Doch diese Welt gibt es schon lange nicht mehr. Seit dem Finanzkollaps vor drei Jahren ziehen die Regulatoren die Schrauben im Investmentbanking an. Hohe Gewinne für die Banker, hohe Verluste für die Steuerzahler – das soll es nie mehr geben.
Die Politik machte das riskante Handelsgeschäft teuer, indem viel Eigenkapital dafür nötig wurde. Das schmälert die Renditen und fördert die Suche nach weniger riskanten Alternativen.
Grübel ignorierte diese Entwicklung. Er baute stattdessen erneut eine riesige Zinsenabteilung auf, wo die UBS unter ihrer früheren Führung in den Eisberg gekracht war. Man müsse dieses Geschäft nur richtig betreiben, argumentierte Grübel.
Grübel setzte dafür auf seine eigene Glaubwürdigkeit. Diese nahm mit dem Derivateverlust vor neun Tagen unmittelbaren Schaden. Grübel hatte auf einen Schlag seine Aura des Top-Händlers verspielt. Das Schlimmste dabei war, dass er diesen Verlust an Spielraum selbst nicht einmal wahrhaben wollte und sich stattdessen an seinen CEO-Stuhl klammerte.
Singapur setzte sich durch
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Schon lange tobt innerhalb der UBS ein Kampf zwischen zwei Lagern. Das eine sieht die UBS vor allem als Weltklasse-Vermögensverwalterin mit angehängter Investmentbank. Das andere, angeführt von Grübel und verteidigt von Präsident Kaspar Villiger, wollte weiter ein grosses Handelsgeschäft betreiben.
Nun hat sich das Vermögensverwaltungs-Lager durchgesetzt. Aufgrund der Kritik von dieser Woche scheint klar, dass der Staatsfonds von Singapur den Ausschlag für diese Machtverschiebung gegeben hat. In seltener Deutlichkeit verschaffte die grösste UBS-Aktionärin ihrer Verärgerung Mitte Woche Luft.
Der GIC, wie der Fonds heisst, hat bei der UBS viel zu sagen, wenn es hart auf hart geht. In den turbulenten Tagen der Subprime-Krise schossen die Asiaten 11 Milliarden Eigenkapital ein. Sie verfügen zwar nicht über eine matchentscheidende Aktienposition, doch mit einigen Prozent sind sie der wichtigste Einflussfaktor unter den Eigentümern.
Singapur wollte die UBS schon lange als grosse Vermögensverwaltung und ohne riskante Investmentbank positionieren. Doch bei Grübel und seinen Investmentbankern lief der Fonds damit bisher auf. Nach dem Crash mit einem Junior-Trader witterte der Fonds Morgenluft.
Grosse Karriere geht zu Ende
Zufälligerweise war das Meeting des Verwaltungsrats in der Woche nach dem Unfall in Singapur angesetzt. Beflügelt vom Heimvorteil nutzten die Asiaten ihre Chance und brachten UBS-CEO Oswald Grübel zum Einsturz. Eine grosse Banker-Karriere endet damit unrühmlich.
Zuzuschreiben hat sich Grübel seinen tiefen Fall aber selbst. Er hatte es in den letzten gut 2 Jahren in der Hand, die Bank auf die neue Finanzwelt auszurichten. Sei es, weil er stur geworden ist, sei es, weil er nicht mehr genügend Kraft hatte: Tatsache ist, dass Grübel seine grosse Chance, als bester Schweizer Banker in die Geschichte einzugehen, nicht genutzt hat.
Für die UBS ist das keine Tragödie, sofern sie die aktuellen Turbulenzen einigermassen schadlos übersteht. Unter dem neuen CEO Sergio Ermotti und mit einem baldigen neuen VR-Präsidenten erhält sie die Chance für einen echten Neuanfang. Der heisst: weniger Gambling, mehr Seriosität.