Elma-CEO verfolgte andere Wachstumsstrategie als sein VRP Hans Ziegler

Die Zürcher-Oberländer Herstellerin von elektronischen Gehäusen Elma Electronic AG will auf einen scharfen Wachstumskurs einschwenken. In diese Richtung äusserte sich der soeben abgesetzte CEO Peter Neth heute Mittwoch im Gespräch mit AWP. Über die Frage, wie dieses Wachstum zustande kommen soll, herrsche allerdings Uneinigkeit zwischen ihm und Elma VR-Präsident Hans Ziegler. Ob Neth für Elma eher organisches Wachstum anstrebte und Ziegler dies als zu gemächlich betrachtet habe, wollte der scheidende CEO nicht kommentieren. „Wir haben einen nachhaltigen Turnaround geschafft und wollen jetzt den nächsten Schritt nach vorn tun“, sagt Neth gegenüber AWP. „Es gibt aber verschiedene Szenarien, Ansichten, ja Philosophien, wie wir dies anpacken wollen.“

Einigkeit herrsche zumindest im Punkt, dass Elma wachsen soll. Man habe sich unter seiner Führung als Nummer drei im Weltmarkt etablieren können, allerdings mit grossem Abstand zu den führenden Konkurrenten mit Umsätzen von über einer Milliarde Franken. Neth verlässt Elma Ende Januar, sein Nachfolger Stephan Bürgin nimmt seine Arbeit per Anfang April auf.

Elma erzielte 2005 Verkäufe von 121 Mio CHF, ein Plus von rund 13% gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatzsprung wurde vor allem durch zwei Akquisitionen in den USA und England möglich und schlug ertragsseitig kurzfristig negativ zu Buche. So sank der Gewinn um 15% auf noch 2,5 Mio CHF, was einer Umsatzrendite von tiefen 2,1% entspricht. Für die Aktionäre gab es keine Dividende.

ELMA-SPITZE HIELT SICH AM VORTAG BEDECKT

Dass Elma in einer Führungskrise steckt, ist aus der Art der Kommunikation des personellen Wechsels abzuleiten. Diese geschieht in überstürzter Form und wirkt auf aussenstehende Beobachter nicht überzeugend. Gestern Dienstag konfrontierte AWP Elma-Präsident Hans Ziegler mit der Information, dass er einen neuen CEO suche. Ziegler reagierte unwirsch und sagte, diese Information sei „nicht richtig“. Dann sagte Ziegler wörtlich: „Jetzt suche ich keinen neuen CEO.“

Auf die Frage, ob dies bedeute, dass er bereits eine geeignete Person für die Aufgabe gefunden habe, antwortete Ziegler: „Ich diskutiere meine Personalpolitik sicher nicht mit der Presse.“ Heute morgen begründete dann Ziegler die Absetzung Neths mit „unterschiedlichen Auffassungen bezüglich Wachstumsstrategie“.

ÜBTEN DIE GROSSAKTIONÄRE DRUCK AUS?

Ziegler steht vermutlich selbst unter Druck der wichtigsten Elma-Aktionäre. 2001 kaufte eine Gruppe von Investoren, deren grösste die Zürcher Finanzgesellschaft Baryon ist, signifikante Anteile an Elma. Im Dezember 2006 erhöhte Baryon ihren Anteil gar von gut 17 auf 20%.

Der Erfolg stellte sich lange nicht ein. Nach dem Einstieg der neuen Investoren sank die Aktie von knapp 380 CHF in den ersten zwei Jahren auf einen Tiefststand von rund 80 CHF. Erst seit Mitte 2003 befindet sie sich im Aufwind und ging gestern Abend bei 310 CHF aus dem Handel. Allerdings liegt dieser Wert nur unwesentlich über dem Ausgabepreis von Dezember 1996. Damals kam Elma als Spin-off des Industrieunternehmens Sulzer zu 275 CHF pro Titel an die Börse. Baryon dürfte den Grossteil ihres Pakets zu Preisen zwischen 200 und 250 CHF erworben haben. Bisher zeigte der Markt keine Reaktion auf die Nachricht des CEO-Wechsels.

Wusste Baryon vom bevorstehenden Wechsel an der operativen Spitze und kaufte deshalb vor wenigen Wochen zusätzliche Titel? In diesem Fall müsste die Börse SWX als Überwachungsstelle möglicherweise aktiv werden. Baryon-Geschäftsleiter Martin Wipfli will sich nicht zur Unternehmensentwicklung äussern, da er bei Elma weder im Verwaltungsrat sei noch eine operative Tätigkeit ausübe. Auf die Frage, wie er über den CEO-Wechsel denke, sagte Wipfli gestern Abend: „Davon habe ich nie etwas gehört und ich weiss auch nichts davon.“

Baryon und andere Grossaktionäre sorgten dafür, dass es im Frühling vor sechs Jahren zu einer Absetzung des damaligen Verwaltungsrats unter SBB-Präsident Thierry Lalive d`Epinay kam. Neben Ziegler hievten die neuen Besitzer auch den früheren Swisscom-Finanzchef David Schnell ins Spitzengremium.

Der neue Verwaltungsrat, eingesetzt von Wipfli und der Zürcher Oberländer Familie Gubelmann, die ihrerseits rund 15% an Elma hält, engagierte per 2002 Ex-ABB-Manager Peter Neth als CEO. Dessen Aufgabe lautete, den unter seinen Vorgängern eingeschlagenen Akquisitionskurs zu beenden und dafür die Rendite zu erhöhen. Statt den einst anvisierten 200 Mio CHF Umsatz begnügte sich Neth 2004 mit 107 Mio CHF.

2005 schaltete auch Neth auf akquisitorisches Wachstum um. Unter seiner Führung kaufte Elma zwei Unternehmen. Doch die Rendite brach wie erwähnt ein. Unter Lalive d`Epinay lag der Gewinn zuletzt bei 6,7 Mio CHF, fast drei Mal höher als unter Neth im Jahr 2005.

Der ausscheidende Neth reagiert scheinbar gelassen auf seine Absetzung bei Elma. „Ich bleibe der Industrie treu und prüfe derzeit verschiedene Optionen.“ Noch sei der nächste Berufsschritt nicht spruchreif, sagt der 54-jährige Ingenieur.


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