Lehman-Report: Untergegangene US-Investmentbank wollte mit UBS fusionieren
AWP (15. März 2010) – Richard Fuld, Chef der im September 2008 zahlungsunfähig gewordenen Investmentbank Lehman Brothers, und Marcel Ospel, langjähriger Präsident der Schweizer Grossbank UBS, haben offenbar mehrmals über einen Zusammenschluss ihrer beiden Institute verhandelt.
Das steht jedenfalls im Bericht des Lehman-Untersuchers Anton Valukas, der letzte Woche publiziert wurde.
Im Anhang des 2’200 Seiten starken Reports des amerikanischen Anwalts und Sonderprüfers ist die Rede von Diskussionen zwischen Ospel und Fuld im Jahr 2006 oder 2007 und mehreren Treffen der beiden Spitzenbanker in New York und in der Schweiz.
„Fuld schlug vor, Lehman mit Warburg, der UBS-Investmentbank-Einheit, zu fusionieren und den Deal durch die UBS finanzieren zu lassen, während Lehman die kombinierte Firma leiten würde“, heisst es im Valukas-Bericht.
Obwohl die Transaktion damals nicht zustande kam, blieb der Lehman-Chef offenbar überzeugt, dass ein Zusammenschluss mit der Schweizer Grossbank eine Möglichkeit bleiben würde. „Im Februar 2008 erstellte Lehman eine Analyse über eine Fusion mit der UBS“, hält Valukas fest. Darin sei die Rede von „weit höheren Abschreibungen als erwartet“, welche die UBS im Schlussquartal von 2007 verbucht habe, und dass die Schweizer „ein viel grösseres Engagement in hochriskanten Anlagen“ ausgewiesen hätten.
Als Ospel Anfang April 2008 als Reaktion auf die riesigen Subprime-Verluste seinen Rücktritt bekannt gab, sei der Deal allmählich von der Lehman-Agenda verschwunden. Verschiedene Topleute der Investmentbank hätten im Frühling 2008 in E-mails „Hinweise auf eine mögliche Transaktion mit der UBS“ an Lehman-Boss Fuld gemacht, „aber damals gab es keine ernsthaften Gespräche mit der UBS“.
Der Valukas-Bericht nennt weitere Banken und Investoren, die von Lehman für eine Fusion oder eine Zusammenarbeit angegangen worden seien, darunter die Deutsche Bank, die US-Investmentbank Morgan Stanley sowie der amerikanische Investor Warren Buffett.
Vor dem Hintergrund der jetzt bekannt gewordenen Fusionsverhandlungen mit Lehman-Chef Fuld erhält eine Aussage von 2006 des damaligen UBS-Präsidenten Marcel Ospel neue Brisanz. „Ich hasse es, wenn Wettbewerber an uns vorbeiziehen, die wir längst hinter uns glaubten“, soll Ospel damals gemäss „SonntagsBlick“ an einem Townhallmeeting der Investmentbank gesagt haben.
Möglicherweise dachte Ospel, mittels eines Schulterschlusses mit Lehman seine eigene Investmentbank auf Vordermann bringen zu können. Diese lag im Bereich der festverzinslichen Anlagen hinter der Konkurrenz zurück.
Der UBS-Präsident könnte damals den Verlust der operativen Kontrolle gescheut haben. Statt zu fusionieren, verschrieb er seiner Investmentbank damals eine höhere Gangart. Ab 2006 baute die UBS-Investmentbank ihr Engagement in US-Hypothekenpapieren weiter aus. Als die Krise im Sommer 2007 ausbrach, hielt diese über 100 Mrd verbriefte US-Hypothekenpapiere in der Bilanz.
Eine UBS-Sprecherin lehnte einen Kommentar zu den damaligen Verhandlungen mit Lehman ab.