Wird die UBS heute staatsfrei?

20minuten.ch (14. Mai 2009) – Um 10 Uhr könnte sich die Welt für die UBS ändern. Bankpräsident Villiger, Finanzminister Merz und Bankenaufsichtschef Haltiner präsentieren Vorschläge, wie die UBS den Schatten der Staatsbank wieder loswird.

Vor sieben Monaten packte der damalige UBS-Präsident Peter Kurer sein Köfferli und machte seinen Canossa-Gang nach Bern. Sechs Milliarden Franken neues Kapital brauchte die Bank, um im tobenden Finanzsturm nicht unterzugehen. Eine grössere Niederlage als das Eingeständnis, beim Staat um Rettung anklopfen zu müssen, war kaum vorstellbar.

Heute könnte das Ende der Ära «Staats-UBS» verkündet werden. Ab 10 Uhr dürften UBS-Präsident Kaspar Villiger, Finanzminister Hans-Rudolf Merz und der Präsident der Finanzmarktaufsicht Finma, Eugen Haltiner, ihren Plan präsentieren, wie sich der Staat aus seinem Engagement verabschieden will.

Details sind offen, der Grundsatz ist wohl aber beschlossene Sache

Verschiedene Lösungen sind denkbar. So kann die UBS ihre 6-Milliarden-Wandelanleihe ab dem 9. Juni, nach Ablauf der halbjährigen Sperrfrist, in Aktien wandeln und danach an Grossinvestoren wie Schweizer Pensionskassen und den Rest über die Börse verkaufen.
Oder er kann die Aktien für eine Optionsanleihe benutzen, die ihm zinsgünstiges Geld von Obligationären verschafft, denen er im Gegenzug das Recht einräumt, zu einem bestimmten Preis UBS-Aktien zu erwerben.

Schliesslich könnte der Bund auf eine Wandlung in Aktien verzichten und statt dessen die Wandelobligationen, die er derzeit in 60 Tranchen zu je 100 Millionen Franken hält, bei finanzstarken Anlegern platzieren.

Der gewählte Mechanismus ist weniger entscheidend als der Grundsatz, dass sich die Schweiz von ihrem UBS-Investment verabschiedet, schreibt die «NZZ» in ihrer heutigen Ausgabe.

Linke wollen UBS noch lange als Staatsbank behalten

Darüber dürfte in der Finanzkommission allerdings heftig diskutiert werden. Die linke Seite, die in dieser Frage den Support der Gewerkschaften geniesst, wird wohl auf ein anhaltendes Engagement des Bundes drängen. So sagte Daniel Lampart vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund gestern in der Handelszeitung: «Die UBS einfach so gehen lassen, das kommt nicht in Frage. Immerhin sprechen wir hier nach Swissair vom zweitgrössten Stellenabbauprogramm einer Schweizer Firma.»

Die Bürgerlichen hingegen dürften für eine Befreiung der UBS von Staatsfesseln plädieren. Es sei nicht Aufgabe des Staates, eine Grossbank mit internationalen Aktivitäten und Risiken zu führen, lautet das Kernargument. Der Steuerstreit mit Amerika führe die Gefahren vor Augen, werden FDP und CVP wohl ins Feld führen. Sollten die USA die Grossbank trotz Kooperation erneut auf die Anklagebank setzen, hinge die Schweiz als wichtige Aktionärin mit drin.

Ohne Staatsbeteiligung hätte die UBS bessere Chancen im Wettbewerb

Am wichtigsten wäre ein rascher Rückzug des Staates aber für die UBS selbst. Derzeit findet im weltweiten Banking eine Trennung von Spreu und Weizen statt. Jene Finanzmultis wie die Deutsche Bank, die Credit Suisse oder die englische Barclays, die bisher ohne Rettungsleine des Heimatlands durch den Sturm gesegelt sind, können sich um ihre Kunden und Zukunftsgeschäfte kümmern, ohne dass ihr Tun in der politischen Arena kritisiert würde.

Anders die UBS und weitere vom Staat gerettete Banken wie die amerikanische Citigroup oder die englische Royal Bank of Scotland. Diese einstigen Ikonen des Global Bankings riskieren endlose Diskussionen um faire Boni und richtige Unternehmensgrösse. Ihnen droht, dass sich der Rückstand auf die Konkurrenz zusätzlich vergrössert.

Staatsgarantie kein Argument mehr

Dass die UBS dank der Staatsbeteiligung sicherer wäre, wird nicht mehr ins Feld geführt. Nachdem Tausende von Steuermilliarden für die Rettung des Finanzsystems aufgeworfen wurden, zweifelt niemand daran, dass der Staat seine wichtigsten Banken erneut retten würde. Das gälte auch für eine UBS in neuen Schwierigkeiten. Verzichtet sie nun freiwillig auf die Staatskrücke, würde das signalisieren, dass die Bank daran glaubt, von nun an auf eigenen Beinen stehen zu können.

Auf ihrem Weg zu einer neuen Bank, die kleiner, bescheidener und berechenbarer ist, wäre der UBS eine rasche Verabschiedung der Schweiz eine willkommene Hilfe. Sie könnte freier entscheiden, welcher Weg für sie der erfolgversprechende ist. Dass sie erneut zu überrissenen Boni fürs Topmanagement zurückkehren würde, ist unwahrscheinlich. Die Frage der Entschädigung steht in den internationalen Aufsichtsgremien zuoberst auf der Traktandenliste und beeinflusst alle Institute.

Hingegen wäre ein schnelles Ende der Staatsbeteiligung ein Zeichen der Stärke der Bank. Sie gälte als jene Grossbank, die als eines der ersten Grossunternehmen des weltweiten Finanzsystems in die Abhängigkeit der Politik geraten war, die sich nun aber früher als andere aus dieser Abhängigkeit befreien konnte. Eine bessere Botschaft an die internationale Finanzgemeinschaft könnten sich die UBS-Chefs Kaspar Villiger und Oswald Grübel nicht wünschen.


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