Bank Wegelin droht Gefahr

Eine Anklage der USA gegen einen Partner würde die St. Galler Privatbank in Existenznot bringen. SonntagsZeitung, 8. Januar 2012

Für die erfolgsverwöhnte Sankt Galler Privatbank Wegelin begann das Jahr mit einem Hammerschlag. Dass drei ihrer US-Offshorebanker von den USA angeklagt würden, erwischte die Wegelin-Partner auf dem linken Fuss. «Es herrscht absolute Alarmstimmung», sagt ein Kadermann.

Ihr eigentliches Ziel nennen die Amerikaner nicht direkt. In ihrer Anklage schreiben sie von einem nicht namentlich genannten Co-Konspirator. Gemeint ist C. H., Chef von Wegelin Zürich. H. stiess 2005 von der UBS zur Privatbank und ist heute unbeschränkt haftender Partner. Im Fall von Klagen riskieren Wegelin-Partner ihr privates Vermögen. Das macht den amerikanischen Vorstoss zum Hochrisiko für die Bank und ihr Aushängeschild Konrad Hummler.

Würden die USA den Zürcher Wegelin-Partner anklagen, wäre es um die Bank wohl geschehen. Denn eine Klage gegen einen der acht unbeschränkt haftenden Partner käme einer Klage gegen die Bank gleich. Andere Institute inklusive der Grossbanken, über die Wegelin ihre internationalen Geschäfte abwickelt, würden die Seile zur Privatbank kappen müssen, um nicht selbst ins US-Visier zu geraten.

Bankier Hummler hatte sich im Steuerkrieg zu stark exponiert

Konrad Hummler, einer von zwei geschäftsführenden Partnern von Wegelin, weiss um die Gefahr. Zum Notfall hält er sich bedeckt und sagt nur: «Unsere US-Anwälte stehen in Kontakt mit dem US-Justizministerium und tun das, was getan werden kann.» Nun rächt sich, dass sich Hummler im US-Steuerkrieg mutig exponiert hatte. «Es darf nicht sein, dass wir in den Ruf geraten, zur Rettung der eigenen Haut die anderen zu ‹versecklen›», sagte er, als die Schweiz Mitte 2009 mit dem UBS-Staatsvertrag rund 4500 US-Kunden offenlegte. In seinem bekannten Anlagekommentar doppelte er nach. «It’s time to say goodbye», schloss er einen Text, mit dem er Wegelins kompletten Ausstieg aus dem US-Markt ankündigte.

Dann wurde es ruhig um Hummler. Heute ist klar, warum. Seine Bank war besonders aktiv, als es ab Frühling 2008 darum ging, US-Kunden mit unversteuerten Vermögen von der UBS zu gewinnen. Gemäss der Anklage verwaltete Wegelin 2005 erst rund 240 Millionen Dollar von US-Kunden, die Washington nicht gemeldet wurden. 2010 waren es «mindestens» 1,2 Milliarden.

Damit ist Wegelin wohl jene Bank, die in der heissen Phase ab 2008 am aktivsten amerikanische Kunden der UBS aufnahm. Die ebenfalls angegriffene Basler Kantonalbank war nur halb so gross.Wegelin kooperierte eng mit der inzwischen liquidierten Neuen Zürcher Bank (NZB).

US-Kunden landeten in Zürcher Filiale von Wegelin

Die USA schreiben, dass ab Mitte 2008, als die UBS ihren Exit aus dem US-Offshoregeschäft bekannt machte, es «in Schweizer Privatbanken-Kreisen weit herum bekannt war, dass ‹Swiss Bank A› (gemeint ist Wegelin) neue, nicht deklarierte Konten für US-Steuerzahler eröffnen» würde. Meistens landeten die Kunden in der Zürcher Filiale mit dem zuständigen Wegelin-Partner H.

Im Unterschied zur ebenfalls bedrängten CS und weiteren Banken stärkt Hummler den betroffenen Kollegen den Rücken. Alle würden «an Bord» bleiben, sagt der Wegelin-Chef. «Wir sind gemeinsam in die Krise geraten und werden diese gemeinsam bewältigen.» Dass Wegelin die Risiken bei ihrer Jagd auf US-Kunden sträflich in den Wind geschlagen habe, lässt Hummler nicht gelten. Es habe ein Paradigmenwechsel stattgefunden.

Abseits vom konkreten Fall Wegelin findet Hummler zur früheren Angriffslust zurück. «Es heisst jetzt überall, wir Banken hätten die Schweiz ins Elend geritten. Das finde ich unsäglich. Machen etwa wir die Gesetze? Sind wir die Aufsicht?» Wegelin habe sich immer an Schweizer Regeln und Gesetze gehalten. Nur würde das heute offenbar niemanden interessieren.


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