Wegelin-Banker von USA verurteilt

Kundenberater wurde vom FBI in eine Falle gelockt und am Flughafen Miami festgenommen. SonntagsZeitung, 6. März 2011

Auch die renommierte Sankt Galler Privatbank Wegelin ist ins Fadenkreuz der US-Justizbehörden geraten. Recherchen der SonntagsZeitung haben ergeben, dass im vergangenen Oktober der damalige Wegelin-Direktor D. S.* am Flughafen Miami verhaftet worden war. Er hatte nach den vorgelegten Beweisen die versuchte Geldwäscherei gestanden und wurde dafür verurteilt.

Am 27. Oktober 2010 durfte D. S. die USA verlassen und heimreisen. Der Fall des 41-jährigen Vermögensverwalters, der nach einer ordentlichen Entlassung seit einer Woche nicht mehr bei Wegelin angestellt ist, zeigt exemplarisch, wie die USA Jagd auf vermutete Komplizen von Finanzbetrügern machen. Gleichzeitig wird damit publik, wie die Amerikaner das Geständnis gegen den Schweizer Privatbanker nutzen, um Wegelin im US-Offshore-Feldzug anzugreifen.

D. S., zweifacher Familienvater, wohnhaft oberhalb des Zürichsees und angefressener Sportler, stiess 2005 von der Zürcher Bank Vontobel, wo er das Karibik-Geschäft auf den Cayman Islands leitete, zu Wegelin. Für deren Zürcher Ableger baute S. das erste Offshoreteam auf. Dieses fokussierte auf die Beratung vermögender Ausländer.

Die Gattin des US-Partners war Teil der verdeckten Operation

Einer seiner Geschäftspartner war Stefan S.*, ein Anwalt mit Operationsbasis Miami in Florida. Er versprach seinen Kunden Finanzstrukturen zum «Vermögensschutz», wie dies der Deutsche nannte.

Der Wegelin-Banker brachte Kunden, Anwalt S. zimmerte Strukturen – die typische Aufgabenteilung in der alten Steuerparadieswelt. Das ging gut, bis der Anwalt auf dem Radar der US-Fahnder landete und mittels verdeckter Operationen zur Strecke gebracht wurde. Im Herbst 2009 packte er unter anderem über einen internationalen Grossbetrüger namens Helmut Kiener aus. Der sollte dem Wegelin-Direktor zum Verhängnis werden. Laut «Le Temps» wurde D. S. als Partner von Stefan S. erwähnt, die Amerikaner hatten ihn bereits im Visier.

Nun wurde der Banker zum Gejagten. In London sollte er in die Falle tappen. Im Februar und Juni 2010 traf er die Frau von Anwalt S., die sich begleiten liess. Die Gattin war Teil einer verdeckten FBI-Operation, durchgeführt von Scotland Yard, bei der unter anderem versteckte Kameras zum Einsatz kamen. Sogar der Begleiter war ein Geheimagent.

Im Oktober durfte der Wegelin-Banker an einen Kongress auf den Bahamas. Keinen Fuss auf US-Boden, lautete die Weisung. Beratung in den USA ohne Lizenz war hochriskant, das wusste Wegelin. Doch kurz vor der Reise buchte S. um. Statt London als Umsteigeort nach Nassau wählte er Miami. Dahinter steckte wiederum die Ehefrau von Stefan S., die den Schweizer mit Aussicht auf spannende Kundenkontakte lockte. Stattdessen nahmen ihn nach der Landung zivile FBI-Agenten fest.

Das Resultat war unbefriedigend für die US-Behörden: D. S. hatte wenig Brisantes auszusagen. Er solle wie geplant an die Nassau-Konferenz und von dort brauchbare Informationen mitbringen, wies ihn das FBI daraufhin an. Die Wegelin-Zentrale erfuhr von der Verhaftung. «Wir riefen ihn an und sagten ihm, er müsse sich einem US-Verfahren stellen, er habe ja nichts auf dem Kerbholz», sagt David Zollinger, Wegelin-Geschäftsleitungsmitglied und Ex-Wirtschafts-Staatsanwalt in Zürich, gegenüber der SonntagsZeitung. «Da beichtete er die zwei Londoner Treffen, mit denen ihn die USA nun belasten könnten.» Was blieb als Alternative? Früher oder später hätten die USA den Banker S. erwischt. So flog dieser von Nassau zurück nach Miami, wurde eine Woche lang vom FBI zu Geldwäscherei-Vorwürfen in die Mangel genommen und landete schliesslich bei der US-Steuerbehörde IRS. «Wir können nicht ausschliessen, dass wie gegen alle Banken mit US-Kunden auch bei uns ein Verfahren wegen Mithilfe zu Steuerdelikten geprüft wird», sagt Zollinger.

Jetzt arbeitet Wegelin sein Offshoregeschäft aktiv auf

Nach seiner Verurteilung Ende Oktober flog S. heim, wo ihm Wegelin auf Ende Februar kündigte. Begründung: S. hätte keine Kunden im Ausland beraten und nicht in die USA fliegen dürfen. Banker S. bestätigt die Verhaftung. «Ich bin in eine US-Kontrolle geraten und wurde wieder laufen gelassen. Es ging um Fragen zu einem anderen Fall. Meiner ist erledigt.» Laut Zollinger hat Wegelin die Schweizer Behörden informiert. «Die Gewährsfrage stellt sich nicht, die kommt nur bei obersten Funktionsträgern zur Anwendung.» Aber Wegelin habe den Fall von D. S. zum Anlass genommen, «unser US-Offshoregeschäft aktiv aufzuarbeiten.» Ein Finma-Sprecher wollte sich nicht zum Fall des Wegelin-Bankers äussern.

Der Wegelin-Direktor steht vor der schwierigen Frage, ob er sich der Urteilsverkündung in den USA stellen soll.


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