USA gehen aufs Ganze

Behörden beenden Verhandlungen über Steuerdeal mit Michael Ambühl. SonntagsZeitung, 17. Juli 2011

Vor zwei Wochen schickten die USA ein kurzes Schreiben nach Bern. Darin teilten sie dem Staatssekretär für internationale Finanzfragen, Michael Ambühl, mit, dass sie kein Interesse an Verhandlungen über ein Global Settlement zur Beendigung des Steuerkriegs hätten. Das sagt eine Quelle mit Insiderwissen. Ambühl-Sprecher Roland Meier erklärt nur, dies sei möglich: «Wir möchten es weder bestätigen noch dementieren.»

Am Freitag wurde bekannt, dass die USA der Credit Suisse die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Bank mitgeteilt hatten. Es geht um Beihilfe zur Steuerhinterziehung mit US-Kunden und CS-Konten. Ein CS-Sprecher sagte, die Credit Suisse würde mit den USA kooperieren. Eine Sprecherin des US-Justizministeriums lehnte eine Stellungnahme ab. Die Berner Finanzaufsicht sagte nichts.

Mit der Eskalation steht die CS einen Schritt vor der Anklageerhebung. Zuvor hatte die Bank Auskunft über mögliche Delikte ihrer Kunden und Mitarbeiter zu erteilen. «Was die USA damit sagen, ist: Wenn wir das Problem nicht einvernehmlich lösen können, dann nehmen wir halt eine Bank nach der anderen ins Visier. Zuerst die CS, dann die nächste», sagt William Sharp, ein Steueranwalt aus Tampa in Florida mit US-Kunden von Schweizer Banken.

Die CS sei nun gleich weit wie die UBS im Herbst 2008. Damals ging den USA eine erste Offenlegung von Kunden zu langsam, und sie klagten einen UBS-Topshot an. «Amerika könnte die Lage heute gleich einschätzen», meint Sharp, der einen engen Draht zu den US-Ermittlern pflegt.

Der Druckversuch führte drei Monate später zu einer aufgeschobenen Strafklage gegen die UBS und zur Offenlegung von 250 US-Steuersündern am Bankgeheimnis vorbei.

Gemäss «Herald Tribune» begannen die Ermittlungen gegen die CS und die englische HSBC 2008, weil die USA dort rund 30 Milliarden Dollar von US-Steuersündern vermuteten. Anfang dieses Jahres wurde ein CS-Kundenberater in New York verhaftet. Laut einem Schweizer Anwalt geschah das, als der Berater mit seinem Vorgesetzten, dem CEO der CS Private Advisors, im Luxushotel Waldorf Astoria eincheckte. Am Donnerstag soll der Berater vor einen US-Richter.

ZKB-Kundenberater: «Den Bankern schlottern die Knie»

US-Chefermittler ist wie im Fall UBS Kevin Downing. «Downing und das Justizministerium halten einen wertvollen Datenschatz in den Händen», sagt Anwalt Sharp. Downing kennt Namen und Methoden aus zwei Selbstanzeigeprogrammen für US-Steuersünder.

Diese können bei vollständiger Transparenz auf eine reduzierte Strafe hoffen. Die meisten legen Treffen mit ihren Schweizer Bankern offen. «Den Bankern schlottern die Knie», sagt ein Zürcher Kundenberater mit Kontakten zu Julius Bär, Zürcher Kantonalbank und Bank Wegelin. «Alle fürchten ein US-Verfahren.» Wegelin-Partner Konrad Hummler sagte am Freitag, das Problem der US-Angriffe betreffe den ganzen Finanzplatz. Wegelin hält offenbar eigene US-Anwälte bereit für den Fall einer Eskalation.

Laut einem Reuters-Bericht pochen die USA nicht nur auf Geld und weitere Namen von US-Steuersündern, sondern sind vor allem nicht bereit, auf zukünftige Klagen gegen Banker und Banken zu verzichten.

Der Spielraum der Schweiz ist begrenzt. Einen weiteren Staatsvertrag à la UBS würde der Bundesrat im Wahljahr kaum durchs Parlament bringen. Entsprechend müssen weitere Datenlieferungen nach altem Recht erfolgen. Dieses verlangt dafür mehr als nur Steuerhinterziehung.


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