Im Schattenreich von Swiss Banking

US-Anklagen gegen CS-Banker geben Einblick in ein ausgeklügeltes Steuerhinterziehungssystem. SonntagsZeitung, 24. Juli 2011

Schweizer Offshore-Banker, die im US-Steuerkrieg angeklagt sind, bildeten ein enges Netzwerk. Man kannte sich, arbeitete zusammen, vermittelte Kunden, zog von Bank zu Bank.

Die hundertköpfige Truppe wurde vom Management von UBS, Credit Suisse, Julius Bär und weiteren Schweizer Banken mit Boni, Reisen und Spesen bei Laune gehalten. Andy Bachmann und Beda Singenberger, beide angeklagt und zur Fahndung ausgeschrieben, stehen für diese Praxis.

Bachmann begann seine Laufbahn bei der UBS, wo er auch seine Lebenspartnerin kennen lernte. Der Banker zog in den 90er-Jahren zur Fides, einer Vermögensverwaltungs-Tochter der Credit Suisse, bis er 2004 zur Neuen Zürcher Bank (NZB) wechselte. Dort traf er auf einen früheren UBS-Banker, der ab 2002 das Geschäft mit nicht versteuernden Amerikanern statt für die in den USA exponierte Grossbank bei der vermeintlich sicheren Privatbank weiterbetreiben wollte.

Als der UBS-Steuerfall die NZB mitriss, machte sich Bachmann 2009 mit vier Kollegen aus UBS-Zeiten selbstständig. Ihre Firma EVT Partners baute auf einer Kundenbasis mit vielen nicht versteuernden Amerikanern auf. Das Kürzel EVT stand für «Ethics, Value and Transparency».

184-Millionen-Klage gegen den «König der Strukturen»

Viele US-Offshore-Kunden von EVT Partners meldeten sich im ersten Selbstanzeigeprogramm bei den US-Steuerbehörden und legalisierten ihr Schwarzgeld. Um diese weiter betreuen zu können, gründeten Bachmanns Kollegen eine Zweitfirma mit US-Lizenz. Bachmann blieb mit dem restlichen US-Schwarzgeld zurück. Nun hat es ihn erwischt.

So wie Beda Singenberger, laut Bankern der «König der Strukturen». Die USA werfen ihm Betrug über 184 Millionen Dollar vor – bisher einsamer Rekord im US-Steuerkrieg. Aus einem unauffälligen Büro mit goldenem Türschild in einem Zürcher Mittelklassquartier baute Singenberger Scheinfirmen in der Karibik, Hongkong und anderen Plätzen auf mit dem Ziel, dass der wahre Begünstigte vor den US-Steuerbehörden geschützt blieb.

Pro Struktur verrechnete Singenberger geschätzte 5000 Dollar, hinzu kamen Jahresgebühren in ähnlicher Höhe. Seine Sinco Treuhand dürfte Hunderte solcher Vehikel betrieben haben. Der Treuhänder mit Zweitpass aus Panama habe in seinem Zürcher Stammlokal von mehreren Millionen geprahlt, die er allein an Steuern jährlich bezahlen würde, sagt ein Zürcher Banker.

Singenbergers Struktur-Maschine lief wie geschmiert, mit eigener Immobilienfirma, über die US-Schwarzgeld in Schweizer Häuser investiert wurde, und Gesellschaften, die nur dem Schein nach die Begünstigten waren und so die wahren Besitzverhältnisse verschleierten.

Die UBS war Singenbergers beste Kundin, an zweiter Stelle folgte die CS. Als die UBS zum heissen Pflaster wurde, verschob der Treuhänder viele US-Kundenvermögen zu einer «Swiss-Liechtenstein Bank», wie die USA in ihrer Anklage gegen Singenberger behaupten. Diese ist mit 41 Seiten nur sechs Seiten kürzer als jene gegen die acht Banker und Treuhänder, die von den USA direkt mit der CS verlinkt werden.

Ein Sohn Singenbergers war bis 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) tätig. In der Singenberger-Anklage taucht zudem erstmals eine «Swiss Cantonal Bank» auf, bei der es sich möglicherweise um die Zürcher Kantonalbank (ZKB) handelt.

Wie andere Banken hatte die ZKB im Frühling 2008 um US-Kunden gebuhlt, als der UBS-Steuerfall publik wurde. Die Amerikaner wollten rasch weg von der Grossbank, weil diese mit den USA kooperierte. Die ZKB soll Berater mit hohen Handgeldern zu sich gelockt haben, heisst es in der Branche. Die Bank betont, dass sie keine Kenntnis von US-Ermittlungen gegen sie hätte. Die LLB ist bisher nicht als Ziel der US-Fahnder genannt worden.

Profundes Wissen der US-Ermittler über Praktiken

Die Anklagen von dieser Woche machen deutlich, wie profund das Wissen der USA über die im Hinterhof von Swiss Banking praktizierten Kniffs mittlerweile ist. Dank Tausenden von Selbstanzeigen dürften die US-Ermittler heute besser Bescheid wissen über die involvierten Banker und Banken als die Institute selbst und deren Berner Aufsichtsbehörde.

Sowohl Singenberger als auch Bachmann liessen Anrufe unbeantwortet. Ein CS-Sprecher sagte, die Bank kooperiere mit den USA, um «in dieser Angelegenheit eine Lösung zu finden».

Kommentare

  1. Habe vom 1.September 2001 bis 30 April 2003 bei Sinco „gearbeitet“ und empfinde diesen Bericht als zu wohlwollend.

  2. Ach ja, hatte die Ami Kundschaft betreut


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