Fix und fertig

Die Erhöhung der Fixgehälter rächt sich: Weil in der Krise die Lohnkosten nicht mehr automatisch sinken, bleibt den Banken oft nur ein Stellenabbau als Ausweg. Handelszeitung, 24. November 2011

Banker haben nichts zu lachen. Die UBS baut 3500 Stellen ab, die Credit Suisse streicht 3500 Arbeitsplätze. Julius Bär reduziert ihrerseits 150 Stellen. Und wenn sie die Basler Privatbank Sarasin kaufen sollte, droht dort ein regelrechtes Blutbad.

Es ist zappenduster auf dem Schweizer Finanzplatz geworden, was die Jobsituation angeht. Ein Faktor macht der Branche dabei besonders zu schaffen: Seit der grossen Finanzkrise von 2008 verlangen die Aufsichtsbehörden überall auf der Welt mehr Fixlöhne auf Kosten der Boni. Die Verschiebung der beiden Teile in den Lohntüten führt dazu, dass es für die Banken nicht mehr so einfach ist, sinkende Einnahmen rasch mit sinkenden Boni aufzufangen.

Die CS bestätigt die Entwicklung. „Höhere Fixlöhne haben unsere Flexibilität bei der Steuerung der variablen Lohnkosten reduziert.“ Wie direkt sich das auf die Jobreduktion auswirkt, sei schwer bezifferbar. Effizienzmassnahmen verbunden mit Stellenabbau seien notwendig, um in einem schwierigen Umfeld eine starke Wettbewerbsposition zu behalten.

Gerade bei der CS lässt sich anhand weniger Kennziffern aufzeigen, wie stark sich der Anteil der Fixlöhne am Gesamtkuchen Personalaufwand vergrössert hat. Für 2010 gab die Grossbank für fixe Gehälter, also ohne Bonus, gut 6,5 Milliarden Franken aus, während es im Jahr zuvor erst 5,3 Milliarden Franken waren. Das entspricht einem Anstieg um 23 Prozent. Genau umgekehrt sieht die Entwicklung bei den Boni aus. Summierten sich diese variablen Kosten bei der CS 2009 noch auf 6,9 Milliarden Franken, lagen sie ein Jahr später bei 5 Milliarden, entsprechend einem Minus um 28 Prozent.

Kosten steigen um 800 Millionen

Der Anteil der Fixlöhne hat sich 2010 somit von 43 auf 57 Prozent erhöht. Ein richtiggehender Sprung-mit direkten Folgen. Der für 2010 verbuchte Personalaufwand habe sich um rund 800 Millionen Franken erhöht, weil die Bank die Vorgaben des Regulators umgesetzt habe, sagt der CS-Sprecher.

In dieses Bild passt auch ein anderer Trend bei der Entlöhnung, den man mit „lieber sicher als ungewiss“ umschreiben könnte. Die CS meldete soeben Änderungen ihres Bonus-Programms für das laufende Geschäftsjahr. Diese führen dazu, dass nicht mehr ganz so viele der weltweit 50 000 CS-Mitarbeiter Teile ihres Bonus zwingend in CS-Aktien beziehen müssen. Bisher wurde alles, was über 50000 Franken Bonus lag, in einem aktienbasierten Plan auf vier Jahre hinaus zurückbehalten. Neu liegt die Schwelle bei 250000 Franken Gesamtentschädigung und einer Auszahlungssperre von drei Jahren. Laut der Bank seien neu nur noch 10000 statt wie bisher 12000 Mitarbeiter vom Bonus-Rückbehalt betroffen.

Die CS gilt traditionsgemäss als stark von der Investment-Banking-Mentalität geprägt, mit entsprechend hohem Anteil der erfolgsabhängigen Lohnkomponenten. Das trifft grosso modo auch für die UBS zu. Dort ist der Anteil der Fixlöhne an der Gesamtkompensation jedoch zuletzt gesunken, und zwar von 72 Prozent im Jahr 2009 auf noch 63 Prozent 2010. Grund für diese gegenläufige Entwicklung sind zurückbehaltene Boni aus früheren Jahren, die im Fall der UBS im zurückliegenden Jahr zu deutlich gestiegenen variablen Lohnkosten führten.

Viel weniger ins Gewicht fallen die Boni hingegen bei Privatbanken. So etwa bei der Zürcher Julius Bär. Der Rückgang bei den variablen Gehältern spiele keine zentrale Rolle im laufenden Kosten-Sparprogramm, heisst es dort. Laut einem Sprecher habe Julius Bär als reine Privatbank „nie exzessive Boni bezahlt“, weshalb der variable Lohnanteil auf die Zahl des Stellenabbaus entsprechend keinen Einfluss habe.

Das mag für das Personal stimmen, nicht aber für die Spitze. Bär-Chef Boris Collardi verdiente 2010 insgesamt 7,9 Millionen Franken. Der Löwenanteil, nämlich 6,9 Millionen, entfällt auf den Bonus. Abgesehen vom Gesamtsprung um sagenhafte 39 Prozent sticht der hohe und risikofrei eingestrichene Cash-Bonus Collardis ins Auge. Der erst 37-Jährige hat für seine Leistung im letzten Geschäftsjahr 3 Millionen Franken bar auf die Hand ausbezahlt erhalten. Das ist gleich viel, wie sich der damalige UBS-Chef Oswald Grübel überweisen liess. Während Grübel aber für immerhin 65000 Mitarbeiter verantwortlich war, führt Collardi rund 3600 Angestellte.

Stagnation im Mittelbau

Die nach wie vor sehr hohen Entschädigungen für die Chefs der Banken sind Wasser auf die Mühlen der Gewerkschaft. Denise Chervet, Chefin des Banken-Personalverbands, warnt schon mal prophylaktisch vor allfälligen Einschnitten bei den Fixlöhnen. Es dürfe „nach dem grossen Einsatz der Bankangestellten in diesem Jahr“ nicht zu Lohnkürzungen bei den fixen Salären kommen, meint die Verbandsfrau. Denn mehr „fix“ treffe keineswegs für sämtliche Mitarbeiter zu. Im Gegenteil, man stelle „eine Stagnation der Fixlöhne im Mittelbau der Banken“ fest. „Dies darf sich jetzt nicht noch verschlechtern, da der Fixlohn jener Salärbestandteil ist, mit dem Bankangestellte ihr Budget planen“, sagt Chervet.

Der angekündigte Kampf um die Fixlöhne trifft die Branche in einem schwierigen Moment, sagt Patrick Schwaller von Ernst& Young, einer Revisionsgesellschaft mit starker Kundenbasis in der Finanzindustrie. Die bisherige „Variabilität der Vergütungssysteme hat den befürchteten Stellenabbau etwas reduziert“, sagt der Experte, und zwar, indem „statt Stellen zuerst Kompensationen reduziert“ worden seien. Doch nun seien viele Banken durch die Fixlohn-Erhöhungen eingeschränkt, was den „ausgleichenden Effekt von variablen Lohnbestandteilen“ angehe.

Deshalb, so Schwaller, sei „durchaus mit weiteren Kapazitätsanpassungen zu rechnen“. Konkret: Es drohen weitere Entlassungen, und damit eine gefährliche Abwärtsspirale. Die Banken müssen wegen regulatorischen Vorgaben den Bonus-Anteil reduzieren und kompensieren dies durch höhere Fixsaläre.

Dadurch aber manövrieren sie sich in ein starres Kostenkorsett, das ihnen nun, mitten in der Krise, im Weg steht. Weil die Basisgehälter für die Personalverbände heilige Kühe sind und unter dem Schlagwort Besitzstandswahrung durch alle Böden verteidigt werden, greifen die Arbeitgeber zur Job-Axt. Aus einer vermeintlich sinnvollen Regulierung wird ein schädlicher Bumerang.

Gibt es also keine Alternative zu den verpönten Boni? Marco Bosshardt von Bosshardt und Partner, einem auf die Finanzindustrie spezialisierten Personalvermittler in Zürich, schlägt eine noch viel radikalere Abkehr von der Bonus-Kultur vor. „Mit dem normalen Salär ist der Anspruch auf eine gute Leistung verknüpft“, begründet er. „Einen Bonus braucht es eigentlich nicht mehr.“ Den Einwand der Branche, dass dann die besten Teams zur Konkurrenz flüchten würden, lässt der Headhunter nicht gelten. Das möge zwar in London und New York zutreffen, nicht aber auf dem auf die Vermögensverwaltung fokussierten Schweizer Finanzplatz.

Sollen aber weiterhin Boni fliessen, plädiert der Stellenvermittler für eine faire Verteilung des erwirtschafteten Gewinns. Ein Drittel soll in die Reserven für schwierige Zeiten fliessen, ein Drittel solle den Eigentümern zukommen. Das letzte Drittel schliesslich sei den Mitarbeitern zuzuteilen, und zwar gleich viel pro Kopf. „Das würde in guten Jahren einige Tausend Franken für alle statt viele Millionen für ein paar wenige ergeben.“


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