CS sucht Deal mit US-Justiz

Credit-Suisse-Anwälte in Washington verhandeln wegen Bereinigung der Schwarzgeld-Sünden. SonntagsZeitung, 27. Februar 2011

Strafanklagen gegen drei frühere und einen aktuellen Mitarbeiter sowie ein verhafte- ter Manager: Offiziell klammert sich die Grossbank Credit Suisse an die mit den USA abgesprochene Sprachregelung. «Wir kooperieren mit den Behörden und halten fest, dass die Bank nicht angeklagt und auch kein Ziel dieser Untersuchung ist», gibt CS-Sprecher Andres Luther diese wieder.

Was nach Gelassenheit klingen soll, stellt sich bei einem Blick hinter die Kulissen als fiebrige Nervosität heraus. Hinter den Kulissen steht die Grossbank mit den US-Behörden in direkten Verhandlungen, wie ein CS-Manager bestätigt. Die Gespräche werden von CS-Anwälten, die in Washington stationiert sind, und den Spitzen des Rechtsdiensts in der Zürcher Zentrale geführt. Auf der Gegenseite sitzen Beamte des US-Justizministeriums – des Department of Justice (DoJ) – und der Steuerbehörde IRS.

Laut der Quelle hat die Bank vor einiger Zeit eine US-Anwaltskanzlei für mögliche Verhandlungen angeheuert. Im Zentrum der Unterredungen steht eine Entschädigung der USA wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch CS-Mitarbeiter.

CS-Repräsentanz hat offenbar systematisch US-Recht verletzt

Ob sich die USA mit einer Busse zufriedenstellen lassen oder ob Kundendaten geliefert werden müssen, ist unklar. Sollte Letzteres der Fall sein, könnte ein zweiter Staatsvertrag wie bei der UBS auf den Tisch kommen. Im UBS-Vertrag ist das Szenario einer Ausweitung explizit erwähnt.

Die jahrelange CS-Praxis im US-Offshore-Geschäft macht jedenfalls eine weitere Eskalation möglich. Diese Praxis legt nahe, dass die Schuld nicht allein auf fehlbare CS-Mitarbeiter geschoben werden kann.

Die 1997 gegründete CS-Repräsentanz in New York zur Betreuung von US-Kunden, die Gelder in der Schweiz und anderen Offshore-Paradiesen anlegen wollten, hat offenbar systematisch gegen US-Gesetze verstossen. Dies geht zumindest aus der US-Anklage gegen die vier CS-Mitarbeiter hervor.

Das Büro logierte damals in einer CS-Tochterfirma an 100 Wall Street im Süden Manhattans. In der Anklage wird ein CS-Mitarbeiter zitiert, wonach «möglicherweise unsere Leute in 100 Wall Street weiterhelfen könnten». Ziel war ein Geldtransfer aus der Schweiz in die USA. Die Hilfe der Repräsentanz wurde nötig, um das geheime Schweizer Konto nicht offenzulegen. Roger S., einer der vier Angeklagten, war der Ansprechpartner der US-Kunden mit unversteuerten Geldern in der CS-Repräsentanz.

Gemäss Anklage traf sich S. von 2003 bis 2008 «periodisch» mit einem Kunden in der CS-Repräsentanz, um «die Entwicklung der nicht deklarierten Konti» in der Schweiz zu diskutieren. S. hatte keine Lizenz für Finanzberatungen.

Der ebenfalls angeklagte Emanuel A., der zuvor bei der UBS zum US-Offshore-Team gehörte, traf sich gemäss Anklage im Jahr 2002 mit zwei US-Kunden sowie S. in der CS-Repräsentanz mit dem Ziel, bei der Grossbank ein «nicht deklariertes Konto» zu eröffnen. Einen dieser Kunden traf Emanuel A. zudem in Zürich, um ein Konto «im Namen einer Stiftung in einem Steuerparadies» zu eröffnen.

Das Büro in New York war «keine Akquisitionsmaschine»

Der CS-Repräsentant S., welcher die Bank verlassen hat, wollte keine Stellung nehmen zu den Vorwürfen. Berater Emanuel A. sagte auf Anfrage, das Büro in New York sei «keine Akquisitionsmaschine» gewesen. «Man hat dort Kunden getroffen, aber nichts Verrücktes mit ihnen unternommen.»

Ein Zürcher Banker sagte mit Bezug auf einen CS-Manager, die Zürcher Verantwortlichen hätten über die Aktivitäten ihrer New Yorker Repräsentanz Bescheid gewusst.

Die CS hatte je ein US-Offshore-Team in Zürich und Genf. Die Anklage spricht von 3 Milliarden Dollar unversteuerten Vermögen. Laut Insidern war die CS aber rund halb so gross wie die UBS. Dort verwalteten 50 Berater Vermögen über rund 20 Milliarden Dollar. Die CS nennt keine Zahlen.

Als der UBS-Steuerbetrug im Frühling 2008 publik wurde, schickte die Credit Suisse offiziell unversteuerte US-Kunden zwecks Selbstanzeige zu Anwälten. Nach einem Meeting in Genf mit dem ebenfalls angeklagten CS-Berater Marco P. und einem weiteren CS-Banker empfahl ein hinzugezogener Schweizer Anwalt jedoch gemäss Anklage statt Selbstanzeige eine Struktur, falls der Kunde sein Schwarzgeld weiter versteckt halten möchte.

Marco P., der noch bei der CS arbeitet, lehnte eine Stellungnahme ab.

Ein Programm regelt, was in jedem Land erlaubt ist

Die CS verweist auf strikte Vorschriften. «Wir waren die Ersten, die die Risiken in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung erkannt und angepackt haben», sagt Sprecher Andres Luther. 2004 habe man ein besonders strenges Programm eingeführt. «Dieses läuft heute unter dem Namen ‹Crossborder-Plus› und regelt pro Land detailliert, was erlaubt und was verboten ist.»


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