Clariden Leu: Lange Suche

Viele Absagen zur Nützi-Nachfolge. SonntagsZeitung, 13. März 2011

Der Wachablösung bei der Clariden Leu ging eine lange Suche nach externen Kandidaten voraus. Quellen berichten mit Bezug auf Kreise der Mutter Credit Suisse (CS), dass für CEO Hans Nützi, 57, längst eine Alternative gesucht wurde. Clariden-Leu-Präsident Peter Eckert bestätigt indirekt: «Dass man sich im VR im Voraus Gedanken über den passenden CEO macht, ist doch normal», sagt er der SonntagsZeitung.

Im Sommer klingelten bei erfahrenen Bankmanagern die Handys, am Draht ein Headhunter. Sein Angebot: der Chefposten einer Bank mit knapp 100 Milliarden Franken verwaltetem Vermögen.

Doch der Vermittler kassierte Absagen. Viele hätten die fehlende Strategie und mangelnde Erfahrung von Präsident Eckert kritisiert, sagt eine Quelle. Soll Clariden Leu ins Mutterhaus integriert werden, einen Börsengang wagen oder verkauft werden, fragten manche Kandidaten erfolglos nach.

Präsident Eckert, ein Ex-Zürich-Versicherungsmann, sieht keinen strategischen Handlungsbedarf. «Kosteneffizienz dank Mutter Credit Suisse, Boutique-Charakter dank eigenständigem Auftritt – an diesem perfekten Mix ändern wir gar nichts.»

Clariden Leu entstand 2007 aus den gleichnamigen Privatbanken plus drei weiteren CS-Töchtern und brachte damals noch 130 Milliarden verwaltetes Vermögen auf die Waage.

Olivier Jaquet sagt noch nicht, wohin die Reise geht

Das Problem sei die Abhängigkeit von der CS, meint ein Zürcher Privatbanker. «Clariden Leu muss für die eigene Produktentwicklung immer zur Mutter.» Wegen tieferer IT-Stückkosten liege das im CS-Interesse.

CS-Private-Banking-Chef Walter Berchtold hat bei Clariden Leu das letzte Wort. Er soll erst nach den Absagen mit der internen Suche begonnen haben, sagt eine Quelle.

Das Rennen machte nun Jurist Olivier Jaquet. «Nützi hat aufgeräumt, doch die Bank ist zu mehr fähig», sagt Clariden-Leu-Präsident Eckert zum Auftrag. «Das muss nun Nachfolger Jaquet beweisen.»

Jaquet, 41, ist im Nebenamt VR einer Gesellschaft seiner Familie und seit 1999 bei der CS. Ab 2006 war er Chef der CS Trust, die Strukturen für CS-Kunden baut, darunter umstrittene Versicherungswrappers, mit denen einfach Schwarzgeld versteckt werden konnte.

Am Donnerstag trat er vor die Clariden-Leu-Mannschaft. «Er sagte Dinge wie ‹Die schöne Offshore-Welt mit Kundenbesuchen, Espressi, dann tollem Ertrag und möglichst keinem Kundenkontakt mehr ist vorbei›», berichtet ein Anwesender. «Er kam gut an.»

Jaquet, Ex-Weltmeister im Degenfechten, sagt, er wolle im Heimmarkt zulegen. «Clariden Leu wird verstärkt Kunden in der Schweiz akquirieren wollen, schliesslich sind wir hier zu Hause.» Er sei «ganz klar kein CS-Abgesandter, der die Tochter ans Mutterschiff heranführen soll». Wohin aber die Reise gehe, werde «erst nach meiner Einarbeitungszeit ein Thema».


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