UBS verhandelte mit HSBC über Verkauf

Als eine Übernahme drohte, bewilligte der Bundesrat die Milliardenrettung. SonntagsZeitung, 6. Juni 2010

Der GPK-Bericht zum UBS-Drama enthüllt, dass im schwarzen Herbst 2008 ein Verkauf der UBS ins Ausland geprüft wurde. Am 2. Oktober habe sich der Bundesrat «gegen die Idee einer Übernahme der UBS durch eine ausländische Bank» ausgesprochen, steht im 370-Seiten-Papier.

Um welche Bank es sich handelte und von wem die Idee stammte, blieb unbekannt. Wie die SonntagsZeitung erfahren hat, ging es beim möglichen Käufer um den englisch-asiatischen Finanzmulti HSBC. Die UBS wollte keine Stellung nehmen.

UBS-Verwaltungsräte führten Ende September 2008 Verkaufsgespräche mit der HSBC. Der unerwartete Bankrott der Investmentbank Lehman Brothers am 15. September hatte die Lage für die UBS und weitere angeschlagene Grossbanken verschärft. Gemäss Recherchen prüfte die damalige UBS-Führung unter Peter Kurer und Marcel Rohner auch eine Abspaltung der Investmentbank, an der die britische Barclays Interesse gezeigt hatte.

Staatliche Rettung galt zunächst als falsches Signal

Die Aussagen verdeutlichen die dramatische Zuspitzung der Lage im Herbst 2008. Bund und SNB hatten bereits im März eine staatliche Rettung der Grossbank geprüft. Dies würde «als klares Zeichen für die Ernsthaftigkeit der Lage angesehen» und «könnte die Situation sogar noch verschlimmern», befanden die Verantwortlichen damals. Als die UBS 16 Milliarden Franken Neukapital erhielt, sprach die Bankenaufsicht von einer «Zitterpartie».

Dann kollabierte Lehman, und die UBS wurde in Finanzkreisen als nächstes Opfer gehandelt. Finanziell ausgeblutet und von ihren Subprime-Lasten erdrückt, wurde sie zum Spielball von Konkurrenten und Hedgefonds. Am 25. September 2008 meldete Reuters unbestätigte Übernahmegespräche mit HSBC. Die einst als besonders vorsichtig geltende Bank brauchte dringend eine Retterin.

Die Engländer sassen am längeren Hebel. Die UBS wäre wohl zerlegt und ausgeweidet worden. HSBC hatte es vermutlich auf das starke Schweiz-Geschäft und das rentable Privatebanking abgesehen, während sich Barclays vor allem für das UBS-Aktiengeschäft interessiert haben dürfte. Der Rest der 25 000 Mitarbeiter zählenden UBS-Investmentbank wäre wohl untergegangen.

Hohe Manager der englischen Angreifer, zu denen Schweizer Journalisten damals leichten Zugang fanden, malten in vertraulichen Gesprächen ein düsteres Bild von der UBS. Gut möglich, dass sie mittels kritischer Artikel den Preis der Schweizer zu drücken versuchten.

Subprime-Positionen wären kaum übernommen worden

Dass HSBC und Barclays die maroden Subprime-Positionen der Schweizer übernommen hätten, ist unwahrscheinlich. Schon bei Lehman Brothers wollte Barclays die faulen Papiere der US-Investmentbank nicht erwerben. Die USA liessen Lehman schliesslich fallen und retteten damit alle übrigen Grossbanken: Ein weiterer Crash à la Lehman war undenkbar geworden. Nun waren alle Staaten gefordert, ihre maroden Banken selbst zu stabilisieren.

Die UBS-Spitze konnte aufatmen, der Verkauf an HSBC mit folgender Aufspaltung war vom Tisch. Als am 2. Oktober 2008 eine «staatliche Intervention unausweichlich» (GPK) geworden war, gab der Bundesrat grünes Licht für die grösste Rettungsaktion der Schweiz. Interessanterweise war das resultierende Milliarden-Darlehen der SNB nur dann à fonds perdu, wenn bei der UBS «kein Kontrollwechsel» stattfände. Von englischen Übernahmegelüsten hörte man nichts mehr. Für die UBS-Verantwortlichen war die Rechnung aufgegangen: Einerseits hatte die Schweiz sie von den Subprime-Lasten befreit, andererseits blieb die Bank vor Attacken geschützt. Ein Neustart als unabhängige Grossbank mit bonusgetriebenem Handel wurde möglich.


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