Schlicht die beste Lösung

Nayla Hayek vertrat gegenüber ihrem Vater deutlich eigene Positionen. SonntagsZeitung, 4. Juli 2010

Nicolas G. Hayek baute seine Swatch-Gruppe Zug um Zug zum Uhren-Weltimperium aus. Auch die Zeit nach ihm leitete der am letzten Montag Verstorbene wie ein Schachspieler ein, der seinem Gegner mehrere Züge voraus ist.

Der zu Lebzeiten zur Legende gewordene Unternehmer, dessen Wirken gestern an einer Gedenkfeier gewürdigt wurde (siehe Seite 8), hatte erst vor wenigen Wochen seine Tochter Nayla, 59, als zweite Swatch-Vizepräsidentin in Stellung gebracht.

Hayeks Schachzug blieb weitgehend unbemerkt. Stattdessen konzentrierte sich die Öffentlichkeit auf Naylas charismatischen Bruder Nick, 55, der seit 7 Jahren Swatch als CEO leitet.

Nick wurde ebenfalls im Frühling zusätzlich zum operativen Spitzenjob Mitglied des Verwaltungsrates. Bald würde er wohl den Vater als Präsidenten ablösen, wurde eifrig spekuliert.

Doch mit seiner Nachfolgeregelung überraschte Hayek sen. das Publikum ein letztes Mal. Als die acht zurückgelassenen VR-Mitglieder am Mittwochmorgen, noch einen Tag vor Hayeks Begräbnis, im engen Familienkreis über das zukünftige Präsidium berieten, stand nur Tochter Nayla zur Wahl.

Der VR habe eine rationale Diskussion geführt, sagt ihr Bruder Nick Hayek im Interview. «Zuletzt verliess meine Schwester den Raum, dann wählten wir sie einstimmig.»

Dass ausgerechnet das öffentlich am wenigsten wahrgenommene Mitglied der Hayek-Dynastie das oberste Steuer des Uhrenkonzerns übernimmt, überraschte viele. Bei Nayla Hayek stand ihr Hobby als Araberpferde-Züchterin im Vordergrund. Sie ist ausserdem die Mutter von Marc, der die Edelmarke Blancpain leitet.

Die neue Swatch-Präsidentin sollte nicht unterschätzt werden, sagt Ernst Tanner, Chef des Schokolademultis Lindt und langjähriger Swatch-VR. «Sie hat eine eigene Meinung und vertritt diese offensiv, das hat sie selbst gegenüber ihrem Vater getan.»

Auch Swatch-Vizepräsident Peter Gross begrüsst die Wahl. «Nayla Hayek ist schlicht die beste Lösung für das Präsidium.» Gross war als Generaldirektor der damaligen Bankgesellschaft an der Rettung der Uhrenindustrie beteiligt. Heute kontrollieren die Hayeks und befreundete Aktionäre mit 25 Prozent des Kapitals 41 Prozent der Stimmen. Solange der Erfolg da sei, bleibe das so. Gross: «Dieser starke Aktionärskern macht feindliche Übernahmeangriffe zu einem sinnlosen Unterfangen.»

Interview

Nick Hayek: «Ich stand gar nicht zur Verfügung»

Herr Hayek, warum überlassen Sie das Präsidium der Swatch-Gruppe Ihrer Schwester Nayla?

Ich stand gar nicht zur Verfügung, mein Job ist die Konzernleitung, das fordert mich voll. Nayla war vor kurzem zur Vizepräsidentin gekürt und vom Verwaltungsrat dazu bestimmt worden, im Notfall das Steuer zu übernehmen. Nun hat sie der VR definitiv zur Präsidentin gewählt.

Offenbar gab es VR-Mitglieder, die lieber Sie gehabt hätten.

Das ist total falsch, da hat jemand nicht sehr seriös recherchiert. Nayla wurde einstimmig gewählt, sie war die einzige Kandidatin, weil sie die Beste ist für diesen schwierigen Job.

Hatte der VR überhaupt noch etwas zu sagen?

Ja, bei uns hat der Verwaltungsrat etwas zu sagen. Wir trafen uns am Mittwochmorgen. Wir informierten über das tragische Ableben meines Vaters, waren fassungslos, trauerten. Dann machten wir uns an die Arbeit. Es gab eine rationale Diskussion um Nayla als Präsidentin. Zuletzt verliess meine Schwester den Raum, dann wählten wir sie einstimmig.

Warum ist Ihre Schwester die ideale Lösung?

Erstens weil sie im operativen Geschäft Erfahrung hat, zweitens weil sie 15 Jahre Mitglied des Swatch-Group-Verwaltungsrates war und drittens weil wir uns perfekt ergänzen. Das bedeutet ganz klar Kontinuität und Stabilität der erfolgreichen Swatch Group für die Zukunft.

Was ist an den Gerüchten dran über einen Machtkampf zwischen Ihnen und Ihrer Schwester und Arlette Emch, der Swatch-Verantwortlichen, die von Ihrem Vater gefördert wurde?

Nichts. Vermutlich wünschen sich das einige Leute in der Uhrenindustrie. Ich sehe überhaupt keinen Grund für irgendwelche Spekulationen. Unsere wichtigen Marken funktionieren alle sehr gut, Swatch inklusive. Übrigens habe ich Arlette Emch als Chefin von Swatch vorgeschlagen. Wir sind gut aufgestellt, das werden auch die Halbjahreszahlen zeigen, die wir in einem Monat publizieren.

Wer übernimmt die Leitung der Marken Breguet und Jaquet Droz, denen Ihr Vater vorstand?

Mein Neffe Marc Hayek, Naylas Sohn. Marc begleitete die beiden Marken schon bisher eng. Auch hier zahlt sich aus, was mein Vater fantastisch gut gemacht hatte. Intern liess er uns gewähren, übergab Verantwortung, auch wenn er nach aussen für vieles noch das Gesicht war.


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