Investmentbanker übernehmen das CS-Steuer

Alle neuen Top-Leute kommen aus dem umstrittenen Handelsgeschäft. Der designierte Präsident Urs Rohner steht vor einer schwierigen Aufgabe. SonntagsZeitung, 27. Juni 2010

Die CS setzt auf Investmentbanker. Zwei weitere sind in die Konzernleitung aufgestiegen, nachdem Eric Varvel, 47, zum neuen Chef der Investmentbank ernannt worden war. Zuvor hatte er den Bereich Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea) geleitet.

Sein Nachfolger wird Fawzi Kyriakos-Saad, auch er ein typischer Globalbanker, gebürtiger Libanese mit US-Mastersabschluss und Aufstieg bei den US-Bankhäusern Goldman Sachs und J. P. Morgan. Bei der CS baute er ab 2006 Russland aus. Kyriakos agiert von London aus.

Der zweite Aufsteiger heisst Antonio Quintella, ein brasilianischer Investmentbanker, seit 13 Jahren bei der CS und neuer Chef Amerikas. Quintella bleibt Brasilien-CEO und sitzt in New York.

Damit kippt die CS-Waage endgültig auf die Seite der Investmentbanker. Denn auch der Engländer David Mathers stammt von dort und löst den Schweizer Renato Fassbind als Finanzchef ab. Zuvor war Pamela Thomas-Graham Kommunikations- und Personalchefin geworden; sie arbeitete für ein US-Investmenthaus.

Nur noch 5 der 13 obersten Stellen sind von Schweizern besetzt, davon haben 2 operative Aufgaben (siehe Kasten).

Schweiz-Chef Körner heuerte bei der UBS an

Die Übermacht der Investmentbanker folgt auf die Weichenstellung von Anfang 2007, als der CS-VR vom langjährigen Grundsatz abrückte, dass der CEO Schweizer Stallgeruch haben müsse. Er wählte Brady Dougan zum Konzernchef, einen Amerikaner aus dem Investmentbanking. Nach seiner Wahl soll Dougan, heute 51, die Konzernleitung auf den Prüfstand gestellt haben, sagt ein CS-Insider. Bei drei Top-Leuten habe es Fragezeichen gegeben.

Der eine sei der damalige Schweiz-Chef Ulrich Körner gewesen, heute bei der UBS, der andere Konzernanwalt Urs Rohner, der nächsten Frühling das Präsidium der CS übernehmen soll.Körner soll die internationale Erfahrung gefehlt haben; doch die internationaler ausgerichtete Aufgabe als Chief Operating Officer, die ihm Dougan angeboten hatte, lehnte Körner ab. Er verliess die Bank im August 2008 und heuerte im Frühling 2009 beim frisch gekürten UBS-CEO Oswald Grübel an – als Chief Operating Officer.

Rohner schränkte das riskante Offshore-Geschäft ein

Bei Rohner, 51, habe das Assessment der CS-Konzernleitung laut der Quelle gezeigt, dass er eher Geschäfte verhindere, statt sie zu fördern. Insbesondere im angelsächsisch geprägten Investmentbanking zählt das «Deal-Making» zu den entscheidenden Kriterien für eine Karriere.

Rohner, ein renommierter Schweizer Wirtschaftsanwalt, stiess 2004 vom deutschen Fernsehsender Sat 1 zur Grossbank, wo er in der Folge das riskante Offshore-Geschäft einschränkte und zwei grosse Gerichtsfälle zu einem für die CS erfolgreichen Abschluss brachte. Trotzdem verliess auch Rohner überraschend die oberste operative Führung, der er ab 2006 angehörte. Im Frühling 2009 wurde er VR-Vize, 2011 wird er Präsident.

CS-Sprecher Andrés Luther lehnte eine Stellungnahme zum Assessment der Konzernleitung ab, bestritt aber, dass hinter Rohners Abschied aus der Konzernleitung eine Schwächung seiner Position gestanden habe. «Der Wechsel von Urs Rohner aus der Konzernleitung in den Verwaltungsrat entspricht der langfristigen Nachfolgeplanung der Credit Suisse», sagt Luther.

Zum Überhang von Investmentbankern in der obersten CS-Führung meinte Luther, dies sei «eine Folge der globalen Ausrichtung der Bank».

Die grosse Frage ist, ob Rohner als designierter CS-Präsident den Trend zu mehr Investmentbankern an der Spitze stoppen wird. Als Mitglied der «Too big to fail»-Expertengruppe weiss er um die Forderung der Nationalbank, die Risiken der Grossbanken im internationalen Handelsgeschäft zu beschränken. Noch aber steuert Dougan in die Gegenrichtung.

Acht Ausländer in der CS-Geschäftsleitung

Die CS-Konzernleitung besteht aus fünf Schweizern und acht Ausländern. Der Vorsitz und alle operativen Stellen ausserhalb des Heimatmarkts werden von Nicht-Schweizern besetzt. Letztes Schwergewicht mit rotem Pass ist Walter Berchtold, 48, Chef der Vermögensverwaltung. Schweiz-Chef Hans-Ulrich Meister hat als Ex-UBS-Manager weniger Einfluss. Riskchef Tobias Guldimann, IT-Chef Karl Landert und Konzernanwalt Romeo Cerutti besetzen Stabsstellen.


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