CS und Julius Bär im US-Visier

UBS-Staatsvertrag öffnet «Schleusen» für Angriffe auf Schweizer Banken. SonntagsZeitung, 16. Mai 2010

Ein Ja im Juni zum UBSStaatsvertrag sei für alle das Beste, signalisierte Finanzminister Hans-Rudolf Merz diese Woche. Was er verschweigt: Die Amerikaner dürften ein allfälliges UBSGesetz rasch für neue Amtshilfegesuche gegen andere Schweizer Banken nutzen.

Damit rechnet selbst die oberste Bankenlobby. «Es besteht die Möglichkeit, dass die Amerikaner nach Verabschiedung des UBSStaatsvertrags weitere Amtshilfegesuche auf der Basis des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens stellen», sagt BankiervereinigungsSprecher Sprecher Thomas Sutter. «Diese Gesuche könnten dann auch andere Schweizer Banken treffen, und auch da müssten die Namen der betroffenen Kunden nicht zwingend genannt werden.»

Mit ihrer Aussage wollen die Banken das Land offenbar darauf vorbereiten, dass das neue Gesetz zum Musterabkommen für die Bereinigung der nicht deklarierten Auslandsvermögen werden dürfte. Denn nach einer Zustimmung der Legislative zum UBSStaatsvertrag fehlen der Schweiz Argumente, sich gegen neue Amtshilfegesuche zu wehren, die ebenfalls weder Kundennamen nennen noch Steuerbetrug umfassen. Beides war in der alten Bankgeheimniswelt nötig.

Zwar liefe der Prozess der «Schwarzgeld»-Bereinigung gesetzlich geordnet über die Bühne, doch geopfert würden langjährige Kunden aus den USA, Deutschland und der übrigen EU.

Die Stellungnahme des für den Staatsvertrag zuständigen Bundesamts für Justiz (BJ) zeigt, dass das Szenario Hand und Fuss hat. «Was die Amerikaner tun oder lassen, wissen wir nicht», sagt BJDirektor Michael Leupold. «So oder so ist es aber besser, wenn das Parlament den UBS-Staatsvertrag genehmigt. Ohne vertragliche Regeln sind die Risiken jedenfalls grösser.»

Die USA werden weitere Amtshilfegesuche stellen

Als der Bundesrat letzten August den UBS-Deal unterzeichnete, tönte es noch anders. Weitere Amtshilfegesuche gegen andere Banken auf Basis des UBS-Vertrags seien unwahrscheinlich, sagte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. «Einer der Parameter ist das Geständnis der UBS gegenüber den US-Strafbehörden, dass sie sich strafrechtlich relevant verhielt, indem sie Klienten empfahl, solche Geschäfte zu machen», begründete die Justizministerin. Von einer solchen Einschränkung ist heute keine Rede mehr.

Hohe Schweizer Bankiers zeigen sich im vertraulichen Gespräch denn auch überzeugt, dass die USA nach einer Verabschiedung des UBS-Vertrags rasch neue Amtshilfegesuche gegen weitere Banken einreichen würden. «Es wäre komisch, wenn die Amerikaner das nicht täten.» Als Ziele werden ausdrücklich CS, Julius Bär und HSBC (Schweiz) genannt. Offiziell halten sich diese bedeckt. Offenbar will niemand dem Bundesrat, der die UBS und damit den Finanzplatz vor Schlimmerem bewahrte, in den Rücken fallen.

Für Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz, der im VR der CS sitzt, gebe es «absolut keine Indizien» für weitere Gesuche (siehe Sonntagsgespräch Seite 21). Laut Kielholz habe die CS vorsichtig operiert. Laut US-Rechtsanwalt William Sharp, der zahlreiche UBS-Kunden vertritt, könnten sich mit dem neuen Gesetz die «Schleusen» für vergleichbare Amtshilfegesuche an weitere Banken weit öffnen. Die US-Steuerbehörde (IRS) habe «die gleiche Art von Informationen gesammelt, wie sie sie für ihre Attacke gegen die UBS nutzte », schreibt Sharp in einem renommierten Steuermagazin.

Rund 15 000 US-Steuersünder hatten bis November ihre Auslandsvermögen beim IRS gemeldet. Die dabei offengelegten Informationen über Bankkonten und Kundenberater werden in der «Offshore Identification Unit» in Philadelphia erfasst. Die USA würden nun die «Punkte verknüpfen, um mehrfach auftauchende Themen, Namen und Vorfälle auszuleuchten», sagt USSteuerexperte Alan Granwell von DLA Piper. «Die Ermittlungen weiten sich damit auf weitere Banken und Länder aus.»


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