Zürich und Bern im Standort-Clinch

Ein Investorentag der Hauptstadt in der Finanzmetropole provoziert Protestnote der Zürcher. SonntagsZeitung, 6. September 2009

Der Regierungsrat von Zürich ist verärgert über die Berner Standortförderung: Statt sich an ein Stillhalteabkommen zu halten, führt sie in der Limmatstadt einen Investorentag durch. Der gleiche Anlass sorgte schon letztes Jahr für Verstimmung. Nun platzte Zürich der Kragen. Regierungspräsidentin Regine Aeppli, SP, schickte am 26. August eine Protestnote nach Bern.

Die Zürcher fühlen sich hintergangen, nachdem die beiden Kantone am 13. August eine «verstärkte Zusammenarbeit» verkündeten. Die Bedeutung der beiden Kantone soll im «föderalistischen Entscheidungsprozess» stärker berücksichtigt werden. Kaum war die Tinte trocken, lud die Hauptstadt zum Event «Standort Bern – Vorteile und Perspektiven» ins Zürcher Kaufleuten. Mit dabei: Reto Nause, Stadtberner Exekutivmitglied, PR-Berater Victor Schmid, CEO Martin Kull von der Baufirma HRS und Dres von Weissenfluh, Chef der Berner Standortförderung.

«Solche Veranstaltungen passen nicht zur vereinbarten Kooperation», sagt die Zürcher Regierungsratssprecherin Susanne Sorg. «Wir baten den Berner Regierungsrat, die organisierenden Stellen zu informieren, dass solche Aktionen inskünftig unterbleiben sollen.»

Der Berner Wirtschaftsförderer von Weissenfluh spielt den Anlass herunter. Es würden lediglich die «grossen Bauvorhaben» möglichen Investoren präsentiert, und die sässen eben in Zürich. «Das hat doch nichts mit Firmen-Abwerbung zu tun.» Er sei sich «bisher nicht bewusst» gewesen, dass Zürich eine Massenabwanderung nach Bern befürchte.

Den Zürchern ist nicht zum Spassen. «Diese Abwerbeaktion vier Wochen nach Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags macht mich sauer», sagt Bruno Sauter, Amtschef Wirtschaft und Arbeit beim Kanton. «Das finde ich stilmässig unterste Schublade.» Man solle endlich aufhören, sich gegenseitig zu schaden. «Wir müssen im Ausland wirken und nicht dem Nachbarn das Leben schwer machen.»

Berns Regierungspräsident Hans-Jürg Käser eilt es nicht

Standortförderung sorgt immer wieder für böses Blut. Der Kanton Thurgau warb vor einiger Zeit breitflächig in Zürich um Unternehmen, Zofingen buhlte mit seiner Lebensqualität um Einwohner der Stadt Bern.

Der Streit zwischen Bern und Zürich geht aber tiefer: Die Zürcher SVP hängte ihren Widerstand gegen den Finanzausgleich am wohlgenährten Berner Bären auf, der sich vom Zürcher Löwen im Schubkarren ziehen liess. Nächstes Jahr liefert Zürich 550 Millionen Franken ab, Bern erhält 880 Millionen. Mit einer Stellungnahme zuhanden der Zürcher Regierung beeilt sich der Berner Regierungspräsident Hans-Jürg Käser nicht. «Die Zürcher Note ging letzten Montag bei uns ein», sagt Vize-Staatsschreiber Renato Krähenbühl. «Wir machen uns nun an die Antwort.»


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