Milliardenverlust mit unseren AHV-Geldern

Seit 2001 haben die Verwalter des AHV-Fonds 1,3 Milliarden verspekuliert. SonntagsZeitung, 17. Mai 2009
Seit acht Jahren darf der AHV-Fonds weltweit und breit anlegen. Nun zeigt sich, dass die Verwalter unserer Vorsorgegelder Verluste gemacht und insgesamt 1,3 Milliarden Franken verbrannt haben. Die durchschnittliche Jahresrendite des AHV-Fonds seit Anfang 2001 beträgt minus 0,7 Prozent, wie ein ehemaliger, ungenannt sein wollender Experte und ehemaliger Insider darlegt.

Jährlich verlor der Fonds seit 2001 im Schnitt 170 Millionen Franken. Kumuliert beträgt das Minus 1,3 Milliarden Franken. Ein Vergleich mit der Anlagestrategie bis 2001 bringt einen riesigen Ausfall zum Vorschein. Wäre der AHV-Fonds in Schweizer Festverzinslichen investiert geblieben, läge die Rendite bei rund 4 Prozent jährlich oder fast 8 Milliarden für die ganze Zeitspanne.

Auch gegen den BVG-93-Index der Genfer Bank Pictet mit 25 Prozent Aktienanteil schneidet der Fonds schlecht ab. Dieser legte seit 2001 jährlich um 1,5 Prozent zu. Die Verwalter des AHV-Fonds in Genf hätten pro Jahr nicht 170 Millionen verloren, sondern 360 Millionen gewonnen. Statt mit dem BVG-93-Index vergleichen die AHV-Verantwortlichen ihre Leistung mit dem Index Pictet-BVG-40-plus mit 30 Prozent Aktienanteil und 10 Prozent in alternativen Anlagen. Bis Ende Februar hatte dieser in den letzten acht Jahren im Schnitt 0,4 Prozent verloren. Selbst mit einer Anlage gemäss diesem Index hätte die AHV ihr Minus halbieren können.

Erst seit 2007 investiert der Fonds in Derivate

Der Vergleich der Performance des AHV-Fonds mit dem Pictet-40-plus-Index ist umstritten. Erst 2007 erhöhte der Verwaltungsrat mit seiner Mehrheit von Behörden-, Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern die Aktienquote auf 35 Prozent und investierte neu 5 Prozent des Vermögens in Derivate. Begründet wurde die Risikoausweitung mit den damals zufliessenden 7 Milliarden aus Nationalbank-Goldverkäufen.

Ulrich Grete , ehemaliger UBS-Generaldirektor und bis Ende 2007 Präsident des AHV-Fonds, sagt: «Der Vergleichsindex Pictet-4-plus passt am besten zum Fonds.» Für die interne Leistungsmessung verwende man zudem spezifischere Vergleichsindizes.

Der 66-Jährige verteidigt auch das seit 2007 eingegangene zusätzliche Risiko. «Im Nachhinein sind wir alle klüger», sagt Grete. «Eine solche Beurteilung ist aber nicht zulässig.» Der Verwaltungsrat habe die damalige Strategieanpassung wohl überlegt. «Die absehbaren Abflüsse für die Renten blieben unverändert, da konnten wir die 7 Milliarden etwas aggressiver anlegen», sagt Grete . Bewusst sei auf Investments in Hedge-Funds verzichtet worden, auch die von Spezialisten jetzt kritisierten 600 Millionen Fremdkapital seien kein Problem. «Diese Schulden sind eine Folge des Cash-Managements und entstanden nicht, weil wir spekulierten.»

Der AHV-Fonds ist auch vom US-Immobiliencrash betroffen. Per Ende 2007 (die Details für 2008 werden bis Ende Mai veröffentlicht) hielt der Fonds bis 10 Prozent seiner Investitionen in Immobilien, davon ein Drittel oder umgerechnet 800 Millionen Franken in Nordamerika. Die Entwicklung auf dem US-Hypothekenmarkt sei nicht absehbar gewesen, sagt Grete .

Nur noch vier statt sechs Prozent Rendite

Grete – Nachfolger Marco Netzer , Partner der Genfer Banque Cramer und ebenfalls ein früherer UBS-Topshot, schaut vom «Annus horribilis» 2008 nach vorn. «Von Januar bis April 2009 verzeichneten wir eine positive Performance.» Man sei heute «breit diversifiziert» und habe die Risiken «unter Kontrolle».

Der seit Anfang 2008 verantwortliche Netzer will nur noch 4 statt wie bisher 6 Prozent Rendite erwirtschaften. Auch das bleibt ambitiös angesichts der Verluste seit 2001.


Einen Kommentar schreiben