Schluss mit Wildwest-Methoden

Die Behörden zwingen die Banken zu voller Transparenz und mehr Eigenkapital. (SonntagsZeitung, 13. April 2008)

zürich Die Würfel fielen am 14.März 2008. An jenem Freitag war die US-Investmentbank Bear Stearns zahlungsunfähig. Weil das globale Finanzsystem vor einem Infarkt stand, griff die amerikanische Notenbank rettend ein. Wie beim politischen Mauerfall von Berlin wird es wohl auch in der Bankenwelt ein Davor und ein Danach geben: ungestümer Kapitalismus vor dem Fall von Bear Stearns, ein enges regulatorisches Korsett danach.

Wie stark sie eingreifen wollen, haben die Finanzminister und Notenbankchefs der führenden Industrienationen (G-7) am Freitag klar gemacht. Die G-7, die sich auf eine Analyse des supranationalen Financial Stability Forum stützen, wollen alle Finanzmarktteilnehmer – internationale Grossbanken, Rating-Agenturen, Aufsichtsbehörden, Notenbanken, Versicherungen – zu einem eigentlichen Neuanfang zwingen.

Die Banken müssen ihre Klumpenrisiken kennen

Innert hundert Tagen sollen die zuständigen Behörden die Liquiditätsvorschriften nach oben revidieren. Die Banken konnten dank modernem Financial Engineering immer mehr Kredite mit immer weniger eigenem Kapital schreiben. Sie verwursteten ihre Guthaben zu strukturierten Produkten, die sie ihren Kunden verkauften und auf die eigenen Bücher nahmen. Zuletzt hatte die UBS als bislang grösstes Opfer der Krise 50- mal mehr Anlagen als Eigenkapital. Bei dieser Dimension genügen wenige Prozente an Ausfällen, und schon ist das Eigenkapital futsch. Nun fordern die Behörden mehr eigenes Geld zur Unterlegung sowohl für strukturierte Produkte als auch für den spekulativen Eigenhandel. Die Vorgabe ist simpel: Wer spekulieren will, muss dafür gerüstet sein.

Weiter müssen die Banken spätestens mit den Halbjahresabschlüssen alle gefährdeten Positionen im US-Hypothekenmarkt offen legen. Nur so kehrt Vertrauen in die Finanzmärkte zurück. Denn wer seiner Gegenpartei nicht traut, macht keine Geschäfte mit ihr. Als dritten Punkt verlangen die Behörden weit reichende Kompetenzen bei weiteren Krisen. Die Notenbanken sollen im Geheimen Liquidität in die Geschäftsbanken pumpen können. Damit will man ein zweites Northern Rock verhindern. Die englische Hypothekenbank wurde erst dann von Kunden gestürmt, als ihr Hilferuf an die Notenbank publik wurde.

Die zwei letzten Punkte des Reports beziehen sich auf Scheinsicherheiten. Einerseits haben sich die Banken viel zu stark auf ihre hochkomplexen Risikomodelle verlassen. Diese sagten zwar das maximale Verlustrisiko auf Grund vergangener Entwicklungen genau vorher. Doch dass sich in den USA ein Berg mit Schrotthypotheken auftürmte, erschien auf kaum einem Radar. Statt weiter an ihren Modellen zu schräubeln, sollen die Banken ihre Klumpenrisiken kennen und managen.

Last, but not least müssen die Rating-Agenturen über die Bücher. Dass eine Bestnote nicht für Qualität bürgt, ist eine der grossen Lehren dieser Krise. Die Regulatoren wollen nun, dass es in Zukunft zwei Klassen von Ratings gibt: eine für die normale Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Institutionen, eine zweite für strukturierte Produkte.


Einen Kommentar schreiben