Peter Kurers Tage sind gezählt

Ein Teil der Schweizer Bankelite hat den UBS-Präsidenten bereits abgeschrieben. SonntagsZeitung, 26. Oktober 2008

Als Peter Kurer am 23. April zum Präsidenten der UBS gewählt wurde, sprach alle Welt davon, dass er nur ein Übergangspräsident sein werde. Diese Stimmen scheinen nun Recht zu bekommen. Mit dem Gang zum Staat hat er sein Schicksal besiegelt, lautet der Tenor in der Bankbranche.

Für einen Topbanker, der die Schweizer Grossbanken von innen kennt, ist klar: «Man kann nicht jahrelang Boni kassieren und wenn es brennt, beim Staat Hilfe holen. Da kommt keiner ungeschoren davon.» Er verweist auf die internationale Bankenwelt, wo Bankenchefs ausgetauscht wurden, welche die Hilfe des Staats in Anspruch nehmen mussten.

Warum sollte es Peter Kurer anders ergehen? Schliesslich ist der Herrliberger Anwalt nicht erst seit gestern im Sold der UBS. Er war der Erfüllungsgehilfe Marcel Ospels zu Zeiten der Swissair. Danach sass er als Chief General Counsel in der Geschäftsleitung und war somit auch an Entscheidungen beteiligt, welche die UBS ins Elend gestürzt haben.

Auch CEO Marcel Rohner ist trotz seinen jungen Jahren schon ein altgedienter UBS-Banker. Lange Jahre sass er in der Geschäftsleitung als Chef Wealth Management. Nach dem Rauswurf von Peter Wuffli übernahm er im Sommer 2007 den Posten des Konzernchefs. Seither bemüht er sich, sein Profil zu schärfen. Mit eher bescheidenem Erfolg. Auf internationalem Parkett bleibt der Aargauer ein Leichtgewicht.

Gehrig und Marchionne sind das Powerduo im UBS-VR

Für beide kommt ein Glaubwürdigkeitsproblem hinzu. Zu oft haben Rohner und Kurer das Licht am Ende des Tunnels gesehen. Selbst als die Bank bereits mit den Spitzen von Nationalbank, Bankenkommission und Finanzdepartement über eine Staatshilfe verhandelte, gaben sie sich optimistisch und wiederholten gebetsmühlenartig, dass die Bank frühzeitig Kapital beschafft habe und jetzt entsprechend gut dastehe.

Leider wurde die Lage immer nur schlimmer – die Banken misstrauten der UBS und haben ihr kein Geld mehr geliehen. Zwei Tage bevor sich die UBS unter den staatlichen Rettungsschirm flüchtete, kam etwa bei Julius Bär der Befehl von oben: Keine Kreditlimite mehr für die UBS ohne Sicherheit. Trotz monatelanger Krise, berichtet ein Insider, galt die grosse Nachbarin von der Zürcher Bahnhofstrasse immer noch als kreditwürdig. Doch nun das: Die UBS, der Dreh- und Angelpunkt des Schweizer Interbankenmarkts, war auf der schwarzen Liste der unsicheren Gegenparteien gelandet. Offenbar hatten vor Julius Bär bereits andere Schweizer Banken die UBS gemieden, etwa die Raiffeisengruppe und einige Kantonalbanken.

Inzwischen hat sich die Lage wieder deutlich entspannt (siehe Kasten). Im Notfall wäre die Nationalbank auch bereit, Interbankgeschäfte zu garantieren.

Dass die Zeit für Kurer begrenzt ist, lässt sich aus einem Interview mit UBS-Vizepräsident und Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne in der «Bilanz» herauslesen. Darin sagte er unter anderem, dass Kurer nicht die erste Wahl war; er stellte zudem CEO Rohner infrage. Ein Rückenschuss, wie ihn Marchionne schon in früheren Funktionen bei Lonza, SGS oder Alusuisse abgefeuert hatte. Er macht dabei öffentlich, was unter Spitzenvertretern des Schweizer Finanzplatzes bereits Konsens ist: Die UBS braucht einen Nachfolger.

Idealer Kandidat wäre Bruno Gehrig, der Anfang Oktober in den VR gewählt wurde. Doch aus gesundheitlichen Gründen müsste er dieses Amt ablehnen. Marchionne hat wohl selbst Ambitionen. Die Herausforderung, den Turnaround bei der UBS zu schaffen, dürfte den Italo-Kanadier auf jeden Fall reizen. Er versteht sich exzellent mit Gehrig und Shell-Finanzchef Peter Voser.

Es ist davon auszugehen, dass das Gespann Marchionne/Gehrig die Geschicke der Bank entscheidend leiten wird. Möglicherweise wird Peter Kurer auf die nächste GV zurücktreten.

Der Staatseingriff zeigt Wirkung

Das Hilfspaket von Nationalbank und Bund wirkt. Der CDS-Spread (siehe Grafik) hat sich für die UBS deutlich verringert, von über 300 auf etwa 100 Basispunkte. Er bewegt sich damit wieder auf dem Niveau der Credit Suisse. Der CDS-Spread, eine Risikoprämie gegen einen Schuldnerkonkurs, ist ein guter Indikator für die Bonitätseinschätzung des Marktes. Offenbar wird die UBS nach dem Staatseingriff als wesentlich sicherer bewertet. Der Interbankenmarkt harzt allerdings weiterhin: Der Zinssatz (Libor), zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen, ging zwar zurück, bleibt aber mit 2,9 Prozent hoch.


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