Luqman Arnold kommt zu spät

Die UBS steht vor der Restrukturierung der Investmentbank und will Aktionäre an Ramschpapieren beteiligen. (SonntagsZeitung, 6. April 2008)

Der öffentliche Brief von Ex-UBS-Chef Luqman Arnold an UBS-Verwaltungsrat und Fiat-Chef Sergio Marchionne hatte zwar einen riesigen Medienwirbel ausgelöst. Doch bei den Investoren ist das Echo bis jetzt verhalten. Öffentlich zu Arnold stellten sich Harris Associates, ein amerikanischer Hedge Fund, welcher 0,8 Prozent an UBS hält und bereits mehrfach ähnliche Vorschläge machte. In der Schweiz äusserten sich Actares, Ethos und Profond positiv. Profond-Chef Herbert Brändli: «Wir unterstützen Arnold voll und ganz.»

Wie viel Unterstützung er tatsächlich bekommt, wird sich im Verlauf der nächsten zwei Wochen zeigen. Ein langjähriger Weggefährte von Luqman Arnold verweist auf Chris Horn. Dessen TCI-Fund forderte vor Jahresfrist die Aufspaltung der holländischen Grossbank ABN Amro. Wie Arnold besass Horn damals nur wenige ABN-Aktien. Doch sein Vorstoss schlug eine Bresche für die grossen Banken. Zuerst machte Barclays Bank eine Übernahmeofferte, dann teilten sich drei Grossbanken die Beute. Luqman Arnold bestreitet, solches im Sinn zu haben. «Wir sind der UBS freundlich gesinnt», sagt er.

Arnold legt mit seinem Brief den Finger auf vier wunde Punkte:

• Die Forderung nach einer Entflechtung von Investmentbank und Vermögensverwaltung: Entgegen verschiedenen Medienberichten schwebt ihm keine unmittelbare Aufspaltung der Bank vor. Die Teile sollten als weit gehend unabhängige Einheiten unter eine Holding gestellt werden. «Synergien zwischen den Einheiten werden immer kleiner», begründet er.

• Weiter bemängelt er die Corporate Governance, besonders die Rolle des Chairmens Office mit einem aktiven Präsidenten. Arnold stösst sich auch am Wechsel von Marco Suter aus der Geschäftsleitung ins Chairmens Office und wieder zurück.

• Arnold glaubt, dass die Bank schon bald wieder frisches Kapital braucht, und schlägt deshalb den Verkauf des Asset Managements, der brasilianischen Pactual und des Australiengeschäfts für 15 Milliarden Franken vor.

• Schliesslich stösst sich Arnold an der Wahl von Peter Kurer zum Verwaltungsratspräsidenten. Ihm schwebt Sergio Marchionne als Interims-VR-Präsident vor. Unter ihm soll die Bank eine professionelle Suche nach einem Kandidaten durchführen, «die diesen Namen verdient».

Im Investmentbanking wurden Profis durch Verkäufer ersetzt

Doch Arnolds Vorstösse kommen wohl zu spät. Die UBS ist seit Monaten daran, wichtige Prozesse für die Zukunft aufzugleisen. Jetzt kann sie nicht einfach umkehren. Schon bald wird sie über die Restrukturierung der Investmentbank orientieren und unter anderem den Abbau von mehreren Tausend Jobs bekannt geben. Gleichzeitig wird sie die US-Subprime-Ramschpapiere, die immer noch mit 30 Milliarden die Bilanz verseuchen, in eine separate Einheit («Bad Bank») auslagern. Wie man aus dem Innern der Bank hört, will die UBS in den kommenden Wochen darüber entscheiden, wie sie das Risiko den Aktionären weitergeben kann. Angedacht ist offenbar ein Spin-off der Bad Bank mit handelbaren Titeln, bei denen dann jeder Aktionär die Aufwertungschancen selber beurteilen könnte.

Auch auf der Personalseite kann die Bank nicht auf einen Schlag alles ändern. Ein Investmentbanker einer grossen englischen Bank sagt: «Man kann nicht alle Piloten gleichzeitig rausschmeissen, wenn die Maschine im Sturzflug ist.» Jetzt rächt sich die Führungsschwäche. Unter Ex-CEO Peter Wuffli und dem heutigen Konzernchef Marcel Rohner konnten Investmentbanker das Steuer übernehmen, die Leute mit Erfahrung im Riskmanagement und im Trading vergraulten. Sowohl unter dem früheren Investmentbank-Chef John Costas als auch unter seinem Nachfolger Hew Jenkins wurden gestandene Profis durch clevere Verkäufertypen ersetzt.

Einige sehen Luqman Arnold als idealen Ospel-Nachfolger

Auch der neue Chef der Investmentbank, Jerker Johansson, ist kein Trading- und Risk-Spezialist. Er war zuständig für den Aktienhandel, was eher ein Verkäuferjob ist. Nun muss Johansson die faulen Positionen im US-Geschäft reduzieren. Bei den nach wie vor grossen Risikopositionen können Fehler rasch zu Milliardenverlusten führen – umso mehr, als weder die Führungsmannschaft in Zürich mit CEO Marcel Rohner noch Peter Kurer ausreichend Erfahrung in diesem Bereich mitbringen. Und ob ausgerechnet Hew Jenkins – der Ex-Chef der Investmentbank steht immer noch als Berater auf der Lohnliste der UBS – das richtige Gefühl für die künftige Marktentwicklung hat, muss bezweifelt werden.

Auch der designierte Präsident Peter Kurer ist Teil des alten Systems. «Die waren alle bei Ospels Husarenritt dabei», sagt der frühere UBS-Banker Ulrich Grete. Zu hinterfragen ist Kurers Rolle im Risk Subcommittee. Zusammen mit Rohner gehörte er jahrelang zum Risikoausschuss der Konzernleitung. Dieser ist verantwortlich für die Überwachung der grossen Risikopositionen. Es stellt sich die Frage, warum Kurer und Rohner das Klumpenrisiko von 100 Milliarden Dollar im US-Hypothekenmarkt nicht sahen.

Arnold könnte an der GV vom 23. April Kurers Wahl torpedieren. Brändli von Profond sieht in Arnold gar den idealen Nachfolger von Marcel Ospel: «Er wäre ein hervorragender Kandidat, der zusammen mit Marchionne und Peter Voser die Bank führen könnte.» Arnold drückt sich um eine klare Antwort: «Ich denke, das muss ein Schweizer sein.»


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