Homo Corti

Rhetorisch perfekt und aufrichtig wütend, so hat Mario Corti bisher im Swissair-Strafprozess die Gunst des Publikums erworben. Der letzte Airline-Chef mag als Manager gescheitert sein. Als Mensch ist er schon heute der Sieger.

Stephan Blättler macht in diesen trüben Tagen, die zu keiner Jahreszeit so richtig passen wollen, meistens ein grimmiges Gesicht. Entweder blättert der Referent des Bülacher Swissair-Gerichts in seinen Akten. Oder er, der bei der Urteilsfindung die wichtigste Rolle spielen wird, mustert streng den Angeklagten von seinem Podiumshochsitz herunter.

Am letzten Dienstag im Januar scheint Blättler für einmal nicht er selbst zu sein. Gespannt hört er dem Mann vor sich zu, er scheint förmlich an dessen Lippen zu hängen. Und wenn dieser wieder einmal besonders originell oder pointiert eine Frage beantwortet und die Zuschauer im grossen Stadtsaal vor Lachen prusten, huscht selbst über Blättlers Lippen ein Schmunzeln. Das hat es in den neun vorangegangenen Verhandlungstagen nicht gegeben.

Es ist Mario Cortis wichtigster Auftritt, der Höhepunkt dieses zweimonatigen Verhandlungsmarathons, während dessen 19 Ex-Topshots der Schweizer Wirtschaft der Prozess gemacht wird. Auf diesen Moment hat der letzte Swissair-Kapitän fünf Jahre lang sehnlichst gewartet. Zur Rehabilitierung. Zur Abrechung mit jenen dunklen Kräften, die in seinen Augen den Untergang der Swissair zu verantworten haben.

Zwölf gelbe Bundesordner hat der 59-Jährige neben sich aufgereiht. Mit sicherem Griff packt er den passenden Band und setzt nach jeder Frage des Gerichts zu einem Exkurs in Unternehmenskunde und Finanzbuchhaltung an. Den linken Arm locker über die Lehne des freien Stuhls zwischen sich und seinem Anwalt gelegt, mustert Corti über den Brillenrand das dreiköpfige Richterkollegium. Man spürt: Hier ist einer in seinem Element, aus jeder Pore seines Körpers strömen Selbstsicherheit und der unerschütterliche Glaube, an diesem Ort und zu dieser Zeit endlich die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit.

Corti pariert nicht nur jede Anschuldigung mit einer überzeugenden Antwort, unterlegt durch Daten und abgesichert durch seinen beruflichen Erfahrungsschatz. Mit seiner Eloquenz und seiner Präzision gelingt ihm gar das Kunststück, dass plötzlich nicht mehr er und seine Mitangeklagten am Pranger stehen, sondern Leute, die in diesem Moment weit weg sind. So sagt Corti einmal mit der grössten Selbstverständlichkeit: «Ich wehre mich entschieden gegen den Vorwurf, dass wir die Schuldigen sind. Hier wird der Spiess umgedreht.»

Was für ein starkes Stück. Nicht nur, dass der gescheiterte Airline-Held jegliche Verantwortung für den Untergang der Swissair von sich weist. Sondern er besitzt auch die Tollkühnheit, die in seiner Wahrnehmung tatsächlichen Verantwortlichen für das Debakel namentlich zu nennen. Schuldig seien UBS-Chef Marcel Ospel und seine Verbündeten, allen voran der Gründer der Regionalfluggesellschaft Crossair, Moritz Suter. Die beiden hätten in verschwörerischer Manier der Swissair «den Stecker rausgezogen».

Was aus Distanz nach verletztem Stolz eines Uneinsichtigen klingen mag, hört sich im voll besetzten Stadtsaal in Bülach im Norden des Zürcher Flughafens nach einer glaubwürdigen Version dieses modernen helvetischen Dramas an. Dabei sind es keineswegs neue Fakten, die bei den Zuschauern den grössten Eindruck hinterlassen. Das war auch nicht zu erwarten, liegen doch rund um das Swissair-Ende alle Taten und Zahlen längst auf dem Tisch. Jeder Stein wurde tausendmal umgedreht, kein Fax und keine E-Mail, die zur Klärung der Schuldfrage des milliardenteuren Untergangs einen Beitrag leisten könnten, blieben im Dunkeln. Wer heute immer noch der Meinung ist, dass jenes Corpus Delicti vom Himmel fallen könnte, das Gut und Böse eindeutig zuordnen würde, hat entweder keine Ahnung oder ist ein hoffnungsloser Schwärmer.

Nein, es sind nicht in erster Linie seine inhaltlichen Aussagen, welche die Menschen vor Ort und vor dem Bildschirm zu Hause oder im Büro in den Bann des Hauptangeklagten ziehen. Ausschlaggebend ist vielmehr Cortis einzigartige Persönlichkeit. Das beginnt bei der Etikette. Wenn die Richter den Saal betreten, sind der einstige Berner Spitzenbeamte und sein Rechtsanwalt die einzigen Personen, die aufstehen und dem «sehr geehrten Herrn Präsidenten» und seinen Richterkollegen so die Ehre erweisen.

Sodann verfügt Corti über ein rhetorisches Repertoire, das hierzulande seinesgleichen sucht. Nicht dass er druckreif sprechen würde, im Gegenteil. Manchmal passt das Satzende nicht so recht zum Anfang. Doch das verleiht ihm erst recht etwas Natürliches, Menschliches, Sympathisches.

Schliesslich verfügt Corti über eine ironische Ader, die es zum Vergnügen macht, seinen minutenlangen Monologen in der ungelüfteten, stickigen Halle zuzuhören. Die Worte, die Corti dem Schein nach zufällig in den Sinn kommen, wählt er in Tat und Wahrheit mit Bedacht, mit sicherem Gespür für die jeweilige Situation.

Um ein Bild aus seinen letzten Tagen als Swissair-Chef zu benutzen, als Corti sagte, die Airline-Gruppe befinde sich auf einem schmalen, aber gangbaren Weg: Auch in seiner letzten grossen Schlacht wagt sich der charismatische Kämpfer bis an den Abgrund. Doch sobald er Gefahr läuft abzustürzen, tritt er einen Schritt zurück, um wieder auf sicheren Grund zu kommen.

Beispielhaft sind Cortis Tiraden gegen Aldo Schellenberg, den Gutachter der Anklagebehörde. Als der Gerichtspräsident vom Angeklagten Corti nach einem Frage-Antwort-Pingpong wissen möchte, ob es denn nicht möglich gewesen sei, rechtzeitig vor dem Grounding eine Alternative zu dem von der UBS gekündigten Zahlungsabwicklungssystem aufzubauen, antwortet dieser trocken: «Das hätte wahrscheinlich nicht einmal die Schellenberg Consulting fertig gebracht.» Ohne ein explizites Wort der Beleidigung spricht Corti dem Experten jegliche Kompetenz ab ­ ein Lehrstück in rhetorischer Kriegsführung.

Die vielen früheren Swissair-Angestellten im Publikum verdanken es ihrem Ex-Chef mit Respektsbezeugungen. «Ein ehrlicher Kämpfer, er tut mir leid», sagt die einstige Swissair-Flight-Attendant Evelyn Arbenz der «SonntagsZeitung». «Sollte er Fehler gemacht haben oder an der Legalität vorbeigeschrammt sein, tut dies meiner persönlichen Hochachtung ihm gegenüber keinen Abbruch», meint Ex-Swissair-Mitarbeiter Jörg Drittenbass.

Bei Cortis Auftritten bläst den drei Richtern von Bülach eine steife Pro-Corti-Bise ins Gesicht. Die Vorstellung, dass das Kollegium noch Zweifel an der Aufrichtigkeit dieses tief gefallenen Mannes haben könnte, der nicht mehr um Karriere und Berufszukunft kämpft, sondern nur noch um seine Ehre und sein öffentliches Ansehen, fällt einem schwer. Andreas Fischer jedenfalls, der Vorsitzende des Swissair-Strafgerichts, verdankt es dem Angeklagten mit einem respektvollen «Herr Doktor Corti», wenn dieser sich vor der Verhandlung erhebt.

Natürlich kann Corti dieses Gefecht nicht allein mit seiner persönlichen Art für sich entscheiden. Das Gericht hält es einem Angeklagten zwar zugute, wenn dieser ehrlich Stellung bezieht, statt sich in Ausreden zu flüchten. Doch ist ein Sachverhalt justiziabel, wurde also gegen geltendes Recht verstossen, muss es einen Schuldspruch fällen. So bleibt als entscheidende Frage, ob Cortis Argumente in der Sache überzeugen oder nicht.

Auch diesbezüglich geschieht Erstaunliches in dieser Mutter aller Prozesse. Wer nämlich Mario Cortis These der mutwilligen Zerschlagung des Airline-Konzerns bisher als Verschwörungstheorie eines Gekränkten abgetan hat, muss seine Meinung möglicherweise revidieren. Vor Gericht jedenfalls konnte Corti eindrücklich herleiten, welch enorme Wertzerstörung durch das Vorgehen seiner Gegenspieler entstanden sei.

Corti sagte zu diesem entscheidenden Punkt zu Richter Fischer wörtlich: «Etwas überspitzt gesagt, gab es am Schluss drei Varianten. An zwei dachte ich, an die dritte nicht. Erstens: Sanieren, das ist das, was wir von der Swissair-Gruppe wollten. Dann gab es die Variante Liquidieren, entweder in Form von Nachlassstundung mit Vermögensabtretung oder sogar als Konkurs. Es wird so getan, als ob dies die intelligente Variante war. Man hatte aber die Zerstörung des Fortführungswertes des Ganzen in Kauf genommen, der Schaden liegt in der Grössenordnung von 17 Milliarden Franken. Für mich war völlig klar, dass die erste Variante der zweiten haushoch überlegen war. Nun, es gab noch eine dritte Variante, von der ich mir nie vorstellen konnte, dass sie möglich war: das Strangulieren der Gruppe.» Darauf Richter Fischer: «Was verstehen Sie darunter?» Antwort Corti: «Nachlass und Grounding waren integraler Bestandteil von Phoenix, an diesem dramatischen Wochenende uns aufgezwungen.»

Das ist Corti pur. Hier der Swissair-Konzernchef, der mit einer Bundeshilfe von einer halben bis maximal einer Milliarde über die Runden zu kommen versprach; dort die ­ frei nach Corti ­ «Phoenix-Pfuscher», die mit einem unausgereiften, dafür umso hinterlistigeren Plan der Swissair ein für alle Mal den Garaus machen wollten und dafür einen immensen Schaden in Kauf nahmen. An anderer Stelle führt Corti aus, wo seiner Meinung nach der echte Skandal zu finden sei. «Es ist mir unverständlich, dass die Mächte, die am 29. September (Samstag vor dem Grounding, die Red.) das Zepter übernommen hatten, das nicht gesehen hatten. Hätte man das gesehen, hätte ein Schaden verhindert werden können, nicht in Höhe von 177 Millionen Franken, wie ihn die Staatsanwaltschaft mir vorwirft, die ein paar Zahlungen zusammenzählt, sondern von 17 Milliarden Franken.»

Die Überlegung ist nicht derart an den Haaren herbeigezogen, wie das Cortis Gegner insinuieren. Dass die Marke Swissair selbst nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 werthaltig war, sticht ins Auge. Wenn für die seit Jahren Rekordverluste schreibende italienische Alitalia derzeit über eine Milliarde Euro geboten werden, wäre die Swissair heute wohl deutlich mehr wert. Daran klammerte sich Corti, als er bei Bund und Banken um befristete Hilfe bat. Mit deren finanzieller Unterstützung wollte er die hoffnungslos überschuldeten Bereiche der Schweizer Aviatik-Gruppe geordnet liquidieren und die geretteten Teile wie die Fluggesellschaft Swissair in eine neue Zukunft überführen. Später hätten die Banken die Swissair weiterverkaufen können, womöglich mit Gewinn.

Die angeschossene UBS und ihr Präsident Marcel Ospel haben aus dem kommunikativen Debakel rund ums Grounding eine Lehre gezogen. Sie lautet: Wir schiessen zurück, scharf und schnell. Bereits zwei Tage vor Cortis Generalvorwurf an eine «ziemlich grosse Bank» (Corti) sagte Ospel in einem Interview mit der «SonntagsZeitung»: «Im Übrigen finde ich es peinlich, wenn Herr Corti mir Wortbruch unterstellt. Die UBS steht nicht vor Gericht, und das völlig zu Recht.» Doch der vermeintliche Befreiungsschlag schlägt auf den Absender zurück. Während Corti gerade deshalb bei vielen Beobachtern gut ankommt, weil er seine Vorwürfe mit Ironie vorträgt, obwohl er Job und Ruf verloren hat, greift der mächtige und fest im Sattel sitzende Bankenchef zum Zweihänder. Peinlich, so kommt der neutrale Zuschauer zum Schluss, ist nicht Cortis Verteidigung, sondern Ospels Schlag unter die Gürtellinie. Warum nur hat der Sieger in dieser Geschichte das nötig?, fragt sich manch einer. Und so bewirkt Ospels Aussage das Gegenteil des Beabsichtigten. Statt Vertrauen weckt er Skepsis. Skepsis darüber, ob die Bank ihr wahres Motiv auch wirklich offenlegt.

Wenig ändern an diesem Verdacht können die 19 Seiten starken «Feststellungen» der UBS zum Swissair-Untergang, welche die Grossbank ausgewählten Journalisten als Hintergrundmaterial zustellt. Einmal mehr listet die UBS darin die Ereignisse chronologisch auf und stellt sich als jene Partei dar, die als einzige frühzeitig vor dem Absturz gewarnt habe. Die im Ruf einer kühl kalkulierenden Macht stehende Grossbank äussert gar Worte des Bedauerns.

Doch die zentrale Frage, warum denn ausgerechnet sie, die in den Monaten vor dem Grounding abseits gestanden war, in der Krisenlage die Zügel an sich riss, bleibt unbeantwortet. Konsequenterweise hätte die UBS den Swissair-Konzern seinem Schicksal überlassen sollen. Falls sie hingegen tatsächlich uneigennützig helfen wollte, hätte die Bank einer sanfteren Lösung zustimmen können, so wie der Bund und die Credit Suisse.

So bleibt festzuhalten: Die einst als Hirngespinst Cortis verspottete These, dass die UBS einen eigenen Grounding-Plan verfolgte, hat an Glaubwürdigkeit gewonnen. Damit steht auf der einen Seite Marcel Ospel, der als erfolgreichster Stratege des Landes in die Geschichte eingehen wird, für den sich aber niemand so richtig erwärmen kann. Auf der anderen Seite steht Mario Corti, ein trauriger Held, der bei seinem herkulischen Einsatz versagte, dafür aber zum CEO der Herzen geworden ist. Möglicherweise findet die endlose Swissair-Geschichte erst dann ihre Ruhe, wenn sich beide Protagonisten mit ihrem Schicksal abgefunden haben.

Die Generalstabs-Connection

Die Anklageschrift der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen 19 Swissair-Verantwortliche basiert grösstenteils auf den Expertisen von Gutachter Aldo Schellenberg (siehe auch BILANZ 2/2007). Seine Analysen des Airline-Debakels sorgte bei den Angeklagten für rote Köpfe, unter ihnen war von «Mumpitz» die Rede. Da Schellenberg offenbar weder ausgebildeter Wirtschaftsprüfer ist ­ er ist nicht Mitglied der Treuhandkammer ­ noch als führende Kraft in der Revisorenbranche gilt, wurde die Frage laut, warum die Staatsanwaltschaft ausgerechnet Schellenberg mit den anspruchsvollen und kostspieligen Arbeiten betraute.

Klar ist: Schellenberg und einer der Zürcher Swissair-Ankläger kennen sich aus gemeinsamen Armee-Einsätzen. Staatsanwalt Thomas Armbruster ist Oberstleutnant im Generalstab und war vor zwei Jahren Kommandant des Aufklärungsbataillons 12. Diese Einheit gehört zur Gebirgsinfanteriebrigade 12, bei der zu jener Zeit Oberst im Generalstab Aldo Schellenberg als Stabschef aktiv war. Kam es im Kommando der Brigade zu Manöverbesprechungen, arbeiteten Schellenberg und Armbruster eng zusammen. Offenbar war Staatsanwalt Armbruster von Gutachter Schellenbergs Können angetan.

Möglicherweise hat Schellenberg auch schon Aufträge aufgrund von Militärbekanntschaften erhalten. Dafür würde sprechen, dass er in seinem Lebenslauf, der auf der Homepage seiner Firma aufgeführt ist, seinen militärischen Rang herausstreicht. Die Angabe solcher Referenzen gilt in der heutigen Wirtschaftswelt als ungewöhnlich.

Cortis Wut auf den Ex-Crossair-Chef

In der höchsten Not waren sie dicke Freunde, jetzt zerrt der eine den anderen vor den Richter. Mario Corti, der letzte Swissair-Kapitän, hielt im Herbst 2001 nach einem halben Jahr auf der Swissair-Kommandobrücke grosse Stücke auf den jungen Crossair-Chef. Corti hat erlebt, wie resistent viele Swissair-Mitarbeiter gegen Veränderungen waren, allen voran die Piloten der Swissair-Gewerkschaft Aeropers und deren oberster Chef, Beat Schär. Was für eine Wohltat war es da für Corti, einen Typ wie Dosé an Bord zu wissen, der in der Kultur des Crossair-Gründers Moritz Suter nach oben gekommen war und sich kaum an Gewachsenem festklammerte.

Am 10. September 2001 dinierte Corti mit Dosé in seinem Privatdomizil, um mit ihm die Zusammenlegung der zwei Airlines zu besprechen. Als Zeuge sagte Dosé später aus, dass an jenem Abend auch Finanzchefin Jacqualyn Fouse hinzugestossen sei. «Auch dies ist eine 100-prozentige Erfindung von Herrn Dosé», sagte Corti in den Einvernahmen. «Frau Fouse war an diesem Abend nie in unserem Haus, Sie können als Zeugin meine Gattin anfragen.»

Wer am Tisch sass, ist unerheblich. Entscheidend hingegen ist die Frage, ob Dosés übrige Aussagen dem Gericht glaubwürdig erscheinen. Der Ex-Crossair-Chef behauptet nämlich, dass fünf Tage vor der Bekanntgabe des Bankrotts der Konzernleitung klar gewesen sei, dass die Airline-Gruppe untergehen würde. Corti verteidigt sich aber mit dem Argument, dass zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nichts klar gewesen sei.

«Staatsanwaltschaft hinterging mich»

Im grossen Stadtsaal von Bülach gibt es die eisernen Schweiger wie Lukas Mühlemann und Vreni Spoerry. Und es gibt die sprudelnden Redner wie Mario Corti und Philippe Bruggisser. Aber selbst diejenigen Angeklagten, welche die Fragen der Richter beantworten, verfallen in Schweigen, sobald die anklagende Staatsanwaltschaft etwas wissen möchte: Warum diese Verweigerungshaltung?

Bei Mario Corti liegt der Grund in einer persönlichen Enttäuschung. «Ich fühle mich von der Staatsanwaltschaft hintergangen», sagte der Hauptangeklagte am Rande des Swissair-Prozesses. Er sei den Anklägern in rund 20 Einvernahmen klaglos Red und Antwort gestanden in der Annahme, er könne zur Klärung der damaligen Umstände beitragen. Als ihm schliesslich die Vorwürfe offengelegt wurden, kam er zum Schluss, dass ihm seine Kooperation mehr geschadet als genützt habe. Im Januar 2006 teilte Corti seinen Anklägern in einem geharnischten Brief mit, dass er nach diesem «offensichtlichen Missbrauch meines guten Willens» vom Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen würde.


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