Heisse Optionen auf die Swissfirst Bank

Neues Kapitel im Streit Thomas Matter vs. Rumen Hranov: Hranov gerät mit dem Kauf von Optionen auf Swissfirst kurz nach der Fusionsbekanntgabe in Erklärungsnotstand.

Ein langwieriger Krimi steuert dem Finale entgegen. Die Staatsanwaltschaft hat im September die letzte Befragungsrunde eröffnet. In wenigen Wochen dürfte die Justiz ihren Entscheid fällen: Wird sie Thomas Matter, den gefallenen Erfolgsbankier, vor den Richter zerren, oder stellt sie das Strafverfahren gegen den 41-Jährigen ein?

Eine Einstellung wäre ein grosser Erfolg für den Unternehmer, der nach wochenlangem Medienrummel im Sommer des letzten Jahres als CEO der Swissfirst Bank zurücktrat, das meiste seines eigenen grossen Aktienanteils an der Bank an seine Partner verkaufte und damit sein Lebenswerk aufgeben musste. Matter hätte die Genugtuung, dass ihn seine Kritiker grundlos vorverurteilt hätten.

Einstellung oder Anklage: Das hängt entscheidend von der Glaubwürdigkeit von Matters Gegenspieler Rumen Hranov ab. Denn im Fall Swissfirst geht es nicht mehr um die Frage, ob Pensionskassenverwalter für Hilfeleistungen heimlich entschädigt wurden, wie das von einigen Zeitungen vorschnell behauptet wurde. Der vermeintliche Pensionskassenskandal, mit dem Matters Ruf zerstört wurde, ist wenn überhaupt keiner der Swissfirst Bank. Der Rückzieher von «Blick» und «SonntagsBlick» mit Entschuldigungen bei Matter und Pensionskassenmanager Jürg Maurer («der frechste Pensionskassenmanager des Landes») zeigt zumindest, dass das Verlagshaus selber nicht mehr an die einst erhobenen Vorwürfe glaubt.

Übrig bleibt ein letztes Gefecht, bei dem es allein um die Behauptung von Rumen Hranov geht, vom jungen Matter hinters Licht geführt und geschädigt worden zu sein. Thomas Matter, so Hranov in seiner Anklage, habe behauptet, das Bankgeschäft aufzugeben und in die Politik zu wechseln. Allein deshalb habe er, Hranov, einen Teil seiner Swissfirst-Aktien zum Verkauf freigegeben.

Was den 63-jährigen Hranov auf seinem Feldzug gegen seinen früheren Kompagnon antreibt, darüber kann nur spekuliert werden. Vielleicht ist es der Ärger, dass ein anderer mehr Gewinn erzielte als er selbst. Der aus Bulgarien stammende Financier hat mit Wertschriftengeschäften ein Vermögen von rund 300 Millionen Franken aufgebaut und ist es gewohnt, knallhart zu verhandeln und die besten Bedingungen für sich herauszuholen. Bei der dem Streit zugrunde liegenden Fusion der zwei Banken Swissfirst und Bellevue verdiente Hranov zwar per saldo viel Geld. Doch sein Gegenspieler Matter und dessen Umfeld kamen in seinen Augen besser weg.

Wer zornig um sich schlägt, sollte die Wahrheit auf seiner Seite wissen. Denn mit einem unglaubwürdigen Kronzeugen zieht kein Staatsanwalt vor Gericht. Genau darauf zielt die Strategie der Verteidigung von Matter ab. Sein Rechtsanwalt Lorenz Erni, der Angeschuldigte wie Ex-Swissair-CEO Philippe Bruggisser und das Zürcher «Bundesanwalt-Opfer» Oskar Holenweger verteidigt, versucht Zweifel an der Person des Angreifers Hranov zu säen. Mangels Beweisen werden nicht die Anschuldigungen des Klägers entkräftet, sondern der Kläger selbst demontiert, indem seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird.

Lorenz Ernis Strategie, die auf die Person Hranov zielt, hat einen Teilerfolg erzielt. Am 2. August eröffnete Staatsanwalt Arno Thürig ein Strafverfahren gegen Rumen Hranov wegen falschen Zeugnisses. Erni zeigte Unstimmigkeiten in Hranovs Anklage auf. Es geht um ein Faxschreiben, das Hranovs Anwälte im Strafprozess nur teilweise eingereicht und auf dem sie Retuschen vorgenommen hatten. Und es geht um Optionen auf Swissfirst-Aktien, die Hranov am Tag nach Bekanntgabe der Fusion mit Bellevue gekauft haben soll.

Zum Fax: Das Schreiben ging am 12. September 2005 in Hranovs Büro ein. Es umfasst drei Seiten, ein Deckblatt und zwei Seiten mit Informationen. Seite zwei weist einen Minussaldo von rund 2,6 Millionen Franken aus. Auf Seite drei sind Details eines Wertschriftendepots aufgeführt. Abgeschickt hatte das Fax die Swissfirst Bank auf Verlangen ihres Kunden Rumen Hranov . Der wollte wissen, wie sich der Verkauf der Swissfirst-Aktien, die auf den Namen seiner Mutter Hranova lauteten, finanziell ausgewirkt habe. Das Minus von 2,6 Millionen Franken ergab sich aus der Tatsache, dass der einstige Kauf der Aktien zu 100 Prozent fremdfinanziert war.

Zwei Monate später reichte Rumen Hranov eine Strafklage gegen Thomas Matter ein. Er behauptete, den Verkauf der Swissfirst-Titel seiner Mutter nie autorisiert zu haben und er sei auch nach Erhalt des Fax am 12. September davon ausgegangen, dass diese Titel noch nicht definitiv weg seien. Als Beweis reichte Hranov respektive dessen Anwalt das Deckblatt und die Seite zwei des Fax ein, nicht aber Seite drei. In seiner Befragung als Zeuge vom 19. Juni 2006 konnte deshalb Hranov ohne Widerspruch behaupten, das Fax zeige lediglich einen Kontostand, nicht aber den Verkauf der Titel. Über die letzte Seite des Fax, die den Verkauf klar machte, verlor Hranov kein Wort.

Diese dritte Seite kam später zum Vorschein. Ein anderer Anwalt Rumen Hranovs reichte nämlich aus Versehen? beim Zürcher Handelsgericht eine weitere Klage gegen Matter ein, dort mit dem vollständigen Fax. Nun hatte sich nicht nur die Seitenzahl um eins nach oben verschoben, sondern es kam auch ein neuer Besitzer der Aktien zum Vorschein, Hranovs Mutter. Ihr Name war in der Anzeige zuhanden der Staatsanwaltschaft abgedeckt.

Von Manipulationen könne keine Rede sein, sagt Hranovs Verteidiger Michael Werder. «Mein Klient hat gar nie behauptet, nichts vom Verkauf gewusst zu haben. Er bestreitet lediglich, grünes Licht dafür gegeben zu haben.»

Vor Monatsfrist knöpfte sich Staatsanwalt Thürig den in die Defensive geratenen Hranov vor. Thürig konfrontierte Hranov nicht nur mit der Fax-Geschichte, sondern zitierte auch aus dessen Agenda, die bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt worden war. Danach traf sich Hranov am 13. September 2005, am Tag nach der Bekanntgabe des Swissfirst/Bellevue-Deals, mit dem Chef der Derivateabteilung der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zum Lunch im noblen Zürcher Restaurant Orsini. Beim ZKB-Banker handelte es sich um Simon Biner, der es im Fall Sulzer zu Berühmtheit gebracht hatte. Biner gilt als Architekt der wilden Optionsstrukturen, die den Angreifern auf den Sulzer-Industriekonzern (Ronny Pecik, Viktor Vekselberg) maximale Intransparenz ermöglicht hatten.

Simon Biner schlug Rumen Hranov den Kauf der ersten Option auf die neu fusionierte Swissfirst vor. Der Investor erkannte darin eine Chance und erwarb als Erstinvestor einen Teil der Option. Wie gross sein Investment war, ist umstritten. In seiner Einvernahme sprach Hranov von 200 000 Stück. Der Staatsanwalt ist am Abklären. Möglicherweise hat Hranov bedeutend mehr dieser Option erworben.

Das Ausmass ist ein wichtiges Element im Puzzle, das über Hranovs Glaubwürdigkeit entscheidet. Denn Hranov hat stets behauptet, dass er einen entscheidenden Punkt der Fusion von Swissfirst und Bellevue, der einen Verbleib Matters an der Spitze vorsah, erst am 17. September 2005 vollständig erfasst habe. Hätte er dies früher realisiert, hätte er keine Aktien verkauft.

Umso erstaunlicher wäre ein Optionskauf im grossen Stil. Denn Rumen Hranov sah in einer Swissfirst ohne ihren Gründer Thomas Matter nach eigenem Bekunden kein grosses Aufwärtspotenzial mehr. Wenn er alles gewusst hätte, dann hätte er «fünf oder zehn Millionen von diesen von der Zürcher Kantonalbank damals herausgegebenen Optionen gekauft und nicht nur 200 000 Stück zu total 150 000 Franken», sagte er in der Einvernahme vor Monatsfrist. Damit sollte sein Nichtwissen untermauert werden.

Die Zürcher Kantonalbank gab schliesslich nicht wie geplant zehn Millionen Optionen heraus, sondern emittierte in der entscheidenden ersten Woche lediglich gut drei Millionen. Sollte Rumen Hranov nicht wie behauptet einen kleinen Teil, sondern eine oder sogar zwei Millionen Stück davon erworben haben, nähme seine Glaubwürdigkeit weiteren Schaden. Dann wäre klar, dass der Investor auf steigende Kurse der Swissfirst-Titel spekuliert hätte. Zur Aussage, die Swissfirst/Bellevue-Transaktion in ihrem ganzen Ausmass erst später begriffen zu haben, würde diese Handlung des erfolgreichen Financiers nicht passen. Sonst hätte es der Finanzinvestor wohl kaum zu seinem Reichtum gebracht.


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