Dörig drängts zum höheren Amt

Der gegenwärtige CEO des führenden Versicherers Swiss Life möchte in den Verwaltungsrat wechseln.

Nach fünf Jahren an der Spitze hat Dörig genug vom Tages- geschäft. Er will Profi-Verwaltungsrat werden und mehr Zeit für seine Mandate beim Grasshopper-Club und andernorts haben. Als Nachfolger steht Geschäftsleitungsmitglied Bruno Pfister bereit.

In neun Tagen will die Swiss Life an einer Investorentagung über ihre strategische Neuausrichtung und ihre Ziele für die nächsten Jahre informieren. Als grösste Neuheit ist aber eine Personalie geplant: Der CEO Rolf Dörig hat sich laut Aussagen aus Freundes- und Swiss-Life-Kreisen entschieden, seinen Job als Konzernchef des Lebensversicherers an den Nagel zu hängen.

«Rolf Dörig wird bei Swiss Life bleiben und sich engagiert für das Erreichen der neuen Zielsetzungen einsetzen», sagt Sprecher Andreas Hildenbrand ausweichend. Gemäss Informationen von «Sonntag» will sich der 50-jährige Dörig an der nächsten Generalversammlung im Mai 2008 in den Verwaltungsrat der Gesellschaft wählen lassen. Ungewöhnlich ist: Dörig drängt in den Verwaltungsrat, ohne dass Bruno Gehrig den Stuhl des Präsidenten frei macht. Gehrig ist bis 2009 gewählt. Wenn überhaupt, wird Dörig also Gehrig erst zu einem späteren Zeitpunkt als Präsident der Swiss Life beerben.

Dörig tanzt bereits heute auf vielen Hochzeiten. So ist er unter anderem Vizepräsident der Verwaltungsräte des Zeitarbeitsvermittlers Adecco und des Schlüsselfabrikanten Kaba. Er ist Mitglied der Leitungsgremien des Versicherungsverbands und des Wirtschafts-Dachverbands Economiesuisse. Und er steht als Zentralpräsident den zwölf Grasshoppers-Sportsektionen vor.

«Rolf Dörig ist ein Machertyp, einer, dem nichts zu viel ist», sagt Walter Brunner, der sich in der letzten Finanzkrise gemeinsam mit Dörig um das GC-Profi-Fussballteam kümmerte. Im GC-Verein mit 3500 Mitgliedern und seiner Stadtzunft konnte Dörig ein Netz mit einflussreichen Persönlichkeiten knüpfen, das ihm bei seiner Karriere behilflich war.

Eine Würdigung von Dörigs fünfjähriger Zeit als oberster operativer Lenker des Schweizer Lebensversicherers Swiss Life fällt auf den ersten Blick positiv aus: Dem bescheiden wirkenden Manager gebührt das Verdienst, verloren gegangenes Vertrauen in Anleger-, Mitarbeiter- und Kundenkreisen zurückgewonnen zu haben. Er hat das Gewinnziel für 2008 von 1 Milliarde Franken vorzeitig erreicht. Und er hat den Aktienkurs seit seinem Tiefstkurs im März 2003 fast verachtfacht. Allerdings kommt der Kurs seit über einem Jahr nicht vom Fleck. In den derzeitigen Finanzmarktturbulenzen hält sich die Aktie aber vergleichsweise gut (siehe Grafik). So scheint der Termin für die Ankündigung des Rücktritts am Ende des Jubiläumsjahres zum 150. Geburtstag der Swiss Life günstig.

Bei einer kritischen Betrachtung von Dörigs Wirken kommen aber unter der glänzenden Fassade des geschliffenen Managers auch matte Stellen zum Vorschein. In der letzten Strategievereinbarung 2004 mit dem Verwaltungsrat hatte sich Dörig verpflichtet, alle von der Swiss Life beackerten Auslandmärkte zum Blühen zu bringen und die wichtige Tochtergesellschaft Banca del Gottardo aus eigener Kraft voranzubringen. Dies, nachdem ein erster Verkaufsversuch 2004 abgebrochen wurde. Nun verkauft die Swiss Life sowohl die Bank als auch wichtige Teile des ausländischen Versicherungs-Portefeuilles für insgesamt 4,4 Milliarden Franken.

Die Swiss Life schwimmt im Geld, weiss aber nicht wohin damit. Vor allem wegen des in Aussicht gestellten Aktienrückkaufs im Umfang von 2,5 Milliarden Franken empfehlen viele Analysten die Aktie derzeit zum Kauf. Einige aber sähen die holländische Zwitserleven und die Banca del Gottardo lieber weiterhin als Teil der Schweizer Versicherung: «Warum verkauft Swiss Life zwei sprudelnde und diversifizierende Ertragsquellen just jetzt, da die französische Axa-Winterthur aggressiv auf die Preise in der Schweiz drückt?», fragt sich beispielsweise Fabrizio Croce vom Broker Landsbanki Kepler. «Man optimiert Gewinne durch Einmaleffekte nur kurzfristig.» Laut Croce trugen die abgestossenen Töchter mit 300 Millionen Franken rund einen Drittel zum Reingewinn bei. Wie diese Lücke geschlossen werden soll, sei offen.

Genau das ist die Frage: Wie die Lebensversicherung weiter wachsen soll, will die Swiss-Life-Spitze um Dörig Anfang Dezember beantworten. Croce zweifelt daran, dass Swiss Life der zunehmend internationalen Konkurrenz alleine die Stirn bieten kann. Der Analyst schlägt ihr vor, sich von der Börse zurückzuziehen, um mit dem Sachversicherer Mobiliar im früheren Kleid einer Genossenschaft zusammenzugehen: Ohne Gewinne für Aktionäre generieren zu müssen, wäre Swiss Life «im jetzigen Umfeld wieder konkurrenzfähig».

CEO Dörig geht als wichtiger Übergangskapitän in die Geschichte von Swiss Life ein. Ob die Swiss Life langfris-tig im Wettbewerb gegen die Schwergewichte der Branche bestehen kann, wird der abtretende Konzernchef als neues VR-Mitglied zusammen mit seinem Nachfolger beweisen müssen.

Der Teilzeit-CEO

Nachdem ihm Haudegen Oswald Grübel bei der Grossbank Credit Suisse den Weg nach ganz oben versperrte, führte Rolf Dörig die Versicherung Swiss Life vom Abgrund auf stabilen finanziellen Boden. Daneben hat Dörig längst eine VR-Karriere begonnen. Zudem sitzt er im Vorstandsausschuss des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse und ist Mitglied des Vorstands der Zürcher Handelskammer. Der Oberst im Generalstab ist auch Mitglied im Gönnerverein der Tonhalle-Gesellschaft und Mitgründer des Vereins Freunde der FDP. Kürzlich zog er in eine Villa mit Seeanstoss an der Zürcher Goldküste.


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