Die Schlammschlacht

Ernst Thomke von BB Medtech will Tecan mit neuer Führung in eine Geldmaschine verwandeln. Tecan-Präsident Mike Baronian tritt im Gegenzug eine Presselawine los. Die Hintergründe.

Die Gegenspieler schlagen sich die Vorwürfe in aller Öffentlichkeit um die Ohren. Ernst Thomke, dessen Beteiligungsvehikel BB Medtech 14 Prozent an der Diagnose-geräteherstellerin Tecan besitzt, sagte vor Wochenfrist der «Finanz und Wirtschaft»: «Wichtig ist, dass der Präsident wesentlich mehr Zeit für diese Aufgabe aufwendet, als es Mike Baronian tut.» Als Vertreter der grössten Tecan-Einzelaktionärin habe er Baronian zur Abgabe des Präsidiums aufgefordert. Der Kritisierte lässt sich nicht unwidersprochen eine lahme Ente schelten und kontert: «Die Kritiker sollten eigentlich unser Geschäft verstehen, doch ich befürchte, Doktor Thomke versteht es nicht.»

Dem Machtkampf vorausgegangen ist ein Intrigenspiel der besonderen Art. Am 12. Dezember traf sich Thomke mit dem 59-jährigen Baronian und eröffnete ihm, dass er sich mit einem Rücktritt als Tecan-Präsident anfreunden solle. In einem Schreiben vom 15. Dezember, das BILANZ einsehen konnte, fasste Thomke das Gespräch zusammen. Ziel sei es, sich in den nächsten Wochen über die Rückzugsmodalitäten von Baronian und über den neuen Präsidenten einig zu werden. Baronian seinerseits informierte die übrigen VR-Mitglieder über Thomkes Forderungen in einer E-Mail vom 14. Dezember.

Im VR sass zu jenem Zeitpunkt auch der Deutsche Heino von Prondzynski. Der Manager mit 30 Jahren Diagnostikerfahrung und langjährigem Einsatz beim Schweizer Pharmamulti Roche zog im Frühling 2006 sowohl im Aufsichtsgremium von BB Medtech ein als auch in jenem von Tecan, die in Männedorf am rechten Zürichseeufer ihren Sitz hat. Tecan-Präsident Baronian war mit von Prondzynskis Zuwahl offenbar einverstanden.

Doch ganz frei war Baronian schon damals nicht mehr. Im Herbst 2005 hatte sich nämlich BB Medtech zur Tecan-Grossaktionärin gemacht. Der Schritt überraschte insofern, als die Zürcher Financiers die Firma zuvor jahrelang links liegen gelassen hatten. In ihren Augen hatte Tecan keine klar fokussierte Strategie. Diese Einschätzung änderte erst, als Industriemanager Thomas Bachmann, der bei Arbonia-Forster und Rieter seine Sporen abverdient hatte, zu Tecan stiess und einen Plan zur Wertsteigerung vorlegte. Nun stürzte sich Thomkes BB-Vehikel auf die Tecan-Aktien. Inzwischen hat sich der Kurs von 40 auf 85 Franken verdoppelt.

Nach dem Aktiengrosseinkauf und der Delegation eines eigenen Mannes in den VR konnte Phase zwei in der Operation Tecan beginnen. Gemeinsam mit dem Management erarbeitete von Prondzynski eine Strategie ­ die erste, die diesen Namen verdiente, wie BB Medtech heute behauptet. Sie wurde am 14. November präsentiert und sieht vor, Tecan künftig im Bereich der kleineren Diagnosegeräte für Dritthersteller wachsen zu lassen, während der noch grosse Umsatzpfeiler, die massgeschneiderten Grossanlagen für Pharmamultis, an Priorität verlieren soll. Zudem wittert Tecan Chancen im Geschäft mit für den Diagnoseprozess benötigten Verbrauchsprodukten wie Pipetten und Behältnissen. Der Umsatz soll von unter 400 Millionen Franken auf dereinst eine Milliarde hochschnellen. BB Medtech fordert von allen Firmen, bei denen sie sich engagiert, eine Umsatzverdoppelung in vier Jahren.

So weit, so gut. Was noch fehlte, war ein neuer Kopf, der die Strategie auch tatsächlich innert nützlicher Frist in die Realität umsetzen würde; einer, der anpackt und das Management als aktiver Coach begleitet. So gehen die erfolgreichen Leute der BB-Beteiligungsgesellschaften immer vor, sei es bei der schwedisch-schweizerischen Dentalimplantatefirma Nobel Biocare, die unter BB-Medtech-Führung in den letzten Jahren zum Börsenstar wurde; sei es früher bei Saurer, wo das Schwestervehikel BB Industrie einst die Zügel an sich riss.

Ernst Thomke von BB Medtech kannte das Spiel, als er Mitte Dezember das «Gespräch unter Freunden» mit Tecan-Präsident Mike Baronian führte. Und auch Letzterer ist kein Anfänger im Powerplay. Er hatte seine Erfahrungen gemacht, als er Ende 1999 als Leiter des Zentrallaboratoriums Bern entmachtet wurde und drei Jahre später als Asklia-Chef (Nachfolgegesellschaft von Galactina-Babynahrung) abtreten musste.

Alles war aufgegleist für einen Stabwechsel. Da sprang der Zug plötzlich aus den Schienen. Angefangen hatte es damit, dass Baronian abtauchte. Thomke liess Weihnachten und Neujahr verstreichen, erwartete aber spätestens in der zweiten Januarwoche eine Antwort auf seinen Brief, in dem er von Baronian den freiwilligen Abgang gefordert hatte. Viel Zeit hatte man aufseiten von BB Medtech nicht. Sollte der Tecan-Präsident nicht willig sein, müssten andere Saiten aufgezogen und Ende Februar der Generalversammlung neue Köpfe zur Wahl in den VR präsentiert werden.

Noch einmal griff Thomke zur Feder. Am 15. Januar schrieb er Baronian und gleichzeitig allen übrigen VR-Mitgliedern von Tecan, dass sofort ein Treffen zwischen BB Medtech und Tecan stattzufinden habe. Man vereinbarte eine Sitzung zwischen zwei je vierköpfigen Delegationen für den 2. Februar. Dazu sollte es nie kommen.

Statt sich der absehbaren Rücktrittsforderung zu stellen, ergriff Baronian die Flucht nach vorn. Am Freitag, 26. Januar, eine Woche vor der möglichen Absetzung, traf er seinen PR-Mann Sacha Wigdorovits, der schon lange für Tecan tätig ist. Was die beiden am Sitz in Männedorf besprachen, bleibt offen. Fünf Tage später, am Mittwoch, meldete sich die «NZZ am Sonntag» bei Tecan-VR von Prondzynski. Die Journalistin forderte vom Vertreter der BB Medtech eine Stellungnahme zu seiner Absicht, dem VR einer anderen Medizinaltechnik-Firma, an der offenbar BB Medtech beteiligt ist, beizutreten.

Von Prondzynski hatte bei Tecan einzig mit Präsident Baronian über das Thema gesprochen. Er kombinierte: Baronian habe wohl Wigdorovits informiert und dieser die Journalistin. Wigdorovits wiegelt ab. «Auf eine entsprechende Frage hin sagte ich der Journalistin der Zeitung, dass Herr von Prondzynski meines Wissens ein neues VR-Mandat in Aussicht hätte. Diese Information war aber, wie sich dann herausstellte, noch nicht zur Publikation freigegeben und wurde in der Zeitung auch nicht verwendet.»

Von Prondzynski schloss aus dem «NZZ»-Telefonat, dass Tecan-Präsident Baronian eine mediale Schlammschlacht gegen ihn und die BB Medtech auslösen wollte. Er forderte Baronian auf, dazu Stellung zu beziehen. In einer Mail vom 1. Februar an den Tecan-VR gab Baronian zu, seinen PR-Mann Wigdorovits über von Prondzynskis zukünftiges VR-Mandat informiert zu haben. Gleichzeitig liess Baronian seine Kollegen wissen, dass das geplante Meeting mit BB Medtech vom Folgetag auf Anraten seiner Anwälte nicht stattfinden würde. Man solle zuerst die Sonntagspresse abwarten.

Von Prondzynski hatte genug. Am Freitag, 2. Februar, dem Tag, der eigentlich für die Absetzung Baronians vorgesehen war, trat der BB-Medtech-Mann per sofort aus dem Tecan-VR zurück. Das Zeitspiel und die Indiskretion des Tecan-Präsidenten hatten von Prondzynski entnervt.

Der Machtkampf um die Zürcher Diagnosegerätefirma entscheidet sich am 19. April. An der GV wählen die Tecan-Aktionäre drei Mitglieder des VR, und sie entscheiden über eine Reduktion der Wahlperiode von heute drei Jahren auf neu zwölf Monate sowie über die Abschaffung der Stimmrechtsgrenze von fünf Prozent. BB Medtech will nach eigener Auskunft zwei oder drei Kandidaten für den sechsköpfigen VR ins Rennen schicken. Das Gremium kürt danach aus den eigenen Reihen seinen Präsidenten.


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