Das Märchen vom vorsichtigen Finanzhaus UBS

Die UBS-Chefs rühmten sich ihres umsichtigen Umgangs mit Risiken. Tatsächlich beteiligten sie sich an den immer wilderen Spekulationen mit US-Immobilien.

Der Vier-Milliarden-Verlust der UBS kommt nicht aus heiterem Himmel. Die grösste Schweizer Bank zählt neben der Deutschen Bank und einigen US-Investmenthäusern zur führenden Adresse im amerikanischen Geschäft mit Subprime-Hypotheken. Die Schweizer Grossbank sammelte und verkaufte diese nicht nur neu verpackt in Form von CDO-Anleihen, sondern wettete auch mit eigenem Geld im grossen Stil auf die Hypothekarforderungen an minderwertige Schuldner (siehe Glossar). Dies, obwohl das Geschäft laut einem Insider zumindest in den letzten drei bis vier Monaten gar nicht mehr rentiert hat.

Die Warnlampen blinkten beim UBS-Verwaltungsrat bereits «vor weit über einem Jahr», sagte Präsident Marcel Ospel in der «NZZ»-Samstagsausgabe. Neben den Kosten für die astronomischen Boni der Investmentbanker und dem Risiko einer Zinswende habe Ospel vor allem das Bilanzwachstum alarmiert. Sprich: die immer grösseren Risiken, die seine Bank gemessen am Eigenkapital einging.

Das Verhältnis Bilanzsumme/Eigenkapital schoss von 30 im Jahr 1998 auf 50 Ende Juni 2007 hoch (siehe Grafik). Einzig die Deutsche Bank weist einen höheren «Leverage» aus, während die Credit Suisse (32), die amerikanischen Banken Citigroup (17) und Goldman Sachs (25) ihre Bilanz viel zurückhaltender nutzen. «Der Leverage der UBS ist ‹nuts›», sagt ein langjähriger UBS-Topmanager. Nun sei die Bank überall mittendrin und riskiere weitere Verluste, wenn die Märkte das nächste Mal «verrückt» spielten.

Den Weg zum Risiko wies Ospel selber, indem er seine Leute seit Jahren zur Steigerung des Aktienkurses antreibt. Ospel nutzte nach der Internet-Bubble 2001 die Gelegenheit, risikofreudige Stars für das Investmentbanking zu verpflichten. Dessen Leitung übertrug er dem Amerikaner John Costas, der sich sofort daranmachte, eine riesige Spekulationsmaschine aufzubauen. Deklariertes Ziel war, die UBS zur Nummer eins im globalen Investmentbanking zu machen. Der Anspruch wirkt im Rückblick als zu hoch gegriffen.

In der Zürcher Zentrale läuteten schon 2004 die Alarmglocken. Das zentrale Riskmanagement von Walter Stürzinger schickte der Konzernleitung Berichte über Klumpenrisiken in undurchschaubaren Vehikeln. Marcel Ospel, der sich selbst «aktiver Präsident» nennt, muss davon gewusst haben. Doch die Warnungen verhallten ungehört, die UBS-Spitze vertraute lieber den Modellen von Costas & Co., die das Risiko mit mathematischen Formeln wegzauberten.

Sub prime Loans

Hypotheken, die an Konsumenten mit schlechter Schuldnerqualität vergeben werden.

CDO (Collateralized Debt Obligation)

CDOs sind Anleihen, die durch einen Pool von Schuldpapieren gesichert sind, z. B. Hypotheken und Konsumkredite. In der Regel wird eine CDO-Anleihe in verschiedene Tranchen aufgeteilt: Verliert z. B. das mit 1 Million Dollar belehnte Haus an Wert, deckt die drittrangige Anleihe den Wertverlust der ersten 200 000 Dollar. Die erstrangige Tranche muss erst grössere Wertverluste decken und bietet den höchsten Investorenschutz

Super Senior AAA CDO

Diese Tranche enthält eine zusätzliche Versicherung gegen Wertzerfall. Im Fall der UBS half alles nichts. Der Wertzerfall der Häuser war zu gross.


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