Umsteigen, bitte!

Nach Nelly Wenger ist auch Rainer Müller seinen Schokoladenjob bei Nestlé los. Der Cailler-Chef wechselte in die Abteilung Marketing & Innovation.

Sie waren lange Zeit ein unzertrennliches Gespann: Rainer Müller, bei der Expo.02 verantwortlich fürs Marketing, und Expo-Chefin Nelly Wenger. Als Wenger Anfang 2005 beim Nahrungsmittel-Konzern Nestlé die Leitung der Schweizer Landesgesellschaft übernahm, folgte ihr Müller und wurde Chef der Nestlé-Schokoladenmarke Cailler.

Nun ist die gemeinsame Story abrupt zu Ende gegangen. Wenger ist seit Ende September krankgeschrieben. Und Müller hat seit Anfang November einen neuen Job. Er wechselte in die neu gebildete Gruppe Marketing & Innovation in der Nestlé-Zentrale in Vevey, wie das Unternehmen FACTS-Recherchen bestätigt.

«Ich wollte mich grundlegend im Bereich Marketing weiterentwickeln», sagt Müller auf Anfrage. Inwieweit sein Abschied als Cailler-Chef mit der missglückten Neulancierung der Schokoladenmarke zusammenhängt, lässt er offen. Sein Wechsel sei jedenfalls «auf eigenen Wunsch» erfolgt. In seiner neuen Funktion in der Konzernzentrale werde er sich um die Entwicklung neuer und bestehender Marken kümmern, etwas, das er schon immer wollte.

Müllers Wortwahl korreliert stark mit der offiziellen Stellungnahme des Sprechers von Nestlé Schweiz. «Herr Müller hat sich schon immer für Marketing und Innovation interessiert», sagt Philippe Oertlé. «Nun hat er die Chance erhalten, bei der Lancierung dieses neuen Programms von Anfang an dabei zu sein.» Laut Oertlé habe Müllers Wechsel «nichts mit den Turbulenzen bei der Marke Cailler» zu tun.

Anfang Jahr erhielt die Schokoladenmarke ein neues Kleid und frische Ingredienzen. Unter dem Slogan «Cailler of Switzerland» entwickelten Stars wie der Architekt Jean Nouvel und der Kochkünstler Ferran Adrià eine im Vergleich zum bisherigen Cailler-Auftritt futuristisch anmutende Linie. Nach rückläufigem Absatz und einem Boykott durch den zweitwichtigsten Wiederverkäufer Denner versprach der für Wenger interimistisch eingesprungene Nestlé-Topmann Hervé Cathelin eine Kurskorrektur. Als Erstes wurde die Zusammenarbeit mit den externen Stars gestoppt. «Es ist nicht geplant, den Zusammenarbeitsvertrag mit Herrn Nouvel zu verlängern», sagt Sprecher Oertlé. «Und mit Herrn Adrià haben wir kein laufendes Projekt mehr.»

Cailler ist wieder wie früher

Ob der Neuanfang gelingt, hängt massgeblich von Hervé Cathelin ab. Der erfahrene Nestlé-Manager trägt derzeit gleich drei Hüte. Er ist stellvertretender Chef der Verkaufszone Europa sowie vorübergehend Leiter der Ländergesellschaft Schweiz und der Marke Cailler. Cathelin ist es auch, der einen neuen Cailler-Chef berufen muss.

Gerüchteweise hat Didier Focking die besten Chancen auf den Job. Dessen ganze Karriere bei Nestlé drehte sich um Schokolade. Mitte der Neunzigerjahre war er bereits einmal für das Schokoladengeschäft von Nestlé Schweiz zuständig. Danach war er in verschiedenen Ländern tätig. «Focking ist bestens vertraut mit den Gewohnheiten der Konsumenten und ein wahrer Schokoladen-Liebhaber», sagt ein langjähriger Weggefährte. Eine hohe Qualität und die Wahrung von Tradition seien ihm wichtig, ohne sich Neuerungen gegenüber zu verschliessen.

Eine Wahl Fockings, der in ein paar Jahren pensioniert wird, wäre ein weiteres Indiz für die Rückkehr der Marke Cailler zu ihren einstigen Wurzeln. Schon jetzt werden die Tafelschokoladen wieder im herkömmlichen Papier und nicht wie unter Wenger in Plastik verpackt. Weitere Korrekturen sind für Anfang 2007 versprochen.

Ob Nestlé damit ihr Problem mit dieser Marke lösen wird, bleibt abzuwarten. Cailler hatte vor der Neulancierung ein in die Jahre gekommenes, eher verstaubtes Image. Der Sprung zu einer innovativen, das urbane Publikum ansprechenden Schokolade erwies sich als zu gewagt. Aus diesem Grund aber sämtliche Innovationen auf Eis zu legen, könnte sich dereinst rächen.


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