«Ich trage lediglich eine rote Mütze»

Niki Lauda war drei Mal Formel-1-Weltmeister, hat bereits die zweite Airline gegründet und wirbt für die Österreichischen Bundesbahnen: Der Verkehr hat es ihm angetan.

Unser Fly-Niki-Flug von Zürich nach Wien war halb voll. Können Sie damit zufrieden sein?

Wir fliegen die Strecke erst sehr kurz, da sind 50 Prozent Auslastung in Ordnung. War der Flug okay?

Die Flugbegleiterinnen taten uns ein bisschen Leid, sie stecken in silbrigen Überziehkleidern.

Ja, die Frauen wirken zu voluminös, weil sie unter den Mänteln anziehen dürfen, was sie wollen. Am besten sieht es natürlich aus, wenn sie Miniröcke tragen. Oder gar nichts.

Ein eigenwilliges Konzept.

Aber bestechend. Wir müssen nur für Mantel, Schuhe und Tasche des Personals Geld ausgeben. Das kostet statt 1500 Euro wie bei einer normalen Uniform nur 150.

Ausserdem passen die Uniformen nur jungen und gut aussehenden Flight-Attendants, an denen bei Ihnen kein Mangel herrscht. Wählen Sie die Frauen selbst aus?

Bei der letzten Entscheidung bin ich dabei. Sie sind die wichtigsten Mitarbeiter. Das hat schon Moritz Suter bei der Crossair richtig erkannt.

Im Moment gewöhnt man sich gerade daran, dass die grossen Airlines kein Gratisessen ausgeben und dass auf den Europaflügen die Bestuhlung immer enger wird. Sie machen das Gegenteil, lassen die Sitze Ihrer Linie sogar mit Leder beziehen. Warum?

Die Grossen verlangen 800 Euro für den Flug nach Zürich, und dann musst du für einen Gipfel, der nach nichts schmeckt, extra bezahlen. Da wird Schindluderei mit den Passagieren betrieben.

Die Preise bei der Swiss liegen schon lange nicht mehr bei 800 Euro.

Wenn du Pech hast, kannst du immer noch so ein Ticket erwischen. Sonst sind es halt 400 Euro. Dann kommst du an Bord, und sie nehmen dir Geld weg für deinen Gipfel. Die Kosten deines Flugtickets kommen doch nicht vom Essen, sondern vom Kerosin, von der Leasingrate, dem Personal, den Overhead-Kosten.

Wie viele Leute beschäftigen Sie?

Fünfzehn Verwaltungs-Angestellte für fünf Flugzeuge, als Overhead. Hinzu kommen die Besatzungen und die Techniker.

Wie viele Leute in der Administration bräuchte eine traditionelle Airline dafür?

Mindestens 50 bis 60. Der ganze Vertrieb ist aufwendig. Der ist das Hauptproblem.

Den besorgt für Sie die Air Berlin. Was bezahlen Sie denn für deren Leistungen?

Die haben 24 Prozent meiner Airline. Wenn’s mir gut geht, profitiert auch Air Berlin. Die Zusammenarbeit ist einfach: Bezahlt einer mit der Kreditkarte, erhält er die Rechnung über das Vertriebssystem der Air Berlin zugestellt. Ich sitze einfach vor meinem Laptop im Büro und schaue zu, wie sich meine Flugzeuge füllen. So eine Vertriebsschiene muss man sonst mühselig aufbauen. Air Berlin hat das längst gemacht und perfekt hingekriegt. Das nütze ich voll aus.

Als Besitzer der Lauda Air haben Sie mit den Aus-trian Airlines zusammengearbeitet…

…das war mir eine Lehre fürs Leben. Ich werde nie mehr mit einer Firma zusammenspannen, die staatliche Wurzeln hat. Da prallen zwei Kulturen zusammen, die sich nicht befruchten können.

Wie wollen Sie das Gleiche heute verhindern? Die Air Berlin ist ja auch keine Minigesellschaft mehr.

Bei der Auswahl meiner Partnerin habe ich darauf geachtet, dass die beiden Kulturen passen. Die Air Berlin ist ein unglaubliches Unternehmen, mit 2200 Mitarbeitern und ihrem Chef Achim Hunold, der das Ganze ankurbelt. Da gibt’s keinen, der nörgelt und sich beschwert. Ich war unlängst auf einer Betriebsfeier von denen, da blieb ich bis halb sechs Uhr früh, weil’s so ein Spass war.

Warum sind Sie überhaupt ins Airline-Business zurückgekehrt? Lang ausgehen konnten Sie auch ohne Fluglinie.

Zufall. Als ich bei Jaguar aus dem Formel-1-Team geschmissen wurde und ein Konkurrenzverbot kriegte, schaute ich mich nach etwas Neuem um und fand, die Billig-Airlines könnten eine Chance für mich sein. Das passiert mir immer wieder: Ich halte die Augen offen, plötzlich taucht eine Opportunity auf, dann heisst es jetzt oder nie, und so stolpere ich hinein.

Zufall? Herr Lauda, bitte. Bei der Swiss suchten Sie doch eine Gelegenheit einzusteigen. Letzten Sommer trafen Sie Swiss-Präsident Pieter Bouw.

Ich habe mit ihm telefoniert und war bei einem Verwaltungsrat, dem Michael Pieper von der Küchenbaufirma Franke. Mit dem habe ich lange geredet.

Und wieso wurde nichts daraus?

Erstens einmal wurde ich nie etwas Konkretes gefragt. Und zweitens habe ich nach meiner Austrian-Erfahrung eine Abneigung gegen die schwerfälligen Strukturen grosser Konzerne. Bei der Swiss wäre es schwieriger, etwas zu realisieren, als wenn ich selber beginne, nur mit einem weissen Blatt Papier.

Was wollte die Swiss von Ihnen hören?

Eine Aussenanalyse Ihres Ist-Zustands.

Wie fiel die aus?

Weil ich damals zu wenig wusste, bin ich zu Moritz Suter gegangen. Mit ihm habe ich schon in der Swissair-Zeit gegen den Herrn Bruggisser gekämpft. Spätestens nach dem Gespräch mit Suter wusste ich, dass das, was die Swiss machte, nicht funktionieren kann.

Wie reagierte die Swiss auf Ihren Befund?

Sehr beunruhigt. Die politische Vorgabe, so und so viele Langstrecken zu betreiben, war der Kern des Problems.

Sie wollten doch mit der Swiss etwas unternehmen, vielleicht einen Teil auslagern. Sind Sie enttäuscht, dass nichts daraus wurde?

Jetzt, da ich meine Air Niki habe, sicher nicht. Es wurde rasch klar, dass man die Swiss nicht über Nacht in eine privat denkende Firma umwandeln kann. So ein Prozess dauert zehn Jahre, behaupte ich mal. Wie ein Irrer gegen Windmühlen zu kämpfen, wäre mir aber zu langwierig.

Das Hauptproblem?

Die fixen Verträge. Die kannst du in gewissen Ländern nicht ändern. Da kannst du nichts machen, ausser Konkurs.

Sie prophezeien der Swiss den Konkurs?

Es wird schwer für die Swiss. Die müssen sich langsam gesundschrumpfen. Was mir dabei nicht in den Kopf will, ist, dass den Schweizern diese Peinlichkeit zum zweiten Mal passiert. Die hatten nach dem 11. September und dem Konkurs der Swissair die irrsinnige Möglichkeit, frisch zu beginnen. Die wären allen um die Ohren geflogen, weil sie eben keine Altverträge hatten.

Wie hätte Ihre Strategie ausgesehen?

Ich hätte auf der früheren Crossair, einem Unternehmen mit gutem Kosten-NutzenVerhältnis, aufgebaut. Hätte man die acht bis zehn Langstreckenflüge aus Zürich heraus, die rentabel zu betreiben sind, der Crossair aufgepfropft, hätte das die Airline keinen Cent teurer gemacht. Die wären ohne Probleme geflogen. Was aber haben sie gemacht? Weit über 20 Grossjets angeboten, weil die Politiker das forderten, und die Löhne der Swissair-Piloten zu wenig gekürzt. Das musste in die Hosen gehen. “‘

Waren die Verantwortlichen grössenwahnsinnig?

Sie haben halt keine Ahnung davon, wie schwierig es in der Luftfahrt geworden ist. In diesem Geschäft muss man zehn Jahre vorausdenken. Was so ein Langstreckenbomber kostet, wenn er auf einer Strecke eingesetzt wird, auf der niemand fliegt, kannst du in fünf Minuten durchrechnen. Da musst du nicht warten, bis du fliegst und die Verluste realisierst. Jetzt muss die Swiss erneut zurückrudern, weil sie wieder fixe Verträge hat.

Wird die Swiss trotzdem überleben?

Das weiss ich nicht.

Ist der Verkauf unumgänglich?

Die viel peinlichere Frage lautet doch: Warum soll eine Lufthansa die Swiss überhaupt kaufen? Da macht sich wieder wer Illusionen. Die Lufthansa sitzt direkt neben der Swiss, hat unzählige Flugzeuge und kann jeden Tag in die Schweiz fliegen, so oft sie will. Auch die Kooperation mit British Airways konnte nicht klappen. Das Swiss-Netz war ja keine Ergänzung, sondern ein Konkurrenzangebot. In dem Fall muss man fusionieren. Die British schenkt doch der Swiss kein Geld, höchstens ein paar Passagiere über eine Vertriebskooperation.

Wer macht in Zukunft das Rennen?

Es gibt zu viele Billig-Airlines, die auf den Markt gekommen sind. Da wird es zu einer Bereinigung kommen.

Welche Fluglinien werden übrig bleiben?

Sicher die Air Berlin. Die haben allein letztes Jahr sechzehn neue Flieger eingesetzt, und schon nach einem Jahr rechnen sich alle Strecken.

Wer noch?

Die Engländer. Ryanair macht trotz kleinem Rückschlag immer noch viel Gewinn. Easyjet kämpft ein bisschen mehr, weil die Firma schnell expandiert hat.

Die Chancen der ehemals staatlichen Airlines?

Die Lufthansa überlebt sicher, die British Airways auch, die arbeiten an ihren Kosten wie die Wahnsinnigen. Die Air France ist ebenfalls gut aufgestellt. Auch die Finnen sind nicht schlecht unterwegs. Und die Österreicher haben das Gröbste vorerst überstanden.

Revanchieren Sie sich mit Ihrem Comeback für den Rausschmiss bei der Austrian Airlines?

Selbstverständlich würde es besonderen Spass machen, gelänge das neue Projekt. Da würde ich schon eine leichte Schadenfreude spüren.

Hätten Sie gerne eine Führungsposition bei der Austrian übernommen?

Das wäre das gleiche Problem wie bei der Swiss. Du bist an bestehende Arbeitsverträge mit den Gewerkschaften gebunden und kommst nicht raus.

Das widerstrebt wohl Ihrem ganzen Naturell. Sie gelten als aussergewöhnlicher Rappenspalter.

Das stimmt nicht. Ich kann einfach mit Geld umgehen. Natürlich leiste ich mir keine unnötigen Dinge, aber für Sachen, die mir Spass machen, gebe ich gerne Geld aus. Ein Groschendreher bin ich sicher nicht.

Demnach fahren Sie privat keinen Opel Corsa?

Als dreimaliger Formel-1-Weltmeister leiste ich mir das Auto, das mir am meisten Spass macht: einen Mercedes E 5,5 AMG.

Wie gehen Sie damit um, dass Sie auf der ganzen Welt erkannt werden?

In Europa stehe ich unter ständiger Beobachtung. Nur in den USA habe ich ein ruhiges Leben. Du musst dich immer anständig aufführen, musst immer zurückgrüssen, auch wenn du die Leute nicht kennst. Das ist zwar mühsam, aber man lernt es.

Wie wirkt sich die Observierung aus?

Wenn dich einer beim Pissen erwischt und ein Autogramm will, ist es sinnlos zu sagen: ‚Sehen Sie nicht, dass ich keine Hand frei habe?‘ Das bringt nichts. Der versteht das nicht. Am besten lässt du unten los und signierst augenblicklich, dann bist du ihn los.

Hat Sie dieser permanente Ausnahmezustand verändert?

Du versuchst ihn zu ignorieren, aber das schaffst du nicht. Ich kann spüren, wenn mich jemand erkennt und etwas von mir verlangen wird. Es gibt kein Entrinnen.

Hat das Ihr Urteil über Menschen geschärft?

Du kannst sie überhaupt nicht einschätzen. Ich weiss ja nie, was der oder die von mir will. Will sich das Mädel, das auf mich zukommt, nur in meinem Ruhm sonnen? Ist der Typ sympathisch oder ein Verrückter? Diese Unsicherheit macht einen wahnsinnig misstrauisch, und im Grunde deiner Seele vertraust du gar keinem mehr.

Das gilt auch für Frauen?

Da ist es am ärgsten.

Und gleichzeitig am angenehmsten.

Kann schon sein. Aber wenn wir von längeren Beziehungen reden, heisst es aufpassen.

Welche Indizien erschrecken Sie?

Kürzlich war ich mit einer unterwegs, als ein Fotograf mich ablichten wollte. Da merkte ich, wie sie sich gleich in Pose warf. Aufpassen, sagte ich mir, es geht schon los. Andere stehen auf und gehen weg, weil sie nicht fotografiert werden wollen. Die sind mir lieber.

Vielleicht sind das die Verheirateten.

Möglich. Aber die wahre Problematik ist, dass es oft um Konkurrenz geht. Wenn der Mann im Rampenlicht steht und die Frau nicht ­ und das wird zum Problem, dann wird’s hart.

Das Problem des Imagetransfers existiert auch in der Politik. Sie sitzen zum Beispiel im Verwaltungsrat der staatlichen österreichischen Bahnen. Der berühmte Lauda bringt’s, lautet die Botschaft. Damit kann die Regierung punkten.

Vielleicht. Aber mein grösstes Handicap besteht darin, dass ich als bekannte Persönlichkeit aus dem Sport im Wirtschaftsleben unterwegs bin. Wäre ich beispielsweise im Swiss-Verwaltungsrat, dann würden sofort welche fragen, warum ausgerechnet der depperte Lauda da sitzt? Viele Leute haben vor mir Angst, weil sie sehen, was ich mit meinem PR-Wert und meiner Popularität bewegen kann. Der Finanzspezialist im Swiss-Verwaltungsrat, der seine Arbeit macht, spürt, dass ihm der Lauda vor der Sonne steht. Und alles nur wegen Erfolgen aus der Vergangenheit. Es schadet mir oft, dass die Leute nicht begreifen, dass ich eine ganz normale Arbeit mache. Das führt zu unnötigen Konflikten.

Sie selbst benutzen den Wert Ihrer Bekanntheit am stärksten. Sie nennen Ihre Airline Fly Niki und nicht etwa East-West-Airline .

Ist doch logisch. Ich spreche jetzt von einem normalen Job, in einem Verwaltungsrat. Da habe ich ein Handicap, weil neben mir immer einer sitzt, der sich ärgert, weil ich der Leader bin.

Glauben Sie, dass Sie in der Wirtschaft eine andere Karriere gemacht hätten, wenn Sie zuvor nicht Formel-1-Weltmeister gewesen wären?

Das kann ich nicht sagen. Meine Grosseltern wollten immer, dass ich die Papierfabrik der Familie weiterführe. Aber das interessierte mich nicht.

Sie entschieden sich für den Rennsport. Was haben Sie dabei für die Wirtschaft gelernt?

Der Sport war eine meiner besten Schulen. Man ist Erster, Zweiter oder Dritter. Es wird nicht lange diskutiert, ob man gut oder schlecht gefahren ist. Es gibt kein Wenn und Aber. Du bist Sechster und nicht Zweiter, Punkt. So einfach ist das im Sport.

Ein etwas banaler Ansatz.

Gar nicht. Es gibt wenig Leute, die zugeben können, dass sie schuld sind an der Misere, die sie verantworten. Es ist schwierig einzugestehen, dass der andere Recht hat, dass ich der Dumme bin und alles anders machen sollte.

Und warum lernt man das im Sport schneller als in der Wirtschaft?

Weil es am schnellsten passiert. Der Sport ist brutal.

Als Teamchef bei Jaguar standen Sie von heute auf morgen auf der Strasse. Was waren die Hintergründe?

Geholt hatte mich Jaguar-Boss Wolfgang Reitzle, und als der von Bord ging und die Engländer übernahmen, fehlte mir die Unterstützung. So einfach war das.

Eine schmerzhafte Niederlage?

Eine ärgerliche. Das Team hatte gerade zu funktionieren begonnen. Man muss mit drei bis fünf Jahren Aufbauzeit rechnen, und am Ende des zweiten Jahres hatte ich nach mühsamer Arbeit eine eingespielte Mannschaft beisammen. Als ich ausgewechselt wurde, ärgerte ich mich, weil ich viel Zeit für nichts aufgewendet hatte.

Langweilt Sie die Formel 1 auch so, seit Michael Schumacher alles gewinnt?

Im Gegenteil. Dass Ferrari seine Autos so schnell machen kann, ohne mehr Ausfälle zu produzieren, ist für mich das unglaublichste Werk, das je geschaffen wurde. Die fahren bereits 19000 Rennkilometer ohne einen Defekt. Das schafft ja nicht mal ein Serienauto.

Was macht Ferrari besser als die anderen?

Sie sind Perfektionisten, und das ist das Verdienst von Ferrari-Direktor Jean Todt. Was der, wohlgemerkt, mit Italienern hingekriegt hat, ist einmalig. Sonst fahren die Italo-Autos gerade mal um die Ecke und gehen dann zu Bruch. Wie bei Ferrari alle am gleichen Strang ziehen und sich gegenseitig ergänzen, ist atemraubend. Und Schumacher wird nicht nur älter, sondern immer besser.

Überlegen Sie sich ein Comeback in der Formel 1?

Im Moment sehe ich keine Opportunities für mich.

Sie geschäften schon ziemlich lange in Österreich. Ihr Land hat die Schweiz punkto Wirtschaftswachstum inzwischen abgehängt. Hat das mit der EU-Mitgliedschaft zu tun?

Das glaube ich nicht. Die EU macht vieles komplizierter. Die Administration ist ein Moloch. Natürlich sind offene Grenzen ein Vorteil, als Airline-Unternehmer profitiere ich am meisten davon. Aber die Schweiz hat es bisher immer geschafft, die gleichen Rechte zu erhalten, obwohl sie draussen bleibt. Die Frage für die Schweiz lautet: Gibt es ein Konzept für die Zukunft ohne Beitritt? Denn ein Beitritt würde zwangsläufig auch zur Aufgabe des Schweizer Frankens führen. Was die Engländer machen, in der EU drin sein und das Pfund behalten, geht nicht. Entweder man macht mit, oder man lässt es bleiben.

Der Alleingang scheint schwieriger zu werden, der Streit um die Anflüge auf den Flughafen Zürich ist ein Beispiel. Kann die Schweiz den Sonderweg aufrechterhalten?

Ich denke schon. Solange auch andere EU-Staaten ein Bankgeheimnis kennen, ist dieses nicht in Gefahr. Und die Gelder fliessen sowieso in die Schweiz, also sitzt ihr am längeren Hebel.

Sie analysieren wie ein Politiker. Wollten Sie mit Ihrer Popularität nie Politiker werden?

In der Politik muss man zuerst immer das Gegenteil von dem sagen, was man meint. So funktioniere ich nicht.

Heute brauchen Sie die Politik sowieso nicht mehr. Mit Ihrem Netzwerk stehen Ihnen alle Türen offen.

Ich habe doch kein Netzwerk. Ich trage lediglich eine rote Mütze und habe ein paar Ideen, mit denen ich auf Leute zugehe, die mir bei der Realisierung helfen könnten. Ehrlich gesagt, habe ich keinen einzigen politischen Freund.

Immerhin sind Sie im Verwaltungsrat der Österreichischen Bahnen. Was bewegen Sie dort?

Es geht schwierig voran. Der Verkehrsminister will mich als Bindeglied zwischen Privatwirtschaft und Staat. Ein Spagat, höchst anspruchsvoll, weil der Staat ständig dazwischenfunkt.

Warum haben Sie sich das angetan?

Mein Ziel ist es immer noch, etwas verändern zu können. Nach der ersten Sitzung war ich etwas deprimiert. Dann frage ich mich: «Ich? Deprimiert? Das gibt’s doch gar nicht. Ich bin der lebenslustigste Mensch.»

Nicki Lauda

Dem Tod getrotzt

Am ersten August jährt sich zum 28. Mal der Tag, an dem Niki Lauda unsterblich wurde. Auf dem deutschen Nürburgring erlitt der Ferrari-Pilot nach einem Unfall schwerste Verbrennungen; die Ärzte gaben die Hoffnung bereits auf. Lauda überlebte und sass nur dreissig Tage später wieder im Cockpit. Im Jahr darauf wurde er Weltmeister. Seiner Verbrennungswunden wegen trägt Lauda permanent eine Schirmmütze.

Der 55-Jährige stammt aus einer Wiener Industriellendynastie und ging immer seinen eigenen Weg. Statt die familieneigene Papierfabrik zu übernehmen, kämpfte er sich im Autorennsport hoch und wurde drei Mal Weltmeister in der Formel 1. Nach seiner Rennkarriere gründete er die Lauda Air. Vor vier Jahren verkaufte er seine Anteile der nationalen Fluggesellschaft Austrian Airlines und zog sich aus dem Geschäft zurück. Letzten Herbst hob er die Billig-Linie Fly Niki aus der Taufe, die seit einem Monat die Strecke Zürich­Wien bedient.

Der Formel 1 gehört Laudas Liebe nach wie vor. Anfang der Neunziger Jahre beriet er Ferrari, von Februar 2001 bis November 2002 war er Teamchef bei Jaguar; nach einem Direktoriumswechsel wurde er entlassen. Heute kommentiert er das Renngeschehen für den deutschen Sender RTL.


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