Basler Läckerli

Die Zürcher Privatbank Julius Bär bietet offenbar für die Basler Sarasin. Mit dem Kauf würde das Institut eine neue Dimension erreichen. Handelszeitung, 13. Oktober 2011

Nun steht Julius Bär offiziell im Schussfeld der US-Justiz. So wurden kürzlich zwei Bär-Vermögensverwalter in Abwesenheit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angeklagt. Während die Vergangenheit zu reden gibt, bricht das Management der Privatbank heimlich zu neuen Ufern auf.

Vor wenigen Tagen habe das Finanzinstitut eine unverbindliche Offerte für die Basler Bank Sarasin eingereicht, sagt ein Zürcher Investmentbanker. Das Angebot liege in Holland bei Sarasin-Mehrheitsaktionärin Rabobank, einer globalen Genossenschaftsbank. „Die Bank Sarasin ist für uns interessant, sie würde gut zu uns passen“, bestätigt Bär-Sprecher Jan Bielinski indirekt. „Das Geschäft ist ähnlich, beide Kulturen sind geprägt von den früheren Familienbesitzern, es gibt eine ähnliche Philosophie.“

Die Rabo-Zentrale wollte zu einem Verkauf nichts sagen. Laut dem Investmentbanker würde das Interesse am Sarasin-Paket seit Monaten getestet. Beauftragt sei die US-Grossbank JP Morgan. Die Rabobank fürchte um ihr Triple-A-Rating, erklärt er. Bär stiesse in eine höhere Liga Die Holländer besitzen 69 Prozent der Sarasin-Stimmen und 46 Prozent des Kapitals. Zuletzt musste Rabobank zusehen, wie Sarasin über ihre Tochtergesellschaft Neue Zürcher Bank ins Gerede kam. Diese musste ihre Aktivitäten nach Vorbehalten rund um die Übernahme der Winterthurer Industriegruppe Sulzer und Anklagen im US-Offshore-Geschäft einstellen.

Der mediale Vorstoss von Julius Bär zeigt, dass sich das Rennen um Sarasin nun zuspitzt. Das Basler Traditionshaus ist an der Börse gut 1,8 Milliarden Franken wert. Bei knapp 70 Millionen Franken Halbjahresgewinn ein stolzer Preis, meint der Zürcher Investmentbanker. Es frage sich, wie „verschmutzt“ die Basler seien. Gemeint ist die Höhe von steuerhinterzogenen Geldern. Mit Sarasin würde Bär in eine höhere Liga vorstossen. Die Kunden-Assets würden von 166 Milliarden Franken um 102 Milliarden Franken auf über eine Viertel Billion Franken hochschnellen, die Gewinnkraft würde sich verdoppeln. Damit könnte sich Bär von der heutigen Verfolgergruppe hinter den beiden Grossen UBS und CS absetzen und zur klaren Nummer drei im Private Banking der Schweiz avancieren-vor der Schweizer Tochter der englischen HSBC, den Genfern Pictet und Lombard Odier sowie der Credit-Suisse-Tochter Clariden Leu. „Es wäre eine optimale Lösung für den Finanzplatz Schweiz, der im rauen internationalen Wettbewerb steht“, macht Bär-Sprecher Bielinski Werbung in eigener Sache.

Der Sprung ist vergleichbar mit der Übernahme von drei Schweizer Privatbanken von der UBS im Jahre 2006. Bär musste damals über 3 Milliarden Franken für die kleinen Banken auf den Tisch legen. Tempi passati. Für den Schweizer Arm der holländischen ING zahlte Bär vor zwei Jahren noch 3,5 Prozent der Kunden-Assets. Bei Sarasin liegt dieser Wert derzeit bei 1,8 Prozent.

Eine Sarasin-Sprecherin verwies auf Anfrage an die Rabobank. Sarasin-Chef Joachim Strähle sträubt sich aber offenbar gegen einen Deal mit Bär. Strähle sagte der „Financial Times“ im Mai, dass er einen Alleingang bevorzuge. „Ganz ehrlich sähen wir ein Management Buyout sehr gerne“, sagte Strähle. Offenbar hat er nicht genug finanzkräftige Investoren für eine 2-Milliarden-Übernahme gefunden. Als Schweizer Alternative zu Bär käme wohl nur Vontobel in Frage. Die winkt ab. „Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit sind sowohl für unser Unternehmen als auch für die Familien Vontobel als Mehrheitsaktionäre wichtig“, sagt Sprecherin Susanne Borer.

Sarasin-Spitze würde den Job los

Strähles Widerstand gegen einen Verkauf an Bär erstaunt nicht. Die Spitze der Basler Bank würde wohl nach einer Integration in die Bank Bär den Job grösstenteils verlieren. Auch fürs Sarasin-Personal wäre ein Deal hart. Es drohe ein „Blutbad“ unter den 1700 Mitarbeitern, meint der Investmentbanker. Sarasin ist oft an den gleichen europäischen, nah-und fernöstlichen Standorten präsent wie Bär. Damit für Bär die Rechnung aufgeht, würden wohl die Kunden-Assets übernommen und die Kosten zerschlagen. „Von Sarasin bliebe nur die Marke“, so die Quelle. Bär-Sprecher Bielinski gibt Entwarnung. „Selbstverständlich käme es bei einer Übernahme zu einem gewissen Abbau, denn nicht zuletzt hier können im Private Banking die heute nötigen Synergien realisiert werden. „Bär habe aber bei früheren Übernahmen gezeigt, dass „wir langfristige und nachhaltige Lösungen schaffen, die für uns und für die übernommene Bank und deren Personal vorteilhaft“ seien, meint der Bär-Manager.

Ein grosser Jobabbau könnte allerdings das drängendste Problem von Bär lösen. Im Vorjahresvergleich stieg der Anteil der Kosten an den Erträgen von 63 auf 68 Prozent, dies ohne Berücksichtigung von Spezialabschreibungen auf bisherigen Zukäufen. Sarasin wies per Mitte Jahr eine Kosten-Einkommens-Rate (C-I-Ratio) von 76 Prozent aus, 1 Prozent besser als in der Vergleichsperiode. Eine neue Studie von Boston Consulting zeigt, dass sowohl Sarasin als auch Julius Bär mit ihren C-I-Ratio lediglich im Mittelfeld liegen. HSBC, die Genfer UBP und die Vermögensverwaltung der UBS stehen besser da.


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