Fall Swissfirst: Harte Vorwürfe der EBK

SonntagsZeitung liegt bisher geheimer Bericht der Kommission vor.

Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK), die den Schweizer Finanzplatz sauber zu halten hat, bestrafte am 20. Dezember 2006 die bekannten Bankiers Thomas Matter und Martin Bisang. Weil Matter, der letzten Sommer als Swissfirst-CEO zu- rückgetreten war, rekurrierte, blieb der Beschluss geheim. Nun liegt er der SonntagsZeitung vor und zeigt, dass die EBK Matter «eigene Bevorteilung» von 3 Millionen und Bisang eine Bevorteilung von 5 Millionen Franken vorwirft, was mit der nötigen «Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit» unvereinbar sei. Bisang darf trotzdem weiterhin die Swissfirst-Nachfolgerin Bellevue leiten.

Die Beamten schreiben zwar am Anfang ihres Berichts, dass das bei der Fusion gewählte Vorgehen «nicht im Widerspruch zu den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen» stehe. Dann aber gehen sie mit den in eine «Short»-Position involvierten Bisang und Matter harsch ins Gericht. Um den Bellevue-Besitzern 50 Prozent der Swissfirst sichern zu können, hatte sich Swissfirst verpflichtet, nach Bekanntgabe der Fusion gegen zwei Millionen zusätzliche eigene Aktien im Markt zu kaufen. Angeblich um den Preisdruck abzufedern, verkauften am 19. September 2005 Bisang 200 000 und Matter 150 000 privat gehaltene Swissfirst-Aktien an die Swissfirst, zu Preisen von bis zu 85 Franken. Bereits zehn Tage zuvor, als die Fusion beschlossen worden war, hatten Bisang und Matter 200 000 respektive 50 000 Titel verkauft.

Zwar hätten die zwei ihre Titel auch an Dritte verkaufen oder behalten können, schreibt die EBK auf Seite 27 ihrer Verfügung. «Tatsache ist aber, dass sie beim Aufbau der Bellevue-Beteiligung an der Swissfirst AG zweimal andienten und dabei beim zweiten Mal von erheblich besseren Konditionen profitierten (85 Franken pro Titel), als sie den Kunden vor Bekanntgabe des Zusammenschlusses gewährt wurden (57-60 Franken).» Daraus zieht die Behörde folgenden Schluss: «Das beschriebene Vorgehen ist in hohem Masse geeignet, das Vertrauen der Kundschaft sowie der Öffentlichkeit in das betroffene Institut nachhaltig zu beschädigen, haben sich doch die eingeweihten leitenden Organe des Instituts bei dieser Transaktion selbst deutlich bessere Konditionen eingeräumt als den im Zeitraum 5. bis 9. September 2005 angegangenen Kunden und Grossaktionären.» Mit dem «aufsichtsrechtlich zu beanstandenden» Vorgehen hätten Matter und Bisang «eine bezifferbare Besserstellung von 3 Millionen beziehungsweise 5 Millionen Franken» erzielt.

Bisang wurde von der EBK schonender behandelt

Über Thomas Matter, dem die Behörde neben dem «Short»-Deal auch die Käufe im Vorfeld der Fusion anlastet, urteilt die EBK hart, während sie Martin Bisang schonender behandelt. So wirft die Bankenaufsicht Matter «wiederholte und gravierende Verstösse» gegen Artikel 11 des Börsengesetzes vor. Als «besonders stossend» bezeichnet die EBK, dass Matter bei den Käufen von Swissfirst-Aktien vor der Fusion «sich selbst und ihm nahe stehende Personen» deutlich besser behandelt hätte. «Diese Vorgehensweise lässt jede Sensibilität für die massgeblichen Verhaltenspflichten gegenüber Kunden vermissen.»

Thomas Matters Rechtsvertreter von der renommierten Zürcher Kanzlei Bär & Karrer sagt, dass die Verfügung an «zwei Backsteine» erinnere, «die nicht zueinander passen» würden. «Zuerst sagt die EBK, das Vorgehen sei in Ordnung, dann kritisiert sie die Ausführung. Da fragt sich: Welche Ausführung hätte die EBK als korrekt befunden?»

Die preislich unterschiedliche Behandlung von Kunden sei nachvollziehbar, lautet Matters Ver teidigungsstrategie. Mitarbeiter der Swissfirst und nahe stehende Personen hätten keine Kommission bezahlen müssen, andere für das Zustandekommen des Deals wichtige Verkäufer nur eine reduzierte. Somit würden «sachliche Gründe für unterschiedliche Kommissionen» bestehen.

Zum schweren Vorwurf der «Bereicherung» im Zusammenhang mit der Short-Position sagt Matters Rechtsbeistand, sein Klient habe «bei weitem nicht zum Höchstkurs eigene Aktien verkauft». Der Zenit habe bei 120 Franken gelegen. «Die meisten Kunden, die Titel für die Transaktion im Vorfeld des Zustandekommens angedient haben, haben später weitere Aktienpakete zu Kursen von 90 Franken und mehr verkauft.» Für Bisang und Matter sei nur das Zustandekommen der Transaktion wichtig gewesen und nicht, «rasch einen Gewinn zu erzielen.»

Die harte Verurteilung von Matters Taten kontrastiert mit jener von Martin Bisang. Diesem sei «zugute zu halten, dass er nicht von vornherein bezweckt haben dürfte, sich selbst bevorzugt zu behandeln», schreibt die EBK. Bisangs Vorgehen böte zwar ebenfalls keine Gewähr für einwandfreie Geschäftstätigkeit. «Die Mass- nahme einer Entfernung erscheint jedoch als unverhältnismässig, insofern sich das verwerfbare Verhalten im Wesentlichen auf die Eindeckung der Short-Position beschränkt.»

Die EBK machte Matter faktisch zur Persona non grata

Bellevue-Präsident Walter Knabenhans, der seit letzten Dezember den VR anführt, wehrt sich gegen die Verurteilung seines CEOs Bisang. Die EBK habe das Vorgehen «bei der Kompensation des Short-Verlustes nicht à fonds» verstanden, denn für Bisang habe es sich um «eine Art von Nullsummenspiel gehandelt». Bisang und die übrigen Bellevue-Besitzer hätten die «Kosten» des Shorts durch eine Anpassung des Fusionsdeals mit der Swissfirst getragen. Der Short «kostete» die Bellevue-Seite rund 20 Millionen Franken, wovon ein guter Teil auf Bisang als Bellevue-Grossaktionär fiel. «Von ‹erheblich besseren Konditionen›, wie die EBK schreibt, und unterschwellig einer Bereicherung kann insgesamt betrachtet keine Rede sein», sagt Knabenhans.

Die EBK hat Matter mit ihren Mitteilungen in der Schweizer Finanzindustrie faktisch zur Persona non grata gemacht. Dies obwohl sie ihm laut dessen Anwalt keinen so genannten «Gewährsbrief», der einem Berufsverbot gleichgekommen wäre, zugestellt hat. Deshalb reichte Matter am 1. Februar eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung ein. EBK-Sprecherin Tanja Kocher nahm keine Stellung.


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