Jordan nimmt weitere Hürde

Favorit auf Nachfolge von Ex-Nationalbankchef Hildebrand hat weisse Weste. SonntagsZeitung, 4. März 2012

Der interimistische Präsident des Nationalbankdirektoriums, Thomas Jordan, hat punkto private Finanztransaktionen eine makellos weisse Weste: Der Bankrat der SNB wird dies voraussichtlich am kommenden Mittwoch kommunizieren. Das Aufsichtsgremium der Nationalbank stützt sich dabei auf eine Untersuchung, mit der im Nachgang der Affäre Hildebrand die Revisionsgesellschaft KPMG beauftragt wurde.

Damit hat Jordan eine weitere Hürde genommen, um definitiv die Nachfolge von Philipp Hildebrand antreten zu können. Dieser musste wegen eines Dollargeschäfts seiner Frau seinen Rücktritt einreichen.

Der Auftrag für die KPMG lautete, für alle Mitglieder des erweiterten Direktoriums sämtliche private Finanztransaktionen seit 2009 zu untersuchen. Aus Bankratskreisen war gestern zu vernehmen, dass just für Philipp Hildebrand die Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist. Das hänge primär mit juristischen Gründen zusammen: Da Hildebrand nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis mit der SNB steht, geniesse er vollen Persönlichkeitsschutz. Das bedeute, dass es länger daure, sich Zugang zu seinen Bankkonti zu verschaffen.

Bislang wurden bei Hildebrand indes keine weiteren heiklen Transaktionen gefunden. Dem Vernehmen nach soll die Prüfung seiner Eigengeschäfte ebenfalls bis Mittwoch abgeschlossen werden

Auf problematische Transaktionen gestossen

Auf Verstösse gegen das SNB-Reglement stiess die KPMG gemäss einer Quelle auch bei den übrigen vier Mitgliedern des erweiterten Direktoriums nicht. Allerdings soll es Transaktionen gegeben haben, die problematisch waren, weil sie in einer zeitlichen Nähe zu wichtigen geldpolitischen Entscheiden vorgenommen wurden. Die KPMG begnügte sich nicht mit Selbstdeklarationen und unterschriebenen Vollständigkeitserklärungen der betroffenen Personen. Vielmehr ging sie gemäss Untersuchungsleiter Daniel Senn mit forensischen Methoden vor.

Mit dem Persilschein der Revisionsgesellschaft ist Thomas Jordan seinem Ziel einen Schritt nähergerückt, vom Bundesrat zum ordentlichen Präsidenten des Direktoriums gewählt zu werden. «Jordan, Jordan, Jordan!», sagt eine Person, die mit dem Innenleben der SNB vertraut ist, auf die Frage, wer Hildebrands Nachfolger wird. Laut engeren und weiteren SNB-Kreisen ist höchst unwahrscheinlich, dass der Bundesrat ihn übergeht. Jordan bliebe dann nichts anderes übrig, als zu demissionieren. Da er sich öffentlich zu seiner Ambition bekannt hat, würde er bei einer Nicht-Wahl das Gesicht verlieren.

Gerold Bührer, Präsident des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse, appelliert an den Bundesrat, seine Wahl möglichst schnell zu treffen. Man müsse an die Devisenmärkte denken, zumal für die Schweiz die Währungssituation sehr herausfordernd bleibe und die Euro-Kursgrenze verteidigt werden müsse: «Unter keinen Umständen darf intern oder extern der Eindruck aufkommen, dass an der Spitze der SNB ein Vakuum besteht», so Bührer.

Der 49-jährige Bieler Jordan geniesst in der Realwirtschaft wie in der Finanzbranche einen hervorragenden Ruf. Für Holcimund Lonza-Präsident Rolf Soiron gibt es keinen besseren Kandidaten. Kennen gelernt hat er ihn in der «Too big to fail»-Kommission. «Thomas Jordan ist gegenüber Aufregungen unglaublich resistent », sagt Soiron. «Er geht sehr überlegt vor, doch wenn er mal eine Meinung gefasst hat, begegnet er Gegenargumenten mit hoher Widerstandsfähigkeit.»

Für einen erfahrenen CorporateGovernance-Spezialisten Governance-Spezialisten strahlt Jordan «unglaublich viel Glaubwürdigkeit » aus. Dazu trage gerade auch seine mitunter etwas «linkische Art» bei, die ihn vom stets weltgewandt auftretenden Hildebrand unterscheide.


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