Finma ermittelt weiter im Fall Adoboli

Was bisher nicht bekannt war: Die UBS hat sich heimlich auch vom Finanzchef der Investmentbank getrennt. Der Sonntag, 9. September 2012 (Co-Autor: Michael Heim)

Morgen beginnt in London der Prozess gegen Kweku Adoboli. Der UBS-Händler hatte weltweit die Schlagzeilen geprägt, als bekannt wurde, dass er der Bank mit seinen Spekulationen einen Schaden von mehr als 2 Milliarden Dollar verursacht hatte. Nach Bekanntwerden kam es Ende 2011 zu gewichtigen Rücktritten. Zuerst zog CEO Oswald Grübel die Konsequenzen, danach gingen zwei Co-Heads im globalen Aktienhandel von Bord. Schliesslich trennte sich Grübel-Nachfolger Sergio Ermotti von der obersten Risiko-Chefin Maureen Miskovic.

Nicht kommuniziert wurde ein anderer gewichtiger Abgang: Bereits im November verliess auch der Finanzchef der Investmentbank, Andrew Wright, die UBS. Das bestätigt Pressesprecher Mi chael Willi. Wright war mitverantwortlich für das nicht funktionierende interne Kontrollsystem.

Der leise Abgang des Briten Wright ist brisant. Es könnte sich um das bisher höchstrangige Opfer in der Adoboli-Affäre handeln, der eine direkte Verantwortung für das Debakel getragen hatte. Miskovic, die von aussen in die UBS-Konzernleitung berufen worden war, war zu wenig vertraut mit den Problemen in der Risiko-Überwachung, als dass sie den Adoboli-Crash hätte verhindern können. Sie fällt wohl eher in die Kategorie «politisches Opfer».

Anders liegt die Sache bei Andrew Wright. Der war 2009 als Finanzchef zur UBS-Investmentbank gestossen, und zwar von der US-Investmentbank Lehman Brothers, die im Herbst 2008 untergegangen war. Wrights Abgang wurde nur intern publik gemacht. Nach 25 Jahren Banking habe der Brite entschieden, «mehr Zeit mit der Familie» zu verbringen, teilte die UBS in einem Memo an die Mitarbeiter der Investmentbank und des Corporate-Bereichs Finanzen mit.

Noch höher als Wright in der UBS-Kontroll-Hierarchie steht Philip Lofts. Auch er könnte noch in den Adoboli-Strudel geraten. Lofts, ebenfalls ein Brite, war von 2008 bis 2010 Chief Risk Officer der Grossbank, bis ihn CEO Oswald Grübel aufs Abstellgleis in die USA stellte. Kaum war Grübel weg, kehrte Lofts Ende 2011 auf die alte Position zurück.

Die UBS betont, dass Adoboli seine verhängnisvolle Milliardenposition erst im Sommer 2011 aufgebaut hätte, als Lofts im «Exil» in den USA gewesen sei. Doch gemäss Ermittlungen der englischen Behörden hatte Adoboli bereits 2008 zu betrügen begonnen. Zudem stellt sich die Frage, ob das interne Kon trollsystem im Sommer 2011 versagte. Trifft das zu, wäre Lofts als oberster Risikochef bis Ende 2010 massgeblich mitverantwortlich für die Mängel.

Auch aufsichtsrechtlich hatte der Fall Adoboli Folgen. Sowohl in England als auch in der Schweiz eröffneten die Behörden Untersuchungen. Zunächst hatte die Schweizer Finma zusammen mit der britischen FSE eine Untersuchung durch das Revisionsunternehmen KPMG in Auftrag gegeben. Noch während dieser Vorabklärungen sei zudem ein formelles Verfahren eröffnet worden, sagt Finma-Sprecher Tobias Lux. Dieses sei noch nicht abgeschlossen. Zum Stand der Dinge und dem weiteren Verlauf will er sich nicht äussern. «Wir geben keine Wasserstandsmeldungen durch, sondern werden uns nach Abschluss des Verfahrens äussern», sagt er.

Es ist zu vermuten, dass sich das Finma-Verfahren durch den Prozess in England verlangsamt. So dürfte die Finma Mühe haben, Leute zu befragen, die sich mit falschen Aussagen strafrechtlich belasten könnten.

Erste Schlüsse aus dem Fall Adoboli hat die Finma schon früh gezogen. Bereits im Dezember 2011 formulierte sie 30 Anforderungen an das Risikomanagement der Banken. Darin forderte sie eine präzisere Überwachung des Börsenhandels und griffigere Kontrollsysteme.

Es seien denn auch bereits Massnahmen ergriffen worden, betont Lux. So habe man bei der UBS direkt nach dem Vorfall «präventive und korrigierende aufsichtsrechtliche Massnahmen» angeordnet. Die Bank habe darauf Schritte zur «Bereinigung des Kontrollumfelds» vollzogen. Was genau angeordnet wurde, will Finma-Sprecher Lux nicht sagen.


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