Ermottis neuer Starbanker

Warum der UBS-Chef auf eine Zweierführung im Investmentbanking setzt. SonntagsZeitung, 25. März 2012

Sergio Ermottis Transfercoup im Investmentbanking hat die Branche überrascht. Mit dem Italiener Andrea Orcel luchst der UBS-Chef US-Konkurrentin Merrill Lynch einen Starberater ab. Orcel wird mit Carsten Kengeter Co-Leiter der Sparte Investmentbank, die derzeit umgebaut wird.

Für den 51-jährigen Ermotti war der 3 Jahre jüngere Orcel Kronfavorit. «Sergio Ermottikennt Andrea Orcel von Merrill Lynch her», sagt UBS-Sprecher Michael Willi. «WeilErmotti viel von ihm hält, liess er ihn auf die Shortlist setzen.»

Kritiker monieren den Crack als Kostenfaktor. Orcel gehöre zum «Showbusiness»-Teil des Investmentbanking, der Beratung bei Fusionen, Übernahmen und Kapitalaufnahmen. «Dort hat die UBS noch nie Geld verdient», sagt ein Ex-UBS-Investmentbanker. «Das ist pure Show für hoch bezahlte Stars.» 2007 orchestrierteOrcel, der einen Master der französischen Eliteschmiede Insead hat, für die englische RBS, die spanische Santander und die belgisch-holländische Fortis die Zerlegung der holländischen Grossbank ABN Amro. Während Orcel rund 30 Millionen Dollar für den Megadeal kassiert haben soll, kosteten nachfolgende Rettungsaktionen die holländischen und englischen Steuerzahler Milliardensummen.

Die Verpflichtung Orcels wirft die Frage auf, ob die UBS ihre Strategie, die Investmentbank zu verkleinern, bereits wieder am Überdenken ist. «Eine Rückkehr zur One-Stop-Investmentbank ist kein Thema», entgegnet UBS-Sprecher Willi. «Wie in den 1990er-Jahren konzentrieren wir uns auf Bereiche, in denen wir unsere Stärken haben und die wichtig sind für unsere Kunden, seien es Firmen, Regierungen oder Privatkunden.» Also «back to the roots» – in eine Zeit, als die UBS noch nicht der verheerenden Ambition verfallen war, eine zweite Goldman Sachs mit riesigem Eigenhandel zu werden. Trotzdem hält sie weiter am umstrittenen Handelsgeschäft fest.

«Anstehende Veränderungen rechtfertigen Doppelspitze»

Auch die neue Doppelspitze gibt in Bankkreisen zu reden. «Carsten Kengeters Erfahrung im Wertschriftenbereich und Herr Orcels Erfahrung im Beratungs- und Kapitalmarktgeschäft ergänzen sich», sagt Sprecher Willi. Beide seien Mitglieder der obersten Führung und würden die Investmentbank führen. «Die Bedeutung dieses Geschäfts und vor allem anstehende Veränderungen rechtfertigen zwei Spitzenleute», begründet Willi Ermottis Entscheid für eine Zweierspitze.

Warum kauft die UBS die benötigten Investmentbank-Leistungen nicht extern ein? «Ohne Investmentbank gibt es keine führende Vermögensverwaltung, die weltweit wachsen kann», wischt Willi den Einwand vom Tisch.Doch die Folgen der Strategie mit einer Vermögensverwaltung im Zentrum und weiterhin grosser Investmentbank, die mehr als ein reiner interner Zulieferer ist, sind höhere Kosten im Vergleich zu Konkurrenten mit umfassender Produkt- und Geschäftspalette.

Für den Aktionär geht die Rechnung nur auf, wenn die erhoffte Quersubventionierung eintritt. «Die Konzentration auf solche Bereiche bedeuten etwas höhere Kosten in der Investmentbank, dafür können wir mehr Geschäfte in der Vermögensverwaltung machen», bestätigt Willi.


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