CS-Spitze will Krise aussitzen

Präsident Urs Rohner leitet diesen Mittwoch die nächste Verwaltungsrats-Sitzung – es wird seine bisher schwierigste. Der Sonntag, 17. Juni 2012

Der CS-Chef müsste endlich personelle und strategische Weichen stellen. Doch der Wirtschaftsanwalt fürchtet sich vor harten Entscheiden.

Die Schweiz hat ihre zweite Grossbanken-Krise. Diesmal hat es die CS erwischt. Ihre Risiken seien nach wie vor zu gross, das benötigte Kapital fehle, haute die SNB als oberste Hüterin über die Stabilität im Schweizer Finanzsystem auf den Putz.

Das scharfe Notenbank-Geschütz trifft CS-Präsident Urs Rohner im dümmsten Moment. Unter seinem Kommando ist die CS-Aktie in den letzten zwölf Monaten auf absolute Rekordtiefen gefallen. Gross-Investoren wie die Capital Group werfen in diesen Tagen CS-Aktienpakete auf den Markt. Gerüchteweise soll sogar die israelische Koor-Gruppe, eine Anker-Aktionärin der Bank, Titel der CS abstossen. Die Aktie stürzte nach dem SNB-Paukenschlag um über 10 Prozent auf 17 Franken ab.

Damit ist klar: Einflussreiche und finanzstarke Investoren und Aktionäre zweifeln immer stärker daran, dass Präsident Rohner mit seiner Strategie Erfolg haben wird. Dieser sieht die CS nach wie vor als integrierte Grossbank mit einer wichtigen Investmentbank-Sparte. Nun müsste der 52-jährige Wirtschaftsjurist, der es vom Konzernanwalt zum obersten Entscheidungsträger der Bank gebracht hat, hinstehen und die Märkte überzeugen. Doch Rohner zaudert.

Das zeigt die seit Monaten offene Frage des zukünftigen operativen Chefs. Sie bleibt selbst auf dem Höhepunkt der CS-Krise ungelöst. «Ein neuer CEO ist derzeit noch kein Thema», sagt eine CS-Quelle, die mit den Vorgängen an der Spitze der Bank vertraut ist. «Wenn, dann kommt das später. Zuerst wird die Strategie der One-Bank zusammen mit einem Abbau der Risiken fortgesetzt.»

Ein externer CS-Insider erwartet ebenfalls noch nicht den grossen personellen Hosenlupf. Doch Veränderungen innerhalb der Konzernleitung soll es bald geben. Der bedrängte Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister würde als Nächstes den Schweiz-Chefhut ablegen, den er seit letztem Sommer im Nebenamt aufhat, vermutet die Quelle.

Solche Rochaden wären reine Kosmetik. Entscheidend für den Erfolg von CS-Oberboss Rohner sind allein zwei Fragen: Welche Strategie verspricht den Turnaround? Und: Wer setzt sie um? Zum Beispiel den Umbau der Investmentbank als Zulieferin der Vermögensverwaltung. Als Folge müsste die CS Tausende von Investmentbankern auf die Strasse stellen. Davor hat Rohner Angst.

Angesichts der strategischen Herausforderungen rächt sich, dass Rohner kein Banker ist. Nach seiner Zeit bei einer Zürcher Wirtschaftskanzlei leitete er ein paar Jahre lang eine deutsche Fernsehstation, danach wurde er Konzernanwalt der CS. Dabei kriegte er gute Noten. 2009 stieg Rohner als vollamtlicher Vize in den VR auf. Zwei Jahre später erhielt der sportliche Schnellredner die oberste Verantwortung für eine Grossbank, die zwar nicht mehr glänzte, aber immer noch als Vorreiterin der neuen Finanzwelt galt – mit weniger Risiken und nachhaltigeren Gewinnen.

Kaum im Amt, gings bergab. Innert 12 Monaten ist die hoch gelobte CS unter ihrem neuen Präsidenten zum Sorgenkind des Finanzplatzes geworden. Der jüngste Donnerschlag aus der Nationalbank-Zentrale richtet sich direkt gegen Rohner. AlsVR-Präsident seit 2011 und zuvor zwei Jahre als Vize hatte es Rohner in der Hand, das Steuer rechtzeitig herumzureissen.

Doch statt die damaligen Milliardengewinne für den Aufbau von neuem Kapital zu nutzen, half Rohner mit, dass die CS hohe Dividenden zugunsten der Aktionäre ausschüttete. Allein seit Rohner im 2009 in den VR aufstieg, zahlte die CS über 4 Milliarden Dividenden aus. Hätte die CS dieses Geld als Polster für Krisenzeiten zurückbehalten, dann wäre ein Grossteil der SNB-Forderungen erfüllt, schätzt die Bank of America. Ebenso fehlen die Milliarden, die als Boni in die Taschen der CS-Topshots flossen.

Trotz Rohners Ober-Verantwortung ist nicht mit einem Aufstand im VR gegen ihn zu rechnen. Dafür scheint das Gremium zu wenig aufmüpfig. Von Mentor Walter Kielholz und CS-Urgestein und Nestlé-Übervater Peter Brabeck hat Rohner nichts zu befürchten. Mächtig ist Jassim Bin Hamad J. J. Al Thani als Vertreter der einflussreichen Araber-Fraktion im CS-Aktionariat. Der Clan aus Katar schoss Milliarden in die CS – und verlor bisher Milliarden. Die Freude darüber dürfte sich am Golf in Grenzen halten.


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