VR-Abgang mit Nebengeräusch bei Vontobel

Familienvertreter soll eingesetzt werden. SonntagsZeitung, 23. Januar 2011

Der Generationenwechsel an der Spitze der Zürcher Privatbank Vontobel geht nicht geräuschlos über die Bühne. Wie die SonntagsZeitung aus Vontobel-Kreisen erfahren hat, verzichtet Vize Wolfhard Graetz, 64, auf eine Wiederwahl.

Gerüchteweise soll Graetz durch ein jüngeres Mitglied der Familie Vontobel, die nach wie vor das Sagen hat, ersetzt werden.

Laut zwei Quellen erfolgt der Abgang des erfahrenen Bankers Graetz, der seit 1988 einflussreiche Positionen in der Gruppe besetzte und Möbel Pfister präsidiert, aus Protest gegen die Wahl von CEO Herbert Scheidt, 59, zum zukünftigen Präsidenten.

Scheidt soll an der Generalversammlung Anfang Mai zum Nachfolger des Externen Urs Widmer gekürt werden. Als CEO rückt Zeno Staub, ebenfalls ein Vontobel-Manager, nach.

Laut einer Quelle ist die Frage, ob Scheidt neuer Präsident der Bank werden soll, im Vontobel-VR nicht diskutiert worden, sondern von einem inneren Machtzirkel beschlossen und dem Führungsgremium der Bank mitgeteilt worden.

Tatsächlich fällt auf, dass der VR in seinem Communiqué vom 31. August 2010 Scheidt zur Wahl vorschlägt. Über einen im Gremium gefällten Entscheid steht nichts. Graetz lehnte eine Stellungnahme ab. Vontobel-Sprecher Reto Guidicetti spricht nicht von einer Wahl Scheidts im Gremium, sondern sagt lediglich: «Der Vorschlag für die Nominierung erfolgte auf Beschluss des Verwaltungsrates.»

Ex-McKinsey-Berater habe Herbert Scheidt vorgeschlagen

Die Strippen gezogen hat Insidern zufolge der Vize der Vontobel-Familienstiftung, Bruno Basler, 47, ein Ex-McKinsey-Berater, der seit 2005 im VR der Bank sitzt. Dieser habe Scheidt dem Patriarchen Hans Vontobel, 94, als Präsidenten schmackhaft gemacht.

Bereits früher kam es bei Führungswechseln zu Nebengeräuschen. 2005 zog Präsident Peter Wagner im Machtkampf mit CEO Scheidt den Kürzeren. 2008 gingen Anwalt Hans Caspar von der Crone und die Banker Henry Wegmann und Heinz Roth nach strategischen Differenzen von Bord. Streitpunkt war damals das stark gewachsene Derivate-Geschäft, welches in der Bilanz per Mitte 2010 die Hälfte der Aktiven ausmachte.


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