UBS liquidiert Birkenfelds Chalet

Auf Betreiben der Grossbank wird die Zermatter Ferienwohnung des Whistleblowers versteigert. SonntagsZeitung, 4. Dezember 2011

Nächste Woche endet die spezielle Beziehung zwischen Bradley Birkenfeld und der UBS. Im Obergeschoss des Hotelrestaurants Pollux im Nobelkurort Zermatt wird am Mittwoch ab 14 Uhr die Ferienwohnung des Whistleblowers im US-Steuerkrieg auf Betreiben von dessen früherer Arbeitgeberin zwangsversteigert.

Das zuständige Betreibungsamt in Visp veranschlagt den Wert von Birkenfelds 4-Zimmer-Duplexwohnung im Zermatter Quartier Mürini mit Sicht aufs Matterhorn auf 1 Million Franken. Der Realwert liegt laut amtlicher Schätzung bei 1,3 Millionen. Der Käufer erhält eine gut ausgestattete Immobilie mit grosszügiger Gemeinschaftsterrasse, Cheminée im Wohnzimmer und eigenem Keller. Auch darf er das Hallenbad und die Sauna mitbenützen.

Die Versteigerung ist der Abschluss eines langen Rechtswegs. Die UBS als Hypothekargläubigerin von Birkenfelds Zermatter Wohnung musste ihren Ex-Mitarbeiter zuerst betreiben. Erst nachdem der Amerikaner den Zahlungsaufforderungen nicht nachgekommen war, konnte die Bank auf eine Versteigerung ihres Grundpfands drängen, das sie als Sicherheit für die gewährte Hypothek in den Händen hält. Gemäss einem Sprecher strengte die UBS die Zwangsversteigerung nicht allein an. Weitere Birkenfeld-Gläubiger seien die Kantone Genf, Wallis und der Bund, vertreten durch die Steuerverwaltungen respektive die Inkassoämter. Mehr wollte die UBS nicht sagen.

Ex-Mitarbeiter sagt, er habe «starke Rachegelüste» gespürt

Birkenfeld, 46, lässt auf Anfrage der SonntagsZeitung über einen Vertrauensmann ausrichten, dass er nicht daran denke, in die Schweiz zurückzukehren, «nachdem er das Schweizer Bankgeheimnis für immer verändert und aufgeweicht» habe. «Es gibt viele Menschen in der Schweiz – innerhalb und ausserhalb der Regierung –, die darüber sehr verärgert sind», schreibt die Vertrauensperson.

In der amtlichen Versteigerungsanzeige wird Birkenfelds Adresse mit FCI Schuylkill, Satellite Camp in der Ortschaft Minersville im Staat Pennsylvania im Nordosten der USA angegeben. FCI meint Federal Correctional Institution, also Bundesgefängnis der USA. Birkenfeld war von 2001 bis 2005 Berater für US-Offshorekunden der UBS und hatte Arbeits- und Wohnort in Genf. Laut UBS-Kollegen verbrachte er viel freie Zeit in seiner Wohnung in Zermatt. Sie sei Birkenfeld zu einem Refugium geworden.

Es sei in Zermatt gewesen, wo der Amerikaner im Frühling 2008 erstmals explizite Andeutungen über seinen Plan gegen seine Ex-Arbeitgeberin gemacht habe, sagen Kollegen aus UBS-Tagen, die Birkenfeld für ein paar Tage in sein Chalet eingeladen hatte. Birkenfeld liess sie wissen, dass er seine Ex-Vorgesetzten bald «zu Fall» bringen werde. Damals habe er bei «Brad», wie sieBirkenfeld nannten, «starke Rachegelüste» gespürt, sagt ein früherer Arbeitskollege im Gespräch.

Wenig später schlugen die USA zu. Am Flughafen in Miami verhafteten sie UBS-Manager Martin Liechti, der für das US-Offshoregeschäft verantwortlich war. Mit Liechti als «wichtigem Zeugen» gelang es den Amerikanern in der Folge, die UBS in die Knie zu zwingen. Es war der Anfang vom Ende des 75 Jahre alten Schweizer Bankgeheimnisses.

Liechtis Name und Rolle sowie weitere detaillierte Informationen über die Offshore-Steuerhinterziehungspraxis mit vermögenden US-Kunden hatten die US-Ermittler zuvor vonBirkenfeld erhalten. Diese Angaben waren entscheidend für den Erfolg der US-Untersuchungen gegen die Grossbank. Birkenfeld hatte sich Mitte 2007 dem US-Justizministerium freiwillig als Auskunftsperson zur Verfügung gestellt. Er lieferte den Behörden Unterlagen, welche die Steuerhinterziehungspraxis der UBS in der US-Vermögensverwaltung belegen sollten.

Weil Birkenfeld damals verschwieg, dass er nach seinem Abgang bei der UBS weiterhin die von ihm angeprangerten Methoden anwandte und vermögende US-Steuersünder als Kunden betreute, machten ihm die USA ein Jahr später den Prozess.


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