Schwarzgeld: Schneller Deal möglich

Abgeltungssteuer-Vertrag mit Deutschland hat Signalwirkung – Insider geht von 20 Milliarden Franken aus. SonntagsZeitung, 22. Mai 2011

Tief stapeln, positiv überraschen. Das scheint die Devise von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zu sein. «Bis Sommer» sollen die ersten Abgeltungssteuer-Verträge stehen, sagte sie gestern der NZZ.

Vermutlich geht es schneller. Ein Insider mit Kenntnis der laufenden Verhandlungen erwartet einen Deal in den «nächsten Tagen oder Wochen». Die verbleibenden Fragen seien alle relativ einfach zu lösen.

Widmer-Schlumpfs Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) geht auf Tauchstation. Ein Sprecher sagt, man wolle sich in der «Schlussphase der Verhandlungen» nicht zum Stand der Dinge äussern. Damit sei nicht gemeint, dass ein Durchbruch in den nächsten Tagen bevorstehe.

Obwohl parallel auch mit England verhandelt wird, ist der Deal mit Deutschland entscheidend, weil er Signalwirkung für die angestrebten Abkommen mit weiteren EU-Ländern hat. Neben einem Abgeltungssatz von rund 26 Prozent für die Zukunft geht es um die Höhe der Abgeltung für die Schwarzgeldvergangenheit.

Dort zeichnet sich eine Entschädigungssumme von gut 20 Milliarden Franken zugunsten Deutschlands ab. Die Berechnung basiert auf Informationen des mit dem bereits ausgehandelten Modell vertrauten Insiders.

Die Quelle geht von einem Abgeltungssatz von 15 Prozent aus. Es seien auch 20 Prozent möglich. Dann aber gehe Deutschland das Risiko ein, dass sich viele Schwarzgeldkunden Richtung Drittfinanzplatz aus dem Staub machen würden. Unter dem Strich erhielte Deutschland weniger.

Die Totalabgeltung könnte 80 Milliarden betragen

Die 15 Prozent kommen auf maximal 10 Jahre zum Tragen, darüber greift die Verjährung. Geht man von 7,5 Jahren Verweildauer des Schwarzgelds und einem Bestand von 200 Milliarden Franken aus, kommt man auf eine rechnerische Vermögensbasis von 150 Milliarden. 15 Prozent Abgeltung auf 150 Milliarden unversteuerte deutsche Vermögen ergibt 22,5 Milliarden Franken Abgeltungssteuer. So hoch könnte der Check für Berlin ausfallen, zu bezahlen von den deutschen Kunden der Schweizer Banken.

Rom kann auf eine ähnliche Summe hoffen, für Paris wären es 10, für London und Madrid unter 7 Milliarden. Die Zahlen leiten sich aus einer Studie des Brokers Helvea ab, der die Schwarzgeldbestände der EU-Staaten in der Schweiz 2009 geschätzt hatte. Total lagerten 725 Milliarden unversteuerte EU-Kunden-Gelder hier.

Mit dem deutschen Abgeltungsszenario als Basis ergäbe sich eine Totalabgeltung von über 80 Milliarden als Entgelt für entgangene Steuereinnahmen. Die Grossbanken und wichtige Offshore-Privatbanken wollten die Kröte offenbar schlucken, um nach vorn blicken zu können, sagt die Quelle. Hingegen würden sich Banken mit weniger Schwarzgeldtradition mit dem Check schwertun. «Sie sehen nicht ein, warum sie solidarisch mit den Profiteuren der Schwarzgeld-Ära haften sollen», sagt der Insider.


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